Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats
Inhalt
Vorworte. I. Zur ersten Auflage 1884.
I. Vorgeschichtliche Kulturstufen. I. Wildheit.
II. Die Familie.
III. Die irokesische Gens.
IV. Die griechische Gens.
V. Entstehung des athenischen Staats.
VI. Gens und Staat in Rom.
VII. Die Gens bei Kelten und Deutschen.
VIII. Die Staatsbildung der Deutschen.
IX. Barbarei und Civilisation.
Vorworte.
I. Zur ersten Auflage 1884.
Die nachfolgenden Kapitel bilden gewissermaßen die Vollführung eines Vermächtnisses. Es war kein geringerer als Karl Marx, der sich vorbehalten hatte, die Resultate der Morgan'schen Forschungen im Zusammenhang mit den Ergebnissen seiner – ich darf innerhalb gewisser Grenzen sagen unsrer – materialistischen Geschichtsuntersuchung darzustellen und dadurch erst ihre ganze Bedeutung klar zu machen. Hatte doch Morgan die von Marx vor vierzig Jahren entdeckte, materialistische Geschichtsauffassung in Amerika in seiner Art neu entdeckt, und war von ihr, bei Vergleichung der Barbarei und der Civilisation, in den Hauptpunkten zu denselben Resultaten geführt worden, wie Marx. Und wie »Das Kapital« von den zünftigen Oekonomen in Deutschland Jahre lang ebenso eifrig ausgeschrieben wie hartnäckig todtgeschwiegen wurde, ganz so wurde Morgan's »Ancient Society«[Fußnote: Ancient Society, or Researches in the Lines of Human Progress from Savagery, through Barbarism, to Civilization. By Lewis H. Morgan. London, Macmillan & Co., 1877. Das Buch ist in Amerika gedruckt und in London merkwürdig schwer zu haben. Der Verfasser ist vor einigen Jahren gestorben.
Anmerkung des Verlags. Im Jahre 1891 ist in unserem Verlag eine deutsche Übersetzung von Morgans Ancient Society erschienen, der bereits eine zweite Auflage gefolgt ist.] behandelt von den Wortführern der »prähistorischen« Wissenschaft in England. Meine Arbeit kann nur einen geringen Ersatz bieten für das, was meinem verstorbenen Freunde zu thun nicht mehr vergönnt war. Doch liegen mir in seinen ausführlichen Auszügen aus Morgan kritische Anmerkungen vor, die ich hier wiedergebe, so weit es irgend angeht.
Nach der materialistischen Auffassung ist das in letzter Instanz bestimmende Moment in der Geschichte: die Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens. Diese ist aber selbst wieder doppelter Art. Einerseits die Erzeugung von Lebensmitteln, von Gegenständen der Nahrung, Kleidung, Wohnung und den dazu erforderlichen Werkzeugen; andrerseits die Erzeugung von Menschen selbst, die Fortpflanzung der Gattung. Die gesellschaftlichen Einrichtungen, unter denen die Menschen einer bestimmten Geschichtsepoche und eines bestimmten Landes leben, werden bedingt durch beide Arten der Produktion: durch die Entwicklungsstufe einerseits der Arbeit, andrerseits der Familie. Je weniger die Arbeit noch entwickelt ist, je beschränkter die Menge ihrer Erzeugnisse, also auch der Reichthum der Gesellschaft, desto überwiegender erscheint die Gesellschaftsordnung beherrscht durch Geschlechtsbande. Unter dieser, auf Geschlechtsbande begründeten Gliederung der Gesellschaft entwickelt sich indeß die Produktivität der Arbeit mehr und mehr; mit ihr Privateigentum und Austausch, Unterschiede des Reichthums, Verwerthbarkeit fremder Arbeitskraft und damit die Grundlage von Klassengegensätzen: neue soziale Elemente, die im Lauf von Generationen sich abmühen, die alte Gesellschaftsverfassung den neuen Zuständen anzupassen, bis endlich die Unvereinbarkeit Beider eine vollständige Umwälzung herbeiführt.
1 comment