O Cheristane! was hast du getan? Ich laß dich nicht und werfe alles hin, wenn du mir bleibst. Und ziehst du fort, nimm auch mein Leben mit.

CHERISTANE. Oh, du bist freigebig gleich einem König, du könntest eine Welt verschenken, um einer Mücke Dasein zu erhalten. Doch ich will deine Großmut nicht mißbrauchen. Schenk mir ein Jahr aus deinem Leben nur. Ein Jahr, das ich mir wählen darf, auf das du nie mehr Anspruch machst.

FLOTTWELL. Oh, nimm es hin! Nimm alles hin! Nimm dir das glücklichste, das einzige, das die nichtswürdge Seligkeit umfängt, die ich noch ohne dich genießen kann.

CHERISTANE. Ich danke dir, ich werde dich nicht hart berauben. Und nun bin ich gefaßt, fall ab, du irdscher Tand! Nur dieser Fels mag ein geheimnisvoller Zeuge sein, daß Cheristane einst auf Erden hat geliebt. Wehmütige Musik. Sie verwandelt sich in die Gestalt einer reizenden Nymphe. Zugleich verwandelt sich die Hütte in einen Fels, der mit Blumen umwunden ist, von Palmen gleich Trauerweiden überschattet wird und in welchem der Name Cheristane eingegraben ist. Die praktikablen Blumen neigen sich und aus den Gesträuchen heben sich zarte Genien und sinken trauernd zu Cheristanens Füßen. Die Sonne sinkt, die Blumen neigen ihre Häupter, und meine Genien weinen still, weil sie mit mir die schöne Erde meiden müssen. Die Zeit ist da! Verbannung winkt!

 

Musik.

 

FLOTTWELL stürzt bewegt zu ihren Füßen. O Cheristane! Töte mich!

CHERISTANE. Hab Dank für deine süße Treu, mein teurer Erdenfreund! Was mich betrübt, ich darf es dir nicht sagen, darf dir nicht unser künftig Los enthüllen, doch könntest du des Donners Sprache und des Sturms Geheul verstehen, du würdest Cheristane um dich klagen hören. Oh, könnt ich meine Lieb zu dir in aller Menschen Herzen gießen, ich würde reich getröstet von dir ziehn!

 

Sie geht in die Kulisse. Die Genien folgen ihr. Musik beginnt.

 

CHERISTANE fliegt auf Rosenschleiern, die ein geschwelltes Segel formen, von Genien, welche zart gemalt sind, umgeben, so daß das Ganze eine schöne Gruppe bietet, langsam aus der Kulisse über den See, in welchem sich plötzlich die ganze Gruppe abspiegelt. In diesem Augenblick blickt sie noch einmal wehmutsvoll auf Flottwell und ruft. Julius, gedenke mein!

 

Dann verhüllt sie sich schnell in den dunklen Schleier ihres Hauptes, das sie trauernd beugt, und plötzlich verwandeln sich die rosigen Segelschleier in Trauerflöre, sowie die Gruppe der Genien nun in abendlicher Beleuchtung gemalt wie durch einen Zauberschlag erscheint. Der rosige Himmel umwölkt sich düster, und nur aus einem unbewölkten Feld schimmern ihr noch bleiche Sterne nach. Indem Cheristane in die entgegengesetzte Kulisse schwebt und

 

FLOTTWELL auf den Fels sinkt und ausruft. O Gott, laß mich in meinem Schmerz vergehn! Fällt der Vorhang langsam.

 

Ende des ersten Aufzugs.

 

 

Zweiter Aufzug

 

Drei Jahre später.

 

Erster Auftritt

Morgen. Im Hintergrunde die Hauptfronte von Flottwells neuerbautem Schlosse. An dem Fuße der breiten Stufen, welche zu dem palastartigen Portale führen, sitzt ein Bettler. Abgetragne Kleider, doch nicht zerlumpt. Wanderstab. Sein Haar ist grau, und tiefer Gram malt sich in seinen Zügen.