»Was hast du denn getrieben?«

»Ich war im Prater«. erwiderte Georg.

»Allein?«

»Nein, ich habe Leute getroffen. Den Oskar Ehrenberg mit seiner Dame und den Schriftsteller Bermann. Wir haben geschossen und sind Rutschbahn gefahren. Es war ganz lustig ... Was hast du denn da in der Hand?« unterbrach er sich. »Bist du so spazieren gegangen?« fügte er scherzend hinzu.

Felician ließ den Degen, den er in der Rechten hielt, im Licht der Lampe schimmern. »Ich habe ihn eben von der Wand herunter genommen. Morgen fang ich wieder ernstlich an. Das Tournier ist schon Mitte November. Und heuer will ichs auch gegen Forestier versuchen.«

»Donnerwetter«, rief Georg.

»Eine Unverschämtheit, denkst du dir, was? Aber bis Mitte November ist noch lang. Und das merkwürdige ist, ich habe das Gefühl, als wenn ich heuer im Sommer, gerade in den sechs Wochen, während ich das Ding da gar nicht in der Hand gehabt habe, was zugelernt hätte. Es ist, wie wenn mein Arm indessen auf neue Ideen gekommen wäre. Ich kann dir das nicht recht erklären.«

»Ich verstehe schon, was du meinst.«

Felician hielt den Degen ausgestreckt vor sich hin und betrachtete ihn mit Zärtlichkeit. Dann sagte er: »Ralph hat sich nach dir erkundigt, Guido auch ... schad, daß du nicht mit warst.«

»Hast du den ganzen Nachmittag mit ihnen verbracht?«

»O nein! Nach dem Essen bin ich zu Haus geblieben. Du mußt grad fortgegangen sein. Ich hab studiert.«

»Studiert?«

»Ja. Ich muß mich jetzt ernstlich dranmachen. Im Mai spätestens will ich die Diplomatenprüfung ablegen.«

»Du bist also vollkommen entschlossen?«

»Absolut. In der Statthalterei zu bleiben hat wirklich keinen Sinn für mich. Je länger ich drin sitz', umso klarer wird mir das. Die Zeit wird übrigens nicht verloren sein. Sie haben's gar nicht ungern, wenn einer ein paar Jahre internen Dienst gemacht hat.«

»Da wirst du also wahrscheinlich schon im Herbst von Wien fortgehen?«

»Es ist anzunehmen.«

»Und wo werden sie dich hinschicken?«

»Ja, wenn man das schon wüßte.«

Georg sah vor sich hin. So nahe also war der Abschied! Doch warum berührte ihn das plötzlich so sehr? ... Er selbst war ja entschlossen fortzugehen, und erst neulich hatte er mit dem Bruder von seinen Absichten fürs nächste Jahr geredet. Glaubte der noch immer nicht an ihren Ernst? Wenn man sich doch wieder einmal mit ihm aussprechen könnte, brüderlich, herzlich wie an jenem Abend nach des Vaters Begräbnis. Wahrhaftig, nur wenn das Leben ihnen düster sich enthüllte, fanden sie ganz zueinander. Sonst blieb immer diese seltsame Befangenheit zwischen ihnen beiden. Das konnte offenbar nicht anders werden.