Der Zerrissene
Nestroy, Johann
Der Zerrissene
Johann Nestroy
Der Zerrissene
Posse mit Gesang in drei Aufzügen
Personen.
Herr von Lips, ein Kapitalist.
Stifler,
Sporner,
Wixer, , seine Freunde.
Madame Schleier.
Gluthammer, ein Schlosser.
Krautkopf, Pächter auf einer Besitzung des Herrn von Lips.
Kathi, seine Anverwandte.
Staubmann, Justitiär.
Anton,
Joseph,
Christian, , Bediente bei Herrn von Lips.
Erster,
Zweiter,
Dritter,
Vierter , Knecht bei Krautkopf.
Die Handlung geht im ersten Akt auf dem Landhause des Herrn von Lips vor, der zweite und
dritte Akt spielt auf Krautkopfs Pachthofe um 8 Tage später.
Erster Aufzug
Die Bühne stellt einen eleganten Gartenpavillon vor. Im Prospekte rechts und links Türen, zwischen beiden in der Mitte des Prospektes eine große Glastür, welche nach einem Balkon führt. Seite rechts und links Glastüren. Seite rechts ein Fenster. Durch die Glastür, welche auf den Balkon führt, hat man die Aussicht in eine pittoresk-gigantische Felsengegend. Rechts und links Tische und Stühle. Hinter der Mitteltüre rechts ein Ruhebett.
Erster Auftritt
Anton, Christian, Joseph kommen durch die Glastür Mitte links aus dem Hintergrund vor.
ANTON zu Christian und Joseph, welche jeder 3 Champagner-Bouteillen tragen. So, tragt sie nur hinein, 's werden nicht die letzten sein; wenn die einmal ins Trinken kommen –
JOSEPH. Is doch ein guter Herr, was der für seine Gäst alles springen laßt.
CHRISTIAN. Wer sagt denn, daß er nur für die Gäst g'hört? er trinkt schon selber auch sein honettes Quantum.
JOSEPH. Und is doch immer so übel aufg'legt dabei; unbegreiflich bei den Wein!
ANTON. Das versteht's ihr nicht: er hat ein zerrissenes Gemüt, da rinnt der Wein durch, und kann nicht in Kopf steigen. Jetzt kümmert's euch nicht um Sachen, die euch nix angehn, und schaut's zum Servieren.
CHRISTIAN indem er mit Joseph abgeht. Ein zerrissenes Gemüt mit dem Geld.
JOSEPH. s' is stark. Beide in die Tür nach dem Speisesalon ab.
Zweiter Auftritt
Anton, dann Gluthammer, und ein Bursche, der den Teil eines eisernen Geländers trägt.
ANTON nach dem Balkon, Mitte des Hintergrundes sehend. Wenn s' nacher herauskommen, die ganze G'sellschaft, und der Herr sieht, daß die Altan noch kein G'länder hat, da krieg' ich wieder d' Schuld.
GLUTHAMMER tritt durch die Mitteltür links herein, und trägt mit Anstrengung ein eisernes Balkongeländer; ein Bursche, der einen Teil des Geländers trägt, kommt mit, und geht, nachdem er es auf den Balkon gestellt hat, sogleich ab. Meiner Seel', so ein eisernes G'länder wägt über sieben Lot.
ANTON. Na endlich! ich hab' schon g'laubt, der Herr Gluthammer laßt uns sitzen.
GLUTHAMMER. Von unsern Ort bis da herüber is über a halbe Stund, wenn man leer geht; jetzt wenn man so ein G'wicht tragt, und a paarmal einkehren muß, da is a halber Tag weg, man weiß nicht wo er hinkommen is.
ANTON. Ja, das Einkehrn, das hat mich auch schon oft in der Arbeit geniert.
GLUTHAMMER. Wir werden gleich fertig sein.
Öffnet die Balkontür, tritt hinaus und stellt das Geländer auf.
ANTON. Nicht wahr, das is völlig schauerlich, wenn man über die Altan ins Wasser hinunterschaut?
GLUTHAMMER. 's Wasser is halt immer ein schauerlicher Anblick.
ANTON. Und was 's da draußt für ein' Zug hat.
GLUTHAMMER. Mir scheint, von dem Zug hat der Fluß so 's Reißen kriegt.
ANTON. Ich hätt' eher das Fenster, was da war, zumauern lassen, unser Herr aber laßt's zu einer Tür ausbrechen, und eine Altan' bau'n, wegen der Aussicht; lauter so verruckte Gusto.
GLUTHAMMER. So, jetzt werden wir gleich –
Fängt an, tüchtig daraufloszuhammern.
ANTON. Aber Freund, was fallt ihm denn ein, so einen Lärm zu machen; da drin is Tafel.
GLUTHAMMER. Ja, glaubt denn der Mussi Anton, ein eisernes Geländer pickt man mit Heftpflaster an?
ANTON.
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