Wir wündschen uns ingleichen,

daß wir doch an den Ort auch mögen bald gereichen,

da keine Furcht mehr ist, da wir in Wahrheit sehn,

es sei auch uns, wie euch, in Allem wol geschehn.

 

 

12. Auf Ableben des Woledlen Hansen von Löser, des Jüngern

1633.

 

So zeucht er denn dahin, der liebe fromme Sohn?

Ach ja, der fromme Sohn, der liebe, zeucht davon,

und itzt, itzt ist er hin. Soll ich die frische Jugend

erst klagen oder vor die nicht gemeine Tugend,

der blassen Eltern Not, des armen Brudern Leid?

Wo ich mich wende hin, da ist an Traurigkeit

ein reicher Überschuß. Den Hyacinth, den frommen,

der Gärten frühe Zier, hab' ich so um sehn kommen.

Sein blaues Haupt hängt ab, wenn etwan ihm der Nord

mit Sturme zugeweht ein scharfes Morgenwort,

darvon er ganz erstarrt. Du wirst, du schöner Knabe,

im Lenzen deiner Zeit geführt zu deinem Grabe,

gerissen wirstu hin! O unversehne Not!

Soll denn das frische Kind zugleich sein stark und tot?

Sind Tod und Leben eins? Wen schmerzt des Sohnes Sterben

mehr als die Mutter selbst? Ach soll sie ihren Erben

so sehen tragen hin? Gleich so tat Hecuba,

als sie ihr letztes Kind zum Opfer führen sah',

und weinte mehr als das. In gleicher Angst und Peine

stund Niobe und ward gemählich zu dem Steine,

der noch so heißt wie sie. Die Angst tritt häufig aus

und bricht für heißer Not zu Mund' und Augen raus.

Sie denkt der ersten Zeit, da sie das liebe Herze

sah' um sich springen her mit lauter Lust und Scherze.

Itzt bildet sie ihr ab die liebliche Gestalt,

der frischen Augen Schein, der Tugend Aufenthalt,

der weisen Sinnen Zier, mit der er, noch ein Knabe,

viel' Männer übertraf. Sein kluges Wesen gabe

was Großes zu verstehn. Das ewige Latein

war ihm fast mit der Milch der Mutter gangen ein.

Da war Gemeines nichts. Der fromme Jüngling lachte,

wenn man an ein frembd Land und Reisen ihm gedachte,

darzu er schon war reif. Sein aufgeweckter Sinn,

der stund von Wiegen an schon allbereit dahin,

wo mehr von Künsten ist, wo man gepreiste Sitten

und Höfligkeit holt her. Er lief mit vollen Schritten

auf die Vollkommenheit, er sparte keinen Fleiß,

kein Winter war zu kalt, kein Sommer-Tag zu heiß,

er war ihm allzeit gleich, versuchte was er kunte,

vor Jahren alt zu sein. Itzt da er nun begunte

zu brechen recht herfür, da er den nahen Zweck

fast wie ergreifen will, rückt ihn der Tod hinweg

und stellet ihm ein Bein. Wie etwan es geschiehet,

daß, wenn der Läufer itzt den nahen Preis ersiehet,

indem er eilt und denkt, wie er erhaschen will

den aufgesteckten Dank, sich stößet vor dem Ziel

und fällt und kömmt nicht auf in so behender Eile;

dem Andern wird der Preis ganz unverhofft zu Teile.

Er fällt, der schöne Sohn; des großen Vatern Zier,

der frommen Mutter Lust, liegt tot vor ihnen hier.

Ihr Hoffen stirbt mit ihm. Diß ist es, was wir Schwachen

mit unsrer Stärke sein! Gott kan bald häßlich machen,

was vor so schöne war. Und was man liebt voraus,

das muß um so viel eh' aus unsrer Welt hinaus.

Dir aber, jüngrer Sohn, du einziger der Deinen,

in dem sie schauen an, nicht aber ohne Weinen,

des selgen Brudern Geist, erlängre Gott dein Ziel

und setz' an deine Zeit, was der zu frühe fiel!

 

 

13. Ein Anders. Nach dem Lateinischen

1633.

 

Hans Löser liegt allhier, ein Knab' ohn' allen Tadel,

ein hochbelobter Preis der Meißnischen vom Adel.

Er starb ein junges Kind, gleich wie ein Kraut entsteht,

das mit der Sonnen kommt und mit ihr untergeht.

Die Gratien stehn tief betrübt auf diesem Falle.

Die Musen, Venus auch und ihre Kinder alle,

die sprechen Weinens voll: Hier liegst du, großes Kind,

dem wenig Männer itzt an Gaben gleiche sind!

 

 

14. Auf des Edlen und Hochgelahrten Herrn Philipp Krusens, der Rechten Licent. und der Zeit Fürstl. Holstein. Abgesandten nach Moskow und Persien u.s.w. geliebten Hausfrauen Ableben

1634.

 

Wenn, Edler, unser Geist auch mit dem Leibe stürbe,

und, wenn er sich verschleißt, die Seele mit verdürbe,

so wär' es zweimal recht, daß ihr und wer euch ehrt,

als den auch billich kränkt was Leid euch wiederfährt,

von dieser bösen Post euch zweimal mehr betrübtet.

Sie, ach! sie ist vorbei, die ihr so innig liebtet,

das treue fromme Weib! Sie, ach! sie ist vorbei!

Was ist es, das man hat, das mehr zu klagen sei?

Sie, euer halb Ihr, liegt. Wer hier nicht wolte weinen,

des Adern müsten sein aus harten Kieselsteinen,

sein Herze von Demant. So groß ist keine Not,

als wenn das Ehband reißt durch einen frühen Tod.

Gott weiß, wie laß ich bin, daß ich die Feder netzen

und ihr ein Grabe-Lied und Denkschrift auf soll setzen,

der ich gesonnen war ein Lied zu stimmen an,

da ihres Herren Preis ihr würde kund getan.

Sie war wie schon bedacht, auf was vor Art und Weisen

sie wolte heben an, wenn er das lange Reisen,

das Reisen, das die Ehr' auf ihren Flügeln trägt

und aller Welt sagt an, würd' haben abgelegt

mit Ruhm, als wie geschicht, wie sie ihn wolt' empfangen,

umarmen, Ehre tun. Diß war ihr bloß Verlangen.

Ihr Sinn war stets auf ihn, wenn itzt der Morgen kaum,

wenn itzt die Nacht brach an. Ihr Wachen, Schlaf und Traum

war er, der liebe Man. Penelope vor Zeiten

war eben so gesinnt, gieng wenig zu den Leuten,

war zweimal fünf Jahr' arm, wie Leden Tochter auch,

des Atreus Sohnes Weib. Die Liebe hält den Brauch,

teilt Herz und Sinn mit dem, an den sie ist verbunden,

will nie alleine sein. Nun aber ist verschwunden

ihr Hoffen und sie auch.