Juli 1930, entstammte einer Edinburgher Familie von schottisch-irischer Herkunft. Sein Großvater väterlicherseits und einer der Brüder des Vaters waren als Maler und Karikaturisten bekannt geworden; die Mutter, die für Arthur Conan Doyle eine weit wichtigere Bezugsperson blieb als der erfolglose, in einer mittleren Beamtenposition verharrende und früh invalide Vater, war entfernt mit Walter Scott verwandt und stolz darauf, ihre Familie bis auf das Königshaus der Plantagenets zurückverfolgen zu können. Trotz zeitweise erheblicher materieller Notlage wurde dem jungen Arthur eine gediegene Ausbildung zuteil; er besuchte eine Jesuitenschule und studierte, obwohl der Vater im selben Jahr in ein Pflegeheim gegeben werden mußte und die Lage der Familie sich dadurch noch prekärer gestaltete, seit Oktober 1876 mit Hilfe eines geringen Stipendiums und dem Erlös aus Hilfsarbeit in Arztpraxen Medizin an der Universität von Edinburgh. 1881 schloß er das Studium mit dem Baccalaureat ab und promovierte 1885 zum Doktor der Medizin, im selben Jahr, in dem er die früh verwitwete Mrs. Hawkins heiratete. Um diese Zeit betrieb er bereits eine – aller dings kaum den Lebensunterhalt abwerfende – Praxis, in die er seine Erfahrungen als Schiffsarzt auf einem Walfänger und später einem Handelsschiff einbrachte.

  Seit Kindertagen zeigte er ein außergewöhnliches Interesse an Büchern, und schon früh schrieb er Erzählungen und Gedichte. Als Neunzehnjähriger konnte er einen ersten Erfolg verbuchen: in ›Chambers Journal‹ erschien die Abenteuer-Geschichte ›Das Geheimnis des Tales von Sassassa‹ (›The Mystery of Sassassa Valley‹), und ein Jahr später druckte ›London Society‹ eine zweite Erzählung ab, ›Die Geschichte des Amerikaners‹ (›The American’s Tale‹), zwei heute vergessene Versuche, in der Manier des bewunderten Bret Harte zu schreiben, der neben Charles Lamb und Edgar Allan Poe und dem Historiker und Essayisten Thomas Babington Macauly zu seinen Lieblingsautoren zählte. Die frühe aktive Beschäftigung mit der Literatur scheint zu einem nicht geringen Teil der Notwendigkeit, Geld verdienen zu müssen, entsprungen zu sein; denn das magere Budget der Studentenjahre und der nicht viel üppigere Ertrag, den die Arztpraxis dann später abwarf (in den ersten drei Jahren verdiente er laut Ausweis seiner Tagebücher insgesamt nur 704 Pfund), bedurfte dringend der Aufbesserung. Allerdings trug ihm die Schriftstellerei in den Anfängen auch nicht allzuviel ein: ›Die Erzählung des Habakuk Josephson‹ (›Habakuk Josephson’s Statement‹, 1883) verkaufte er für 29 Pfund an das »Cornhill Magazine« und mußte überdies nach der Veröffentlichung das Urteil eines Londoner Kritikers über sich ergehen lassen, Thackeray, der Gründer der Zeitschrift, würde sich im Grabe umdrehen, wenn er diese Geschichte läse. Für ›Späte Rache‹ (›A Study in Scarlet‹, 1887) erhielt er nach einigen Ablehnungen durch Verleger schließlich sogar nur 25 Pfund. Aber Doyle schrieb unverdrossen, vor allem in dem Bewußtsein, den englischen historischen Roman fortzuführen, der durch Walter Scott einen ersten Höhepunkt erreicht und durch Robert Louis Stevenson neue Impulse erhalten hatte, und er hielt die Arbeiten, die in dieser Tradition standen, stets für seine besten.

  Aus der Überfülle der Doyleschen Produktion auf diesem Gebiet seien nur angeführt: ›Micah Clarke‹ (1888), eine Erzählung nach dem Muster von Charles Reade, ›Die weiße Gesellschaft‹ (›The White Companys‹ 1889), ein Roman, der die Zeit Edwards III. als Trägerin echter englischer Tugenden idealisiert; ›Der große Schatten‹ (›The Great Shadow‹ 1892, dramatisiert unter dem Titel ›A Story of Waterloo‹), ›Die Abenteuer des Brigadiers Gerard‹ (›The Exploits of Brigadier Gerard‹, 1894/95), ›Rodney Stone‹ (1896) und ›Uncle Bernac‹ (1897) verarbeiten Stoffe aus der napoleonischen Ära, wobei Doyle mit der Figur des Brigadiers Gerard eine humorvolle Charakterstudie gelungen ist; ›Die Flüchtlinge‹ (›The Refugees‹, 1891) ist ein Roman, der in der Manier des älteren Dumas Hugenotten-Schicksale vorstellt. ›Tief im Herzen‹, schrieb Doyle an seine Mutter, als er ‚The White Company’ abgeschlossen hatte, ›wußte ich, daß das Buch leben und daß es unsere nationalen Traditionen erstrahlen lassen würde. ‹

Um das Jahr 1890 hatten sich die Wertmaßstä

be seiner politisch-moralischen Lebensauffassung voll herausgebildet. Doyle stellte sich als ›konservativer Demokrat oder als aufgeklärter Konservativer‹ dar, als ein Mann jedenfalls, der Ordnung und Stabilität über alles schätzte und sich damit in Einklang mit der britischen Bourgeoisie befand, die in der zu, Ende gehenden viktorianischen Ära ihre allmählich schwächer werdende wirtschaftliche und politische Vormachtstellung in der Welt durch Betonung überkommener Wertvorstellungen zu festigen suchte. Mit Mißtrauen, oft mit offener Ablehnung begegnete er allem, was dazu angetan schien, den für ihn und Gleichgesinnte ein für allemal vorgezeichneten ruhigen Gang der Geschichte, das Gleichgewicht im Innern des Landes wie in der Weltpolitik zu stören, mochte es sich nun um die Suffragetten-Bewegung handeln, die er verabscheute und gegen die er sich heftig aussprach (obgleich er Vorsitzender einer Vereinigung war, die sich für die Reform des alten, die Frauen benachteiligenden und demütigenden Scheidungsrechts einsetzte), um die AutonomieBestrebung der Iren, in der er lange Zeit nichts anderes sah als einen Versuch, Englands Stellung in der Welt zu erschüttern (was ihn indes nicht hinderte, 1916 für die Begnadigung des zum Tode verurteilten Roger Casement zu plädieren, eines Führers der Home-Rule-Bewegung, der mit den Deutschen im Bunde stand und durch den Dubliner Oster-Aufstand die britische Kriegsmacht schwächen wollte), um den Kampf der Buren gegen die Vormachtstellung des Empire in Südafrika oder um die ohnehin zaghaften Versuche der Labour Party, die soziale Struktur des Landes zu ändern. Die äußerst strenge Erziehung durch Jesuiten bis zum siebzehnten Lebensjahr scheint die schon durch das Elternhaus fundierte konservative Haltung verfestigt zu haben, und wenn er sich auch unter dem Eindruck seiner naturwissenschaftlichen Studien noch an der Universität – übrigens zum Entsetzen der Verwandten – von der Kirche lossagte und sie nicht mehr als normensetzende geistige Instanz anerkannte, so läßt doch seine Einstellung zum Problem des ›Dienens an der Allgemeinheit‹ und der ›Pflichterfüllung‹, das in seinen Tagebüchern um 1890 eine entscheidende Rolle spielt, den Schluß zu, daß der jesuitische Rigorismus tiefe Spuren in seinem Denken hinterlassen hat.

  Von dorther ist auch sein Begriff des ›Gentleman‹ weitgehend bestimmt, den er zeitlebens als das erstrebenswerte Ideal ansah. Der ›Gentleman‹ in seiner Vorstellung hatte nichts gemein mit der Perfektionierung und dem Lobpreis des Müßiggangs und des Eigenwertbewußtseins, wie ihn George Brummell, das Urbild aller Snobs, im ersten Drittel des Jahrhunderts vorgelebt hatte. Für Doyle, der ein gegen sich selbst harter und disziplinierter Arbeiter war, verkörpert dieses Ideal vielmehr das Vorbildliche, das verpflichtet. So, zum Beispiel, zu Patriotismus, den er in überreichem Maß hervorbrachte und der besonders in dem Pamphlet ›Die Ursache und die Führung des Krieges in Südafrika‹ ›(›The Cause and the Conduct, of the War in South Africa‹) erkennbar wird, einer Schrift zur Verteidigung der englischen Kriegsführung gegen die Buren, die Doyle auf eigene Kosten und in mehreren Sprachen drucken und in Europa vertreiben ließ, um der antibritischen Stimmung entgegenzuwirken (daß er um dieses ›Verdienstes‹ willen geadelt wurde, bedarf genauso der Erwähnung wie der Umstand, daß er den Titel ausschlagen wollte und ihn erst auf Drängen seiner Mutter annahm). Er hatte es als seine patriotische Pflicht angesehen, sich nach dem offenen Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den burischen Kolonialisten und dem britischen Imperium der Armee zur Verfügung zu stellen – genauso wie er zu Beginn des 1. Weltkriegs nicht zögerte, sich – fünfundfünfzigjährig – zum Truppendienst zu melden und, als er nicht akzeptiert wurde, bei der Organisierung der Zivilverteidigung des Landes half. Als Pflicht des ›Gentleman‹ aber sah er es auch an, Bedürftige zu unterstützen und, wie das öffentliche, über Englands Grenzen hinaus Aufsehen erregende Engagement für unschuldig Verurteilte in zwei Fällen und seine Schrift gegen die barbarischen Kolonialmethoden der Belgier im Kongo zeigt, um die Durchsetzung des Rechts und der Menschlichkeit zu kämpfen.

  Zu Doyles Konservatismus, der ihn sogar zweimal – allerdings erfolglos – veranlaßte, für einen Parlamentssitz in den Reihen der Tories zu kandidieren, und zu seinem unbedingten Patriotismus gesellte sich als dritte, sein Denken und Handeln weithin bestimmende Komponente der Spiritismus, über den zu seinen Lebzeiten schon viel gemutmaßt worden und der eine Quelle des Rätselns und der Exegese der Biographen geblieben ist. Fest steht, daß Conan Doyle nach dem Ende des 1. Weltkrieges ein eifriger, oft eifernder Anhänger eines banalen Glaubens an eine unmittelbare Weiterexistenz nach dem Tod und an die Kommunikationsmöglichkeit mit Verstorbenen war, daß er diesen Aberglauben auf Vortragstourneen durch Europa, Amerika, Südafrika und Australien propagierte, daß er eine der größten Sammlungen spiritistischer Schriften besaß, die es auf der Welt gab, und daß er einen bedeutenden Teil seiner dann reichlich fließenden Honorare an die Verbreitung des Spiritismus setzte. Sein letztes Lebensjahrzehnt opferte er fast gänzlich der Beschäftigung mit dem Okkultismus, und es mutet fast symbolisch an, daß er, schon vom Tode gezeichnet, eine Delegation zum Innenministerium begleitete, die für die Abschaffung eines die Tätigkeit von Medien unter Strafe stellenden Gesetzes aus der Zeit Jakobs I.