Ich kenne noch die Zeit, wo die wilden Truthühner hierzulande nicht so rar waren. Es ist ein großer Unterschied zwischen einem Rebhuhn und einem gemästeten Truthahn, aber für mich ist ein Biberschwanz und ein Bärenschinken das beste Essen. Das ist nun Sache des Geschmacks. Ich habe leider heute morgen mein ganzes Geld bis auf einen Schilling dem französischen Kaufmann für Pulver geben müssen. Wenn ihr also kein Geld habt, können wir nur einen Schuß tun. John muß schießen; er hat einen sicheren Blick. Meine Hand wankt manchmal, wenn ich etwas Wichtiges vorhabe, und könnte daher fehlen.«

»Hier!« spottete der junge Mann, einen Schilling hoch in die Höhe haltend, »hier ist mein ganzer Reichtum! Dieser Schilling und meine Büchse sind alles, was ich besitze. - Doch ich bin ja nun ein Bewohner des Waldes geworden und muß meinen Unterhalt dort suchen. Kommt, Natty, lassen Sie uns das Letzte an den Vogel setzen; mit Ihrer Hilfe muß der Schuß gelingen.«

»Ich wollte lieber, Chingachgook schösse dieses Mal. Ich bin nicht sicher. Mit den Indianern ist es anders; sie schießen heute so gut wie morgen - nichts stört sie. Hier, John, ist der Schilling; nimm meine Büchse und schieße auf den fetten Truthahn, den sie im Dorf an den Baumstumpf binden werden.«

Der Indianer erwiderte, nachdem er einige Augenblicke finster und schweigend um sich geblickt hatte: »Als Chingachgook jung war, hatte niemand ein schärferes Gesicht und eine schnellere Kugel. Die Weiber der Mingos schrien beim Knall seiner Büchse, und die Krieger wurden zu Weibern. Was half es dem Adler, wenn er sich auch noch so hoch in die Luft schwang, er mußte seine Federn doch zum Schmuck hergeben. Aber seht diese Arme«, fuhr er lauter fort, »sie zittern wie der Hirsch beim Geheul des Wolfes. Ist John alt? Sind siebzig Winter hinreichend, einen Mohikaner alt zu machen? Nein! Der weiße Mann bringt Alter und Schwäche mit sich, der Schnaps ist seine Waffe!«

»Und weshalb trinkst du, alter Mann?« rief der Jüngling aus, »warum hilft eine so edle Natur dem Teufel beistehen, indem sie sich selbst zum Tier herabwürdigt?«

»Zum Tier! Ist John ein Tier?« wiederholte der Mohikaner langsam. »Doch, Kind, du sprichst wahr, John ist ein Tier. Sonst stieg selten Rauch in diesen Bergen auf. Das Wild leckte die Hand des weißen Mannes, und die Vögel setzten sich auf seinen Kopf, trotzdem er ein Fremdling war. Meine Vorfahren kamen von den Ufern des Salzsees und kehrten wieder zu ihren Vätern zurück. Dort lebten sie in Frieden, und wenn sie die Streitaxt erhoben, so geschah es, um eines Mingos Kopf zu spalten. Damals war John ein Mann und kein Tier. Aber da kamen Krieger und Handelsleute mit hellen Augen. Der böse Geist saß in ihren Rumflaschen, und sie ließen ihn heraus. Ja, junger Adler, du sprichst wahr, John ist ein Tier!«

»Vergib mir, Häuptling«, entschuldigte sich der junge Jäger und ergriff die Hand des Indianers. »Mir kommt es am wenigsten zu, dir Vorwürfe zu machen, denn ich stamme von deiner Familie ab. Das ist jetzt mein größter Stolz.«

»Du bist ein Delaware, mein Sohn!« sagte John. »Deine Worte werden nicht gehört. John kann nicht schießen.«

»Dachte ich doch gleich, daß indianisches Blut in des Jungen Adern fließt«, flüsterte Richard, »ich merkte es an der Unbeholfenheit, mit der er die Pferde behandelte. Aber der arme Teufel soll zwei Schüsse auf den Truthahn haben; ich selbst will ihm noch einen Schilling geben.«

»Halt, Vetter Richard«, entgegnete Elisabeth, indem sie sich fester an seinen Arm hing.