An der Ecke der Gracechurch und Lombard Street bemerkte er einen schmächtigen, älteren Herrn, der stehengeblieben war, anscheinend, um den vorüberflutenden Verkehr zu betrachten. Von der Seite her warf er einen Blick auf den herannahenden Wetter. Long erkannte die Absicht dieses forschenden Blickes. Er dauerte nur eine Sekunde, aber deutlicher als Worte sagten diese grauen, beobachtenden Augen: Ich kenne dich, du bist ein Detektiv!
Den Wetter durchzuckte es unwillkürlich. Er überquerte die Straße in Richtung Fenchurch Street, um eine Zeitung zu kaufen. Der Mann stand immer noch da. Im gutsitzenden Sommeranzug und dem weißen Filzhut sah er aus wie ein jovialer Infanterieoberst in Zivil. Long gab dem Zeitungsjungen absichtlich einen Schilling, um durch das Geldwechseln Zeit zu gewinnen und den Fremden genauer betrachten zu können. Sicherlich war es irgendein Cityschwindler. Für einen Augenblick hatte er Lust, umzukehren und sich mit dem Mann in eine Unterhaltung einzulassen. Aber er war Beamter von Scotland Yard und befand sich in der City von London. Die City jedoch hatte ihre eigenen Detektive und sah Übergriffe nicht gern.
Während er noch überlegte, rief der grau gekleidete Mann ein durch die Lombard Street fahrendes Taxi an und bestieg es. Der Wetter sah es und nahm, ohne zu überlegen, ebenfalls ein Taxi.
»Halten Sie sich hinter dem gelben Wagen! Sie werden ihn bei der Verkehrsstauung am Mansion House einholen.« Hinter der aufgeschlagenen Zeitung, die sein Gesicht verbarg, beobachtete er, wie sein Opfer durchs Heckfenster des Taxis spähte.
Als an diesem Abend Oberst Macfarlane sein Büro verließ, lief ihm der Wetter in sehr aufgeräumter Stimmung in den Weg. »Sie können es Glück nennen -«, rief er außer Atem, »aber ich habe Clay Shelton getroffen!« Der Oberst lachte.
»Ich glaube es nicht!«
»Ich wette!« sagte Arnold Long.
3
Als Mr. Clay Shelton eine Woche später durch die kleine, schmutzige Stadt Chelmsford fuhr, überkam ihn eine Vorahnung. Eine unbegreifliche Furcht bedrückte ihn auf einmal so sehr, daß er kaum atmen konnte. Ein Stück weit hinter der Stadt trat er langsam auf die Bremse und hielt seinen Wagen auf der Landstraße an. Rechts von ihm erhob sich eine hohe, schmutzigrote Mauer, in die sich, etwas zurückgesetzt, ein grimmiges schwarzes Tor wölbte. Mr. Shelton strich seinen weißen Schnurrbart, den er seit sechs Wochen mit äußerster Sorgfalt pflegte. Das Chelmsford-Gefängnis. Sollte er diesen Ort nicht schon gesehen haben? In dieser verschwommenen Erinnerung lag der Grund seiner Niedergeschlagenheit. Eine kleine Pforte im großen Tor öffnete sich, ein Aufseher kam heraus. Hinter ihm tauchten vier Männer und ein zweiter Wärter auf. Die vier Männer trugen gewöhnliche Zivilkleidung, waren jedoch aneinander gefesselt. Sträflinge auf dem Weg nach Dartmoor, dachte Mr. Shelton. Man brachte sie nach London, um dort den Ein-Uhr-Zug nach Plymouth zu nehmen. Die Pforte blieb offenstehen. Die Wache am Tor und einer der Aufseher besprachen etwas.
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