Vor etzlichen Monden war ein Kerl zu Gützkow aufs Rad gestoßen, weil er durch Verführung des leidigen Satans einen reisenden Handwerksmann erschlagen. Derselbige aber fing alsobald an so erschröcklich zu spöken, daß er zur Abend- und Nachtzeit mit seinem armen Sünderkittel von dem Rade herniedersprang, sobald ein Wagen vor dem Galgen vorbeifuhr, der an der Landstraßen nacher Wolgast zustehet, und hinter den Leuten hersetzte, wo sie denn mit vielen Abscheu und Grauen die Rosse anklappten, so daß es einen großen Rumor auf dem Knüppeldamm schlug welcher benebenst dem Galgen in ein klein Hölzlein führete, der Kraulin geheißen. Und war ein wunderlich Ding, daß in selbiger Nacht die Reisenden fast immer in der Strelliner Heiden geplündert oder erwürget wurden. Dannenhero ließ die Obrigkeit den Kerl von dem Rade heben und begrube ihn unter dem Galgen in Hoffnung, daß der Spök sich legen sölle. Aber es saß nach wie vorab bei Nachtzeiten schloweiß auf dem Rade, so daß Niemand nicht mehr die Straße gen Wolgast fahren wollte. Da begab es sich denn, daß in benanntem Jahrmarkt gegen die Nachtzeit der junge Rüdiger von Nienkerken von Mellenthin auf Usedom belegen, so in Wittenberge und anderswo studiret, und nun wieder heimkehren wollte mit seinem Fuhrwerk, dieser Straßen zog. Hatte ihm kurz vorhero noch selbsten im Wirthhause gepersuadiret, daß er von wegen den Spök zur Nachtzeit in Gützkow verbleiben, und des nächsten Morgens mit mir fahren wölle, was er aber verwegerte. Als selbiger Junker nun die Straße gefahren kömmt, sieht er auch wieder alsobald den Spök auf dem Rade sitzen, und ist er kaum an dem Galgen fürüber, als das Gespenste herniederspringt, und ihm nachsetzet. Der Fuhrmann entsetzet sich mächtiglich, und macht es wie alle anderen, klappet die Pferde an, so fast scheu geworden, und für Angst den Mist gelassen und beginnet mit großem Rumor über den Knüppeldamm zu jagen. Hierzwischen bemerket aber der Junker beim Mondenschein, daß der Spök einen Pferdeapfel über welchen er rennet, breit tritt, und nimmt sogleich bei sich ab, daß solches kein Gespenst sei. Rufet dannenhero den Fuhrmann, er sölle halten, und da dieser nit auf ihn höret, springet er von dem Wagen, zeucht seinen Stoßdegen, und eilt dem Spök auf den Leib. Als der Spök solches gewahr wird, will er umbkehren, aber der Junker schlägt ihne mit der Faust in das Genicke, daß er gleich zur Erden stürzet und ein laut Gejünse3 erhebt. Summa: nachdem der Junker seinen Fuhrknecht gerufen, bringt er den Spök bald darauf wieder in die Stadt geschleppt und ergab es sich, daß selbiger ein Schuster war, Namens Schwelm. (Diesem Schelm hat der Teufel recht das W. eingeflicket! –) So bin ich auch bei dem großen Auflauf mit Mehren hinzugetreten, und habe den Kerl gesehen. Er zitterte, wie das Blatt einer Espen, und als man ihm hart zuredete: er sölle freiwillig bekennen, maßen er dann vielleicht sein Leben retten könne, so es sich anders fände, daß er Niemand nit erwürget, bekannte er auch: daß er sich habe durch sein Weib ein arm Sünderkleid nähen lassen, solches angethan und sich zur Nacht und insonderheit, wann er in Erfahrung gebracht, daß ein Wagen in der Stadt sei so nacher Wolgast wölle, vor dem Kerl auf das Rad gesetzet, wo es dann in der Tunkelheit und der Ferne nit zu sehen gewest, daß sie selbander dorten gesessen. Wäre nun ein Wagen angekommen, und er herabgesprungen und hinten nach geloffen, hätte sich alles sogleich entsetzet und sein Augenmerk nit mehr auf den Galgen sondern blos auf ihm gehabt, forts die Pferde angeschlagen und mit großem Rumor und Gepolter über den Knüppeldamm gekutschiret. Solches hätten aber seine Gesellen in Strellin und Dammbecke gehöret, (zwo Dörfer, so fast drei Viertel Wegs entfernt seind) und sich fertig erhalten den Reisenden wenn sie nachgehends bis dahin gelanget, die Pferde abzuspannen und selbige zu plündern. Als man nachgehends den Kerl begraben, hätte er seinen Spök noch leichter gehabt etc. Dieses Alles wäre die reine Wahrheit, und hätte er selbsten in seinem Leben Niemand etwas abgenommen, noch ihn erwürget, dahero man ihm verzeihen wölle, dieweil er ganz unschuldig sei, und alleswas an Raub und Mord fürgefallen, seine Gesellen allein verübet hätten: Ei du feiner Schelm, aber der Teufel hat dir das W nit umbsonst eingeflicket. Denn wie ich nachmals erfahren, ist er sammt seinen Gesellen, wie billig, wieder aufs Rad gestoßen.
Umb nun wieder auf meine Reise zu kommen, so ist der Junker nunmehro zur Nacht mit mir in der Herbergen verblieben, und am andern Morgen frühe seind wir beide aufgebrochen, und da wir gute Kundschaft4 mit einander gemacht bin ich auf seinen Wagen gestiegen, wie er geboten, um mit einander unterweges zu conversiren, und mein Claas hat hintennach gefahren. Habe auch bald gemerket, daß er ein feiner, ehrbarer, und wohlgelahrter Herre sei, angesehen er nit nur das wüste Studentenleben verlobete5, und sich freuete, daß er nunmehro, den argen Sauftonnen entronnen, sondern auch sein lateinisch ohne Anstoß redete. Hatte dannenhero viel Kürzweil mit ihm auf dem Wagen. Doch zuriß uns in Wolgast auf dem Fährboot das Seil, sodaß uns der Strom bis nach Zeuzin6 niederführete, und wir endlichnit ohne große Mühsal ans Land gelangeten. Hierzwischen war es fast spät worden, und kamen wir erst umb 9 Uhren in Coserow an, wo ich dann den Junker bate, bei mir die Nachtherberge zu nehmen, was er sich auch gefallen ließ. Mein Töchterlein saß am Kamin und nähete vor ihre kleine Pate ein Röcklein aus ihren alten Kleiden zusammen. Erschrak dahero heftig und verfärbete sich, als sie den Junker mit mir eintreten sahe und hörete er wölle hier zur Nachtherberge verbleiben, angesehen wir bishero nit mehr Betten als zur höchsten Nothdurft von der alten Zabel Neringsche, der Heidereuter – Wittwen zu Ueckeritze gekaufet hatten. Dannenhero nahm sie mich gleich absonderlich: wie es werden sölle? Mein Bette hätte heute ihre kleine Pate, so sie darauf geleget, nit wohl zugerichtet, und in ihrs könne sie doch den Junker unmöglich legen, wenn sie selbsten auch gerne bei der Magd niederkrühe. Und als ich sie fragete: warumb denn nit? verfärbete sie sich abermals wie ein roth Laken und hub an zu weinen, ließ sich auch den ganzen Abend nit wieder sehen, so daß die Magd alles besorgen, und ihr, verstehe meiner Töchterlein Bette endlich nur mit weißen Leylachen vor den Junker überziehen mußte, da sie selbsten es nit thun wollte. Führe hier solches an, damit man sehen möge, wie die Jungfern seind.
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