Gestrengen Willen wär, auch mich von wegen der Predigt soviel entschuldiget, als ich konnte, gab er zur Antwort: daß er sehr benöthiget sei um eine treue Ausgebersche, so er dem andern Frauensvolk fürsetzen könnte, und da er in Erfahrung gezogen, daß mein Töchterlein eine treue und wackere Person sei, möcht ich sie ihme in den Dienst geben. Siehe, sprach er zu ihr und zwackete sie in die Backen, so will ich dich zu Ehren bringen obwohl du ein so junges Blut bist, und doch schreistu, als wöllt ich dir zu Unehren verhelfen. Fu schäme dich! (Mein Töchterlein weiß dieses noch alles verbotenus4, ich hätte es über allen Jammer, so ich nachgehends gehabt, wohl hundertmal vergessen). Aber sie ließ sich solches verdrießen, indem sie von der Bank aufsprange und kurz zur Antwort gab: ich danke Ihme für die Ehre, will aber nur meinem Papa wirthschaften helfen, das wird besser Ehre vor mich sein, worauf der Junker sich zu mir hinwendete, und was ich dazu sagte? Ich muß aber bekennen, daß ich in nit geringer Angst ware, inmassen ich an die Zukunft gedachte, und an das Ansehn, in welchem der Junker bei Sr. fürstl. Gnaden stande. Gab also demüthig zur Antwort: daß ich mein Töchtcrlein nit zwingen könne, sie auch gerne umb mich behielte, angesehen meine liebe Hausfrau in der schweren Pestzeit bereits dieses Zeitliche gesegnet, und ich nicht mehr Kinder hätte, denn sie alleine. Se. Gestrengen müchten dannenhero nicht ungnädig werden, wenn ich sie nicht bei Sr. Gestrengen in den Dienst schicken könnte. Dieses verdroß ihn heftiglich, und nachdeme er noch eine Zeitlang umbsonst disputiret, valedicirte er endlich, doch nicht, ohne mir zu dräuen, daß er es mir schon gedenken wölle. Item hat mein Knecht gehöretso in dem Pferdestall gestanden, daß er umb die Ecken gehend für sich gesaget: ich will sie doch wohl kriegen!
Solches machte mich schier wieder ganz verzaget, als den Sonntag darauf sein Jäger kam, Namens Johannes Kurt, ein hübscher, großer Kerl und wohlgeputzet. Hatte einen Rehbock vor sich auf das Pferd gebunden, und sagte: daß Se. Gestrengen mir solchen verehret, in Hoffnung ich würd mich besinnen über unsern Handel, anerwogen er seit der Zeit umbsonst nach einer Ausgebersche überall herumbgegabelt. Se. Gestrengen wölle auch, so ich mich anders schickete, bei Sr. fürstlichen Gnaden ein Fürwort thun, daß mir aus dem fürstlichen aerario die Dotation des Herzogen Pilippi Julii verabreichet würde, etc. Dieser junge Kerl erhielt aber dieselbige Antwort, denn sein Herr selbsten und bate ihn er wölle den Rehbock nur wieder mitnehmen. Aber solliches wegerte er sich, und da ich ihm von ungefährlich vorhero gesaget, daß Wildprett vor mich das liebste Essen sei, versprach er: mich auch in Zukunft reichlich zu versorgen, weilen es gar viel Wild in der Heiden hätte, er öftermalen hier im Streckelberge pürschen ginge, und ich (wollte sagen mein Töchterlein) ihm absonderlich gefiele, zumalen ich nit seines Herren Willen thät, welcherim Vertrauen geoffenbaret, kein Mädchen nit im Friede ließe, es also auch meine Jungfer nit lassen würde. Wiewohlen ich nun sein Wildprett recusirete, bracht er es doch und kam inner 3 Wochen wohl an die vier oder fünf Malen, und wurde immer freundlicher gegen mein Töchterlein. Schwätzete endlich auch viel von seinen guten Dienst, und daß er sich eine gute Hausfrau suche, wo wir denn alsobald merketen, aus welcher Ecken der Wind bliese. Ergo5 gab ihm mein Töchterlein zur Antwort, wenn er sich doch eine Hausfrauen suche, so wundere es ihr, daß er die Zeit verliere, umbsonst nach Coserow zu reuten, denn hier wisse sie keine Hausfrau vor ihn, welches ihn fast schwer verdroß, und er nit wieder kam.
Nun hätte männiglich gläuben sollen, der Braten wäre doch auch vor den Amtshaubtmann zu riechen gewest; nichts destoweniger aber kam er bald darauf wieder herbeigeritten, und freiete nun gerade raus vor seinen Jäger um mein Töchterlein. Versprach auch, er wölle ihm ein eigen Haus in der Heiden bauen, item ihm Kessel, Schüsseln, Betten etc. verabreichen, angesehen er den Kerl aus der heiligen Taufe gehoben, und er sich auch inner sieben Jahren wacker und gut in seinem Dienst gestellet. Hierauf gab ihm mein Töchterlein zur Antwort, daß Se. Gestrengen ja bereits gehöret, daß sie ihrem Papa nur wirthschaften wölle, sie auch noch viel zu jung wäre, umb schon vor eine Hausfrau zu gelten.
Solches verdroß ihn aber nit, wie es den Anschein hatte, sondern nachdem er noch eine Zeitlang viel umbsonst discuriret, ging er freundlich abe, wie ein Kätzlein, so sich auch stellet, als ließe sie von der Maus, und hinter die Ecken kreucht, so es doch nicht ihr Ernst ist, und sie alsbald wieder herfürspringt. Denn er sahe sonder Zweifel, daß er seine Sache sehr tumm angefangen, darumb ging er, sie besser anzuheben, und Satanas ging mit ihm, wie weiland mit Judas Ischarioth.
Fußnoten
1 Seehunde.
2 ohne zu pausieren.
3 Die Breite, welche immer mehr ab nimmt, beträgt jetzt kaum noch einen Büchsenschuß.
4 wörtlich.
5 Daher.
Capitel 13.
Was sonsten in diesem Winter fürgefallen, item wie im Frühjahr die Zauberei im Dorfe anhebt.
Sonsten ist in diesem Winter nichts Sonderliches fürgefallen, als daß der barmherzige Gott großen Seegen gab, im Achterwasser wie in der Sehe, und wieder gute Nahrung in der Gemeine kam, so daß auch von uns konnte gesaget werden, wie geschrieben stehet: ich hab dich ein klein Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammlen1. Dannenhero wurden wir auch nit müde dem Herrn zu danken, und thät die Gemeine der Kirchen viel Gutes, kaufete auch wieder neue Kantzel- und Altartücher, da der Feind die alten geraubet, item wollte mir das Geld vor die neuen Kelche wieder erstatten, so ich aber nit genommen hab.
Doch hatte es noch bei zehen Bauern im Kapsel die ihr Saatkorn zum Frühjahr nit schaffen kunnten angesehen sie ihren Verdienst vor Vieh und das liebe Brodkorn ausgegeben. Machte also mit ihnen einen Vertrag, daß ich ihnen wölle das Geld dazu fürstrecken, und könnten sie es mir in diesem Jahr nicht wieder aufbringen, möchten sie es im nächsten mir wiedererstatten, welches sie auch dankbarkich annahmen, und schickten wir bei sieben Wagens nacher Fredland in Meklenburg, vor uns Alle Saatkorn zu hohlen. Denn mein lieber Schwager Martin Behring in Hamburg hatte mir allbereits durch den Schiffer Wulf, der zu Weihnachten schon wieder binnen gelaufen war, vor den Birnstein 700 Fl.
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