Sie nehmen ja die Frau nicht für mich, sondern für sich. Ihr Herz und Ihr Verstand müssen in der Liebe Ihre besten Ratgeber sein. Gedenken Sie mit Ihrer Braut eine zufriedene Ehe zu führen: so lassen Sie itzt die Mitgabe fahren und geben Sie Ihr Wort von sich. Die Seele der Ehe ist die Gleichheit der Gemüter. Glauben Sie nun, daß Ihre Christiane Ihnen an der Gemütsart nicht gleicht: so machen Sie sich ja nicht zum Märtyrer von ein Paar schönen Augen.

SIMON. Ich sagte ihr die zärtlichsten Sachen von der Welt vor, und sie blieb bei allen gleichgültig. Wenn sie mich nur mit einer empfindlichen Miene belohnt hätte. Ja und nein, waren ihre Antworten. Und das Ja sprach sie mit ebendem Tone aus, wie das Nein. Sie muß gar keine Empfindung von der Liebe haben. Sie hat in der ganzen halben Stunde ihr Gesicht nicht einmal verändert, und wenn sie die Augen nicht offen gehabt hätte: so hätte man schwören sollen, sie schliefe und redete zuweilen ein Wörtchen im Traume. Ich glaube, daß es ein gutes, unschuldiges Mädchen ist. Aber die Unschuld ohne Verstand ist ein sehr mittelmäßiger Schatz.[461]

 

Neunter Auftritt

Die Vorigen. Lorchen.

 

LORCHEN. Endlich hat sich die Frau Richardin entschlossen. Sie will ihrer Tochter fünftausend Taler an Wechseln mitgeben. Aber auch keinen Heller mehr. Und wenn ich Ihnen wohlmeinend raten soll, so spannen Sie die Saiten nicht zu hoch. Die Frau Richardin möchte sonst gar nein sagen. Lassen Sie es bei dem Gelde bewenden, Hr. Simon; sie bekommen doch alles nach Ihrer Frau Schwiegermutter Tode.[461]

SIMON. Ach, liebe Mademoiselle, das Geld liegt mir nicht an der Seele. Sie kennen mich besser, und ich wollte gern mein halbes Vermögen hingeben, wenn meine Braut nur ... lebhafter wäre. Ich will es Ihnen aufrichtig gestehen. Sie scheint mir etwas einfältig zu sein.

LORCHEN. Dieses Geständnis höre ich sehr ungern. Ich bin Ihrer Braut von Herzen gut, und ich erschrecke, daß Ihnen eine Person nicht gefällt, die Ihnen vor allen andern gefallen und die in Ihren Augen die liebenswürdigste und klügste sein sollte.

SIMON. Ach lieber Gott ...

LORCHEN. Hören Sie mich doch, Herr Simon! Es ist wahr, Ihre Braut hat keinen gar zu geübten Verstand; aber es ist kein Fehler der Natur, sondern einer unachtsamen und sklavischen Erziehung.

SIMON.