Bin ich dadurch gebessert?
LORCHEN. Ja, bringen Sie nur Ihre Liebste in vernünftige und muntere Gesellschaft. Ich wette, daß sie in kurzer Zeit eine angenehme Lebensart an sich nehmen soll. Sie hat das beste Herz. Sie läßt sich zureden. Sie wünscht, daß man sie tadeln und bessern soll. Allein ihre Mutter hat alle diese guten Regungen zurückgehalten und ihrer Tochter nur die Anleitung gegeben, eine Betschwester und eine karge Wirtin zu werden. Und Dank sei Christianchens gutem Naturelle, daß sie keinen von beiden Charakteren angenommen hat.
FERDINAND. Wie? Singt sie auch so gern wie ihre Mutter?
SIMON. Ist sie etwan auch geizig?
LORCHEN. Nein, meine Herren, keines von beiden. Sie ist weder geizig noch närrisch andächtig. Sie ist erst sechzehn Jahr und zu beidem noch zu jung. Kurz, sie ist noch gar nichts. Sie hat aber die Fähigkeit, die beste Frau von der Welt zu werden, wenn ihr Mann die Geduld hat, sie dazu zu machen. Die Liebe kann in kurzer Zeit eine Person ändern, und ein gutes Naturell wird durch gute Beispiele bald witzig und belebt.
SIMON. Sie reden sehr wahr und verdienen die größte Erkenntlichkeit und Hochachtung von mir. Allein, wenn nur meine Braut schon das wäre, was sie nach Ihrem Urteile werden wird, so wollte ich sie unendlich lieben. Ich glaube, daß alle diese guten Eigenschaften in ihr verborgen liegen; aber ich bin so sinnlich, daß ich nicht die zukünftigen, sondern die gegenwärtigen Vollkommenheiten liebe. Wird nicht meine Geduld oder meine[462] Gewogenheit zu ihr sich mitten in der Bemühung, sie recht liebenswert zu machen, verlieren?
LORCHEN. Nein, ich glaube es nicht. An einem unschuldigen Herzen werden die kleinen Fehler unmerklich, und Sie werden Ihr Christianchen um desto zärtlicher lieben, wenn Sie sehen, wie bereit sie ist, Ihnen liebenswürdig und gleich zu werden.
SIMON. Das muß ich gestehen. Sie setzen meine Braut wieder in die vorige Hochachtung bei mir. Und ich weiß nicht, ob ich Ihren edlen Vorstellungen oder der Unschuld meiner Braut die Liebe von neuem zu danken habe. Denn ich war völlig entschlossen, mein Christianchen zu vergessen.
LORCHEN. Hierzu sind Sie zu großmütig.
FERDINAND zu Simon. Also wollen Sie bei dem Entschlüsse bleiben und sie heiraten?
SIMON. Ja, Christianchen soll die Meinige sein. Ich will sie ziehen, wie ich sie mir wünsche.
LORCHEN. Das vergnügt mich von Herzen.
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