ich kann mir zwar nicht denken, daß die Warnung etwas mit dem Konfekt zu tun hat, aber irgendwie geht Ihr Vorurteil gegen Digby Groat auf mich über. Ich hatte bisher keinen Grund, ihn zu verdächtigen oder anzunehmen, daß er mir gegenüber schlechte Absichten haben könnte. Wenn ich Ihnen diese Bonbonniere schicke, erfülle ich damit nur Ihren Wunsch, Sie von allen außergewöhnlichen Dingen zu benachrichtigen, die hier vorgehen. Würden Sie so lieb sein, Jim, mich heute abend zum Essen abzuholen? Es ist mein freier Abend, und ich möchte Sie gern sprechen. Ich brenne darauf, Ihnen von der blauen Hand zu erzählen. Ist die Sache nicht furchtbar geheimnisvoll? Ich werde heute nachmittag den versäumten Schlaf nachholen, damit ich abends frisch und munter (und schön!) bin ...

Jim pfiff vor sich hin. Bis jetzt hatte er die blaue Hand für etwas Zufälliges gehalten. Nun bekam sie aber eine neue Bedeutung. Es mußte ein mit Vorbedacht gewähltes Zeichen sein, das irgendwelche Beteiligten oder Betroffenen kennen mußten. Ob Digby Groat es kannte? Nein, Groat war die blaue Hand sicher ebenso geheimnisvoll wie Eunice und ihm selbst. Auf wen sonst aber konnte sich das Zeichen beziehen? Er wollte heute morgen Mr. Salter fragen.

Jim untersuchte die Bonbonniere. Die Pralinen waren sehr schön verpackt, der Name einer bekannten Firma im Westen Londons stand auf der Rückseite des Kartons. Er nahm einige Stücke heraus, legte sie in einen Briefumschlag und steckte ihn in die Tasche.

Als er seine Wohnung abschloß, warf er einen Blick auf die gegenüberliegende Tür, wo Mrs. Fane und die geheimnisvolle Madge Benson wohnten. Die Tür war nur angelehnt, er glaubte von unten die Stimme der Krankenschwester zu hören, die wahrscheinlich mit dem Portier sprach.

Er war im Begriff, die Treppe hinabzueilen, da hörte er einen lauten Hilferuf aus der Wohnung. Ohne zu zögern stieß er die Tür auf. Nur die letzte Tür auf der rechten Seite des Ganges stand offen, und aus diesem Zimmer zogen dünne Rauchschwaden auf den Gang. Jim eilte hinein; die Frau, die im Bett lag, stützte sich eben auf die Ellenbogen, als ob sie aufstehen wollte. Er sah, daß die Gardinen brannten, riß sie schnell herunter und trat die Flammen aus. Nach einigen Sekunden war die Gefahr gebannt.

Als er den letzten Funken gelöscht hatte, sah er zu der Frau hin. Sie mochte zwischen vierzig und fünfundvierzig sein. Ihr schönes, sanftes Gesicht machte einen großen Eindruck auf ihn. Die großen, leuchtenden Augen, das dunkelbraune, ein wenig angegraute Haar, die schönen Hände auf der Bettdecke - er nahm alles mit einem Blick auf und hatte das Gefühl, die Frau schon einmal gesehen zu haben. Er wußte, daß es ein Irrtum sein mußte.

»Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet, Mr. Steele«, sagte die Dame leise. »Es ist schon das zweite Mal, daß so etwas passiert. Ein Funke von einer vorbeifahrenden Lokomotive muß ins Fenster gewirbelt sein.«

»Entschuldigen Sie bitte«, erwiderte er liebenswürdig, »ich wäre natürlich nicht hier eingedrungen, aber ich hörte Sie rufen. Sicher sind Sie Mrs. Fane?«

Er hörte die Krankenschwester zurückkommen.