Salter, zum Werkzeug dieses verantwortungslosen Menschen? Ich hätte nicht gedacht, daß ein Mann von Ihrer Erfahrung sich von einem solchen Burschen zum Narren halten ließe! Miss Weldon will mit Mr. Steele nichts mehr zu tun haben. Sie hat mir von dem Streit, den sie mit ihm gehabt hat, erzählt.«
Jim wußte, daß das gelogen war. Eunice hätte einen Digby Groat bestimmt nie ins Vertrauen gezogen.
»Was für ein Interesse haben Sie an Miss Weldon?« fragte Digby den Anwalt.
»Ich interessiere mich rein menschlich für sie.«
Jim war von dieser Antwort seines Chefs betroffen.
»Aber...« begann er.
»Ich glaube, es ist besser, wir gehen, Steele!« unterbrach ihn Salter, indem er ihn verstohlen und warnend ansah.
»Warum haben Sie ihm nicht gesagt, daß Eunice die rechtmäßige Erbin des Dantonschen Vermögens ist?« fragte Jim, als sie das Haus hinter sich gelassen hatten.
»Nehmen wir einmal an, daß dieser Mann tatsächlich ein solcher Schuft ist, wie wir denken. Das Mädchen ist auch jetzt in seiner Gewalt! Was wäre die Folge, wenn ich ihm erzählte, daß Eunice Weldon ihm die ganze Erbschaft streitig macht, daß ihr sogar dieses Haus gehört, er also völlig ruiniert ist?«
»Sie haben recht«, sagte Jim kleinlaut.
»Solange Digby Groat nicht weiß, daß ihm von Eunice Gefahr droht, ist sie verhältnismäßig sicher. Auf jeden Fall ist sie nicht in Lebensgefahr. Wenn er es aber erfährt ... Ich bin davon überzeugt, daß Mr. Groat nicht vor einem Mord zurückschreckt, um sein Erbe zu retten.«
Sie sprachen nicht mehr. Erst als sie im Büro in der Marlborough Street anlangten, brach Jim das Schweigen.
»Es sieht fast so aus, als ob wir machtlos wären. Gibt es keine gesetzliche Handhabe? Können wir nicht Anklage erheben?«
»Gesetz und Rechtsprechung arbeiten langsam, mein Junge! Es gibt nicht nur Verhaftungs- und Durchsuchungsbefehle, das Gesetz hat viele Waffen - und bei Gott, sie sollen gegen Digby Groat aufgeboten werden!«
Jim stellte sofort neue Nachforschungen an. Er erfuhr, daß Mrs. Groat und Eunice tatsächlich zum Victoria-Bahnhof gefahren waren. Digby hatte zwei Fahrkarten nach Paris gelöst und zwei Schlafwagenplätze reservieren lassen. Dabei mußten die Namen der beiden Damen eingetragen werden, und dies war zweifellos mit Absicht geschehen und der Zweck dieser Reservierungen. Jim konnte allerdings nicht feststellen, ob die Plätze auch besetzt wurden.
Mr. Salter meinte, als ihm Jim darüber berichtete:
»Vielleicht ist Jane Groat allein nach Paris gefahren, jedenfalls beweist es noch lange nicht, daß unsere Klientin London ebenfalls verlassen hat.«
»Unsere Klientin?« fragte Jim.
»Ja, natürlich, unsere Klientin«, wiederholte Salter. »Vergessen Sie nicht, daß Miss Danton unsere Klientin ist, und solange sie die Vertretung ihrer Interessen nicht einem anderen ...«
»Mr. Salter«, unterbrach Jim, »wann wird Bennett das Vermögen übergeben?«
»Es ist heute morgen geschehen.« Mr. Salter schien darüber nicht im mindesten deprimiert zu sein.
»Um Gottes willen!« rief Jim aus. »Dann befindet sich ja bereits alles in Digby Groats Händen?«
»Nur vorübergehend. Lassen Sie sich dadurch nicht aus der Fassung bringen. Haben Sie etwas von Lady Mary gehört?«
»Von wem?« Jim kam heute morgen nicht aus dem Staunen heraus.
»Von Lady Mary Danton. Das ist doch Ihre geheimnisvolle Dame in Schwarz? Ich ahnte es gleich und habe nicht mehr daran gezweifelt, als Sie mir von der blauen Hand erzählten.«
»Was hat denn die blaue Hand zu bedeuten?«
»Ich bin nicht berechtigt, darüber zu sprechen. Lady Mary wird es Ihnen wohl selbst in den nächsten Tagen erzählen. Sind Sie schon einmal in einer Färberei gewesen, Steele?«
»Ja.«
»Haben Sie die Hände der Frauen gesehen, die mit Indigo umgehen?«
»Wollen Sie damit sagen, daß Lady Mary in einer Färberei arbeitete, nachdem sie verschwand?«
»Sie wird es Ihnen selbst sagen.«
Damit mußte sich Jim zufriedengeben.
Beim jetzigen Stand der Dinge war es wichtig, daß die Nachforschungen beschleunigt und verschiedene Spuren gleichzeitig verfolgt wurden, und weil dies Jim allein nicht mehr bewältigen konnte, ließ Mr. Salter zwei Detektive kommen, die früher bei Scotland Yard gearbeitet hatten, jetzt aber eine eigene Agentur unterhielten. Am Nachmittag wurde eine Konferenz zu viert abgehalten und alle Einzelheiten besprochen.
26
Am gleichen Nachmittag sah Digby von seinem Fenster aus einen bärtigen Mann an der Gartenseite des Gebäudes entlangschlendern. Er hielt eine Pfeife im Mund und schien sich in die architektonischen Besonderheiten der Häuser am Grosvenor Square zu vertiefen. Digby hätte sich den Mann genauer angesehen, wenn ihm nicht gerade Mr.
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