Es war ein seltsamer und angenehmer Zustand, alles wurde ihr gleichgültig, auch Digby Groat.
»Setzen Sie Ihren Hut auf!«
Sie gehorchte. Sie dachte gar nicht daran, sich zu widersetzen.
Er brachte sie über eine Nebenstiege ins Kellergeschoß, von dem aus eine Tür zur Garage führte. Sein eigener Wagen stand jedoch nicht hier. Jim hatte sich bei seinen Erkundigungen schon einmal gewundert, warum Digby sein Auto so weit von seinem Haus entfernt unterbrachte. In dieser Garage hier befand sich nur ein geschlossener Lieferwagen.
»Steigen Sie ein - setzen Sie sich auf den Boden!« befahl er.
Sie tat es. Die Mischung von Morphium und Hyacin, unter deren Einfluß sie stand, schaltete das Gedächtnis und den Willen aus.
Digby nahm aus dem Kasten unter dem Führersitz eine schmutzige, alte Chauffeurjacke. Er knöpfte sie bis oben zu, und zum Schluß stülpte er eine alte Kappe über den Kopf, deren Schirm er so tief ins Gesicht zog, daß die Augen fast verdeckt wurden.
Er öffnete die Garagentür. Sie ging auf eine Nebengasse hinaus. Eine Frau sprach mit einem Milchmann, sonst war niemand zu sehen, doch auch die beiden waren so sehr in ihre Unterhaltung vertieft, daß sie nicht auf den Wagen achteten.
Digby beeilte sich nicht. Er kletterte nochmals aus der Führer kabine, schloß das Garagentor und zündete sich erst eine Pfeife an. Langsam fuhr er dann in Richtung Bayswater Road davon. Er hielt nur kurz an einer Tankstelle und fuhr mit mäßiger Geschwindigkeit weiter durch die Vorstädte, bis er die lange Straße erreichte, die von Staines nach Ascot führt. Hier hielt er an und stieg aus.
Er nahm die kleine, flache Kassette aus seiner Tasche, füllte die Spritze wieder, öffnete die hintere Wagentür und schaute hinein.
Eunice lehnte mit dem Rücken an einer Wagenwand, schläfrig mit dem Kopf nickend. Sie sah ihn verwirrt an.
»Keine Angst!« Er stieß rasch die Nadel in ihren Arm.
Sie verzog das Gesicht ein wenig und streichelte ihren Arm.
»Das tut weh«, murmelte sie.
Als er aus Ascot herauskam, wurde vor ihm ein Auto von Polizisten angehalten. Er mußte ebenfalls warten und beobachtete gespannt die Untersuchung des Wagens vor ihm.
Jetzt kam Digby an die Reihe. Er nickte dem Polizisten freundlich zu. »Kann ich weiterfahren?«
»Ja.«
Der Sergeant machte keinerlei Anstalten, ins Innere des Lieferwagens zu schauen, auf dem der Name einer bekannten Londoner Möbelfirma stand.
Digby atmete auf. Er durfte ein solches Risiko nicht noch einmal eingehen. An der nächsten großen Kreuzung würde ihn bestimmt eine zweite Sperre erwarten. Er mußte nach London zurückfahren. Richtung Stadt wurden die Wagen wohl kaum angehalten. Er bog in eine Nebenstraße ein und erreichte bald wieder die Hauptstraße. Hier passierte er einen weiteren Wachposten. Die Polizisten nahmen gar keine Notiz von ihm. Sie hielten nur die Wagen in entgegengesetzter Richtung an, und stadtauswärts wartete eine lange Schlange von Autos.
Der sicherste Ort, wohin er Eunice bringen konnte, war eine von ihm gemietete Garage in Paddington, die schon der Bande der Dreizehn gute Dienste geleistet hatte. Sie stand seit fast einem Jahr leer, nur Jackson war öfters dort gewesen, um die dazugehörigen Räume in Ordnung zu halten.
Er erreichte den Westen Londons, als es zu regnen begann. Alles ging nach Wunsch. Die Straße, in der sich auf der Rückseite eines Häuserblocks die Garage befand, lag vollkommen verlassen. Er öffnete das Tor und fuhr den Wagen hinein, bevor etwa anwesende Inhaber von Nachbargaragen auftauchen und ihre Neugierde befriedigen konnten.
Digby besaß einen Hauptschlüssel für alle von ihm benutzten Garagen, Häuser und Räume, mit dem er sämtliche Schlösser öffnen konnte.
Halb führte, halb trug er Eunice aus dem Wagen. Sie seufzte, denn sie fühlte sich müde und zerschlagen.
»Hier!« Er drängte sie vor sich her eine dunkle Treppe hinauf.
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