Abgesehen von einigen, auf unsern Gegenstand zu beziehenden Andeutungen in den Schriftstellern des klassischen Altertums [1], war Buffon der erste Schriftsteller, welcher in neuerer Zeit denselben in einem wissenschaftlichen Geiste behandelt hat. Da indessen seine Ansichten zu verschiedenen Zeiten sehr schwankten und er sich nicht auf die Ursache oder Mittel der Umwandlung der Arten einlässt, brauche ich hier nicht auf Einzelheiten einzugehen.

Lamarck war der erste, dessen Ansichten über diesen Punkt großes Aufsehen erregten. Dieser mit Recht gefeierte Naturforscher veröffentlichte dieselben zuerst 1801 und dann bedeutend erweitert 1809 in seiner ›Philosophie Zoologiqu‹, sowie 1815 in der Einleitung zu seiner Naturgeschichte der wirbellosen Tiere, in welchen Schriften er die Lehre aufstellte, dass alle Arten, den Menschen eingeschlossen, von andern Arten abstammen. Er hat das große Verdienst, die Aufmerksamkeit zuerst auf die Wahrscheinlichkeit gelenkt zu haben, dass alle Veränderungen in der organischen wie in der unorganischen Welt die Folgen von Naturgesetzen und nicht von wunderbaren Zwischenfällen sind. Lamarck scheint, hauptsächlich durch die Schwierigkeit Arten und Varietäten von einander zu unterscheiden, durch die fast ununterbrochene Stufenreihe der Formen in manchen Organismen-Gruppen und durch die Analogie mit unsern Züchtungserzeugnissen zu der Annahme einer gradweisen Veränderung der Arten geführt worden zu sein. Was die Mittel betrifft, wodurch die Umwandlung der Arten bewirkt werde, so schreibt er Einiges auf Rechnung einer direkten Einwirkung der äußeren Lebensbedingungen, Einiges auf die einer Kreuzung der bereits bestehenden Formen und leitet viel von dem Gebrauche und Nichtgebrauche der Organe, also von der Wirkung der Gewohnheit ab. Dieser letzten Kraft scheint er alle die schönen Anpassungen in der Natur zuzuschreiben, wie z. B. den langen Hals der Giraffe, der sie in den Stand setzt, die Zweige hoher Bäume abzuweiden. Doch nahm er zugleich ein Gesetz fortschreitender Entwicklung an, und da hiernach alle Lebensformen fortzuschreiten streben, so nahm er, um sich von dem Dasein sehr einfacher Naturerzeugnisse auch in unsren Tagen Rechenschaft zu geben, für derartige Formen noch eine Generatio spontanea an. [2]

Ètienne Geoffroy Saint-Hilaire vermutete, wie sein Sohn in dessen Lebensbeschreibung berichtet, schon um’s Jahr 1795, dass unsre sogenannten Spezies nur Ausartungen eines und des nämlichen Typus seien. Doch erst im Jahre 1828 sprach er öffentlich seine Überzeugung aus, dass sich nicht dieselben Formen unverändert seit dem Anfang der Dinge erhalten haben. Geoffroy scheint die Ursache der Veränderungen hauptsächlich in den Lebensbedingungen oder dem »Monde ambiant« gesucht zu haben. Doch war er vorsichtig im Ziehen von Schlüssen und glaubte nicht, dass jetzt bestehende Arten einer Veränderung unterlägen; sein Sohn sagt: »C’est donc un problème à réserver entièrement à l’avenir, supposé même, que l’avenir, doive avoir prise sur lui.«

1813 las Dr. W. C. Wells vor der Royal Society eine »Nachricht über eine Frau der weißen Rasse, deren Haut zum Teil der eines Negers gleicht«; der Aufsatz wurde nicht eher veröffentlicht, bis seine zwei berühmten Essays »über Tau und Einfach-Sehn« 1818 erschienen. In diesem Aufsatze erkennt er deutlich das Prinzip der natürlichen Zuchtwahl an, und dies ist der erste nachgewiesene Fall einer solchen Anerkennung. Er wendete es aber nur auf die Menschenrassen und nur auf besondere Merkmale an. Nachdem er anführte, dass Neger und Mulatten Immunität gegen gewisse tropische Krankheiten besitzen, bemerkt er erstens, dass alle Tiere in einem gewisse Grade abzuändern streben, und zweitens, dass Landwirte ihre Haustiere durch Zuchtwahl verbessern. Nun fügt er hinzu: was aber im letzten Falle »durch Kunst geschieht, scheint mit gleicher Wirksamkeit, wenn auch langsamer, bei der Bildung der Varietäten des Menschengeschlechts, die für die von ihnen bewohnten Gegenden eingerichtet sind, durch die Natur zu geschehen. Unter den zufälligen Varietäten von Menschen, die unter den wenigen zerstreuten Einwohnern der mittleren Gegenden von Africa auftreten, werden einige besser als andere im Stande sein, die Krankheiten des Landes zu überstehen. In Folge hiervon wird sich diese Rasse vermehren, während die andern abnehmen, und zwar nicht bloss, weil sie unfähig sind, die Erkrankungen zu überstehen, sondern weil sie nicht im Stande sind, mit ihren kräftigeren Nachbarn zu konkurrieren. Nach dem, was bereits gesagt wurde, nehme ich es als ausgemacht an, dass die Farbe dieser kräftigeren Rasse dunkel sein wird. Da aber die Neigung, Varietäten zu bilden, noch besteht, so wird sich eine immer dunklere und dunklere Rasse im Laufe der Zeit bilden; und da die dunkelste am besten für das Klima passt, so wird diese zuletzt in dem Lande, in dem sie entstand, wenn nicht die einzige, doch die vorherrschende Rasse werden.« Er dehnt dann die Betrachtungen auf die weißen Bewohner kälterer Klimate aus. Ich bin Herrn Rowley aus den Vereinigten Staaten, welcher durch Mr. Brace meine Aufmerksamkeit auf die angezogene Stelle in Dr. Wells’ Aufsatz lenkte, hierfür sehr verbunden.

Im vierten Bande der Horticultural Transaktions, 1822, und in seinem Werke über die Amaryllidaceae (1837, S. 19, 339) erklärte W. Herbert, nachheriger Dechant von Manchester, »es sei durch Horticulturversuche unwiderlegbar dargetan, dass Pflanzenarten nur eine höhere und beständigere Stufe von Varietäten seien.« Er dehnt die nämliche Ansicht auch auf die Tiere aus und glaubt, dass ursprünglich einzelne Arten jeder Gattung in einem Zustande hoher Bildsamkeit geschaffen worden seien, und dass diese sodann hauptsächlich durch Kreuzung, aber auch durch Abänderung alle unsre jetzigen Arten erzeugt haben.

Im Jahre 1826 sprach Professor Grant im Schlussparagraphen seiner bekannten Abhandlung über Spongilla (Edinburgh Philos.