Nein! Nein! Das ist unmöglich. Toni! ... Ich habe vorhin, drin in meinem Zimmer, gehört, was du mit deiner Mutter sprachst! Ich habe mehr als zwei Jahre hier gewohnt und alle die Szenen mit angehört, die furchtbaren Szenen! ... Ich habe euer ganzes, unglückliches Familienleben kennengelernt! Zwei Jahre lang hab ich das alles gehört und gesehen! Zwei Jahre lang! Und es hat mich ... Stöhnt auf. Und du! Wenn man denken muß: Zweiundzwanzig Jahre hast du in alle dem Elend gelebt und hast es ertragen müssen! Zweiundzwanzig Jahre! ... Herr mein Gott! Zweiundzwanzig Jahre! ...
TONI verlegen – trotzig. Oh, der Vater ist gut ... ein bißchen aufbrausend, aber ... Ach Gott! Schluchzt.
WENDT verbittert. Gut! Gut! Lacht auf, zornig. Nein! Nein! Du darfst nicht länger bleiben! Du darfst nicht länger in diesem traurigen Elend leben! Hörst du! Du verdienst das nicht! Du paßt nicht hierher!
TONI. Aber ich ...
WENDT. Hast du denn gar kein Bedürfnis nach Glück?!
TONI schüchtern, forschend. Glück?! Ich – weiß nicht! ... Ich – verstehe Sie nicht!
WENDT. Ach, ich spreche da! Ich ... ich meine: hast du denn nicht manchmal den Wunsch gehabt, hier wegzukommen, in ruhige, schöne Verhältnisse? Wo du nicht Tag für Tag – Herrgott! – Tag für Tag! all das Elend hier vor Augen hast? Wie?
TONI. Aber ...
WENDT leise, etwas höhnisch. Ich habe auch davon etwas in dem kleinen, blauen Büchelchen gelesen! Siehst du? Ich kenne dich ganz genau! Du bist auch nur ein Mensch!
TONI. Ach! Warum haben Sie nur ... Weint von neuem.
WENDT fortgerissen. Nein! Es ist ja hier ... Das kann ja kein Mensch ertragen! Dein Vater: brutal, rücksichtslos –, deine Mutter: krank, launisch; beide eigensinnig; keiner kann sich überwinden, dem andern nachzugeben, ihn zu verstehen, um ... um der Kinder willen! Selbst jetzt, wo sie nun alt geworden sind, wo sie mit den Jahren vernünftiger geworden sein müßten! Die Kinder müssen ja dabei zugrunde gehn! Und das ist ihre Schuld, die sie gar nicht wieder gutmachen können! Einer schiebt sie auf den andern! Keiner bedenkt, was draus werden soll! ... Und das nun schon lange, schrecklich lange Jahre durch! Dabei Krankheit und Sorge ... Furchtbar! Furchtbar!! Wenn man sich in den Gedanken versenkt ... tt! ... Nein, das ist alles zu, zu schrecklich! Das sind keine vernünftigen Menschen mehr, das sind ... Äh! Sie sind einfach jämmerlich in ihrem nichtswürdigen, kindischen Haß! ...
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