Es wird gemacht, heut abend noch. Doch zwingen werde ich die Phantasie, den zu begeistern, den ich für Hermione zum Gemahl bestimmt, und wie der aussehen wird, das kannst du dir wohl denken, und nehmen muß sie ihn, wenn er das Beste liefert, sie schwörts in diesem Augenblick im Tempel des Apoll.
ARROGANTIA. Ein schöner Plan. Verbergen wir uns jetzt.
VIPRIA. Flieg nur, mein Vögelchen, du fliegst in unser Netz.
Beide verbergen sich, die Statuen erscheinen wieder an ihrer vorigen Stelle.
Das Ritornell der Arie beginnt.
Die Phantasie schwebt mit ausgespreiteten irisfarbigen Flügeln auf rosigem Nebel nieder.
DIE PHANTASIE.
Ich bin ein Wesen leichter Art,
Ein Kind mit tausend Launen,
Das Niedres mit dem Höchsten paart,
's ist wirklich zum Erstaunen.
Kurzum, ich bin ein Kraftgenie,
Sie sehn in mir die Phantasie.
Ans Publikum.
Wenn rauhe Wirklichkeit auch gleich
Verwundet Ihre Herzen,
So flüchten Sie sich in mein Reich,
Ich lindre Ihre Schmerzen.
Denn alles Glück, man glaubt es nie,
Am End ists doch nur Phantasie.
In dichterischem Übermut
Durchschweb ich weite Fernen.
Ich steck die Sonne auf den Hut
Und würfle mit den Sternen,
Doch vor des Beifalls Melodie
Verbeugt sich tief die Phantasie.
Sich tief verneigend.
Es ist doch wahrlich eine Schande, daß die Phantasie, die von oben kommt, als Unterhändlerin in einem Liebesroman erscheint. Apollo selbst will dieses Pärchen einen, denn unter uns gesagt, er ist ein eitler Mann, wie viele Dichter sind, und Hermiones Schwur, nur einen Dichter zu erwählen, hat ihn so entzückt, daß er mir befahl, ihr Amphio zum Dichter und artigen Gemahl zu bilden, zu bilden! – wohlgemerkt, weil gewöhnlich die gebildetsten Dichter die ungebildetsten Ehmänner sind. Hier kömmt mein Kandidat, Ich will ihn doch ein wenig aufziehen.
Zwölfter Auftritt
Amphio. Die Phantasie.
PHANTASIE. Nun mein dichterischer Freund, wie haben wir uns aufgeführt? Hat unser gestriges Sonett Cytherens Bande fester geknüpft?
AMPHIO. Auf ewig sie zu binden, steht in deiner Macht.
PHANTASIE weint kindisch. Ich armes Kind soll andere vermählen, und für mich selbst wird Hymens Fackel niemals leuchten. Verbirgt das Gesicht.
AMPHIO besorgt. Wer würde deine Hand verschmähen?
PHANTASIE lacht laut auf. Meinst du, ich sprech im Ernste so? Was kümmern mich die Männer dieser irdschen Welt, was gilt mir selbst ein menschlicher Apoll! Ich bin die Phantasie, der höchsten Schönheit Bild kann ich durch eigne Macht erschaffen, denn nach Adonis reizender Gestalt form ich aus rosgem Äther mir den Bräutigam, in sein Gehirn leg ich Minervens Weisheit ihm, der Zunge schenk ich die Beredsamkeit der Polyhymnia, in seine Brust gieß ich Latonas Sanftmut aus. So bild aus Götterkräften ich mein Ideal und flieh mit ihm nach einer Himmelswelt in unbekannte Sphären. Dort bau ich Amors Tempel auf von glänzendem Rubin und laß von tausend Sonnen ihn bestrahlen. Dann raub ich dem Saturn die Sichel seiner Zeit und breche sie ob unserer Lieb entzwei, damit mir jeder Kuß zur ewgen Wonne wird.
AMPHIO. Ach, du scherzest noch, du weißt nicht, wie poetisch wichtig diese Stunde ist.
PHANTASIE. Beleidige mich nicht, ich selbst habe heute Hermione zu dem Entschluß begeistert, ein Preisgedicht zu fordern, damit nur einmal dieser langweilige Liebeshandel sein Ende erreicht.
AMPHIO. Oh, dann wirst du mir auch deine Hülfe nicht versagen. Der heutge Tag entscheidet.
PHANTASIE. Du bist doch noch bescheiden, du nimmst meine Hilfe nur bei Tage in Anspruch, aber manche Dichter sind so wahnsinnig, die ganze Nacht zu schreiben, und wenn die Phantasie nicht gleich auf dem Tintenfaß sitzt, so beschwören sie mich durch Punsch und Champagner, daß ich erscheinen soll, und wer kann der Einladung eines so artigen Franzosen, wie der Champagner ist, widerstehen? Ich nicht.
AMPHIO. In jenem Tempel schwört die Herrscherin, ich eile, um dir zu berichten, was wir zu besingen haben. Wie freu ich mich, wie bebe ich, ach, wie quälend ist dieser Wechsel von Freude und Furcht.
PHANTASIE. Ach, wie quält dich dieser kleine Wechsel, und wie gerne würde mancher mit dir tauschen, der heute einen recht großen auszuzahlen hat. Die Freude ist ein Wechselhaus, sie muß wechseln, denn im Wechsel liegt Freude. Doch um dich zu beruhigen, will ich dir einen Wechsel ausstellen an das große Wechselhaus Amor et Compagnie. Nun, der wird dir doch sicher sein, denn wenn die Liebe zu zahlen aufhört, dann macht die Welt Bankerott. So geh denn hin und hole den Stoff. Die Phantasie bleibt hier zurück, und wenn du wiederkehrst, umschling ich deinen Geist, und fertig ist das kindische Gedicht.
AMPHIO.
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