Ich lache manchmal heimlich, daß er tut, als wenn er ernst wäre oder böse. Er tut wohl; ich peinigte ihn sonst den ganzen Tag.

FABRICE. Er ist glücklich.

MARIANNE. Nein, ich bin's. Wenn ich ihn nicht hätte, wüßt' ich nicht, was ich in der Welt anfangen sollte. Ich tue doch auch alles für mich, und mir ist, als wenn ich alles für ihn täte, weil ich auch bei dem, was ich für mich tue, immer an ihn denke.

FABRICE. Und wenn Sie nun das alles für einen Gatten täten, wie ganz glücklich würde er sein! Wie dankbar würde er sein, und welch ein häuslich Leben würde das werden!

MARIANNE. Manchmal stell' ich mir's auch vor und kann mir ein langes Märchen erzählen, wenn ich so sitze und stricke oder nähe, wie alles gehen könnte und gehen möchte. Komm' ich aber hernach aufs Wahre zurück, so will's immer nicht werden.

FABRICE. Warum?

MARIANNE. Wo wollt' ich einen Gatten finden, der zufrieden wäre, wenn ich sagte: "Ich will Euch liebhaben", und müßte gleich dazusetzen: "Lieber als meinen Bruder kann ich Euch nicht haben, für den muß ich alles tun dürfen, wie bisher."—Ach, Sie sehen, daß das nicht geht!

FABRICE. Sie würden nachher einen Teil für den Mann tun, Sie würden die Liebe auf ihn übertragen.—

MARIANNE. Da sitzt der Knoten! Ja, wenn sich Liebe herüber und hinüber zahlen ließe wie Geld, oder den Herrn alle Quartal veränderte wie eine schlechte Dienstmagd. Bei einem Manne würde das alles erst werden müssen, was hier schon ist, was nie so wieder werden kann.

FABRICE. Es macht sich viel.

MARIANNE. Ich weiß nicht. Wenn er so bei Tische sitzt und den Kopf auf die Hand stemmt, niedersieht und still ist in Sorgen—ich kann halbe Stunden lang sitzen und ihn ansehen. Er ist nicht schön, sag' ich manchmal so zu mir selbst, und mir ist's so wohl, wenn ich ihn ansehe.—Freilich fühl' ich nun wohl, daß es mit für mich ist, wenn er sorgt; freilich sagt mir das der erste Blick, wenn er wieder aufsieht, und das tut ein Großes.

FABRICE. Alles, Marianne. Und ein Gatte, der für Sie sorgte!—

MARIANNE. Da ist noch eins; da sind eure Launen. Wilhelm hat auch seine Launen; von ihm drücken sie mich nicht, von jedem andern wären sie mir unerträglich. Er hat leise Launen, ich fühl' sie doch manchmal. Wenn er in unholden Augenblicken eine gute teilnehmende liebevolle Empfindung wegstößt—es trifft mich! freilich nur einen Augenblick; und wenn ich auch über ihn knurre, so ist's mehr, daß er meine Liebe nicht erkennt, als daß ich ihn weniger liebe.

FABRICE. Wenn sich nun aber einer fände, der es auf alles das hin wagen sollte, Ihnen seine Hand anzubieten?

MARIANNE. Er wird sich nicht finden! Und dann wäre die Frage, ob ich's mit ihm wagen dürfte.

FABRICE. Warum nicht?

MARIANNE. Er wird sich nicht finden!

FABRICE. Marianne, Sie haben ihn!

MARIANNE. Fabrice!

FABRICE.