Die Vorigen.
HERMANN.
Thuschen!
THUSNELDA.
Was gibt's?
HERMANN.
Geschwind! Ventidius sucht dich.
THUSNELDA.
Wo?
HERMANN.
Von dem äußern Gang.
THUSNELDA.
So? Desto besser.
So bin ich durch den mittlern ihm entflohn.
HERMANN.
Thuschen! Geschwind! Ich bitte dich!
THUSNELDA.
Was hast du?
HERMANN.
Zurück, mein Herzchen! Liebst du mich! Zurücke!
In deine Zimmer wieder! Rasch! Zurücke!
THUSNELDA lächelnd.
Ach, laß mich gehn.
HERMANN.
Was? Nicht? Du weigerst mir –?
THUSNELDA.
Laß mich mit diesem Römer aus dem Spiele.
HERMANN.
Dich aus dem Spiel? Wie! Was! Bist du bei Sinnen?
Warum? Weshalb?
THUSNELDA.
– Er tut mir leid, der Jüngling.
HERMANN.
Dir leid? Gewiß, beim Styx, weil er das Untier gestern –?
THUSNELDA.
Gewiß! Bei Braga! Bei der sanften Freya:
Er war so rüstig bei der Hand!
Er wähnte doch, mich durch den Schuß zu retten,
Und wir verhöhnen ihn!
HERMANN.
Ich glaub, beim Himmel,
Die römische Tarantel hat –?
Er wähnt ja auch, du Törin, du,
Daß wir den Wahn der Tat ihm danken!
Fort, Herzchen, fort!
EGINHARDT.
Da ist er selber schon!
HERMANN.
Er riecht die Fährt ihr ab, ich wußt es wohl.
– Du sei mir klug, ich rat es dir!
Komm, Eginhardt, ich hab dir was zu sagen.
Ab.
Vierter Auftritt
Thusnelda nimmt eine Laute und setzt sich nieder. Ventidius und Scäpio treten auf.
VENTIDIUS noch unter dem Eingang.
Scäpio! Hast du gehört?
SCÄPIO.
Du sagst, der Bote –?
VENTIDIUS flüchtig.
Der Bote, der nach Rom geht, an Augustus,
Soll zwei Minuten warten; ein Geschäft
Für Livia liegt, die Kaiserin, mir noch ob.
SCÄPIO.
Genug! Es soll geschehn.
Ab.
VENTIDIUS.
Harr meiner draußen.
Fünfter Auftritt
Thusnelda und Ventidius.
VENTIDIUS.
Vergib, erlauchte Frau, dem Freund des Hauses,
Wenn er den Fuß, unaufgerufen,
In deine göttergleiche Nähe setzt.
Von deiner Lippe hört ich gern,
Wie du die Nacht, nach jenem Schreck, der gestern
Dein junges Herz erschütterte, geschlummert?
THUSNELDA.
Nicht eben gut, Ventidius. Mein Gemüt
War von der Jagd noch ganz des wilden Urs erfüllt.
Vom Bogen sandt ich tausendmal den Pfeil,
Und immerfort sah ich das Tier,
Mit eingestemmten Hörnern, auf mich stürzen.
Ein fürchterlicher Tod, Ventidius,
Solch einem Ungeheur erliegen!
Arminius sagte scherzend heut,
Ich hätte durch die ganze Nacht,
Ventidius! Ventidius! gerufen.
VENTIDIUS läßt sich leidenschaftlich vor ihr nieder, und ergreift ihre Hand.
Wie selig bin ich, Königin,
Dir ein Gefühl entlockt zu haben!
Was für ein Strahl der Wonne strömt,
Mir unerträglich, alle Glieder lähmend,
Durch den entzückten Busen hin,
Sagt mir dein süßer Mund, daß du, bei dem Gedanken
An mich, empfindest – wär's auch die unscheinbare
Empfindung nur des Danks, verehrte Frau,
Die jedem Glücklichen geworden wäre,
Der, als ein Retter, dir zur Seite stand!
THUSNELDA.
Ventidius! Was willst du mir? Steh auf!
VENTIDIUS.
Nicht eh'r, Vergötterte, als bis du meiner Brust
Ein Zeichen, gleichviel welches, des
Gefühls, das ich in dir entflammt, verehrt!
Sei es das Mindeste, was Sinne greifen mögen,
Das Herz gestaltet es zum Größesten.
Laß es den Strauß hier sein, der deinen Busen ziert,
Hier diese Schleife, diese goldne Locke –
Ja, Kön'gin, eine Locke laß es sein!
THUSNELDA.
Ich glaub, du schwärmst. Du weißt nicht, wo du bist.
VENTIDIUS.
Gib eine Locke, Abgott meiner Seelen,
Von diesem Haupthaar mir, das von der Juno Scheiteln
In üpp'gern Wogen nicht zur Ferse wallt!
Sieh, dem Arminius gönn ich alles:
Das ganze duftende Gefäß von Seligkeiten,
Das ich in meinen Armen zitternd halte,
Sein ist's; ich gönn es ihm: es möge sein verbleiben.
Die einz'ge Locke fleh ich nur für mich,
Die, in dem Hain, beim Schein des Monds,
An meine Lippe heiß gedrückt,
Mir deines Daseins Traum ergänzen soll!
Die kannst du mir, geliebtes Weib, nicht weigern,
Wenn du nicht grausam mich verhöhnen willst.
THUSNELDA.
Ventidius, soll ich meine Frauen rufen?
VENTIDIUS.
Und müßt ich so, in Anbetung gestreckt,
Zu deinen Füßen flehend liegen,
Bis das Giganten-Jahr des Platon abgerollt,
Bis die graubärt'ge Zeit ein Kind geworden,
Und der verliebten Schäfer Paare wieder
An Milch- und Honigströmen zärtlich wandeln:
Von diesem Platz entweichen werd ich nicht,
Bis jener Wunsch, den meine Seele
Gewagt hat dir zu nennen, mir erfüllt.
Thusnelda steht auf und sieht ihn an. Ventidius läßt sie betreten los und erhebt sich. Thusnelda geht und klingelt.
Sechster Auftritt
Gertrud und Bertha treten auf. Die Vorigen.
THUSNELDA.
Gertrud; wo bleibst du? Ich rief nach meinen Kindern.
GERTRUD.
Sie sind im Vorgemach.
Sie wollen beide gehen.
THUSNELDA.
Wart! Einen Augenblick!
Gertrud, du bleibst! – Du, Bertha, kannst sie holen.
Bertha ab.
Siebenter Auftritt
Thusnelda setzt sich wieder nieder, ergreift die Laute, und tut einige Griffe darauf, Ventidius läßt sich hinter ihr, auf einem Sessel, nieder. Gertrud.
Pause.
THUSNELDA spielt und singt.
Ein Knabe sah den Mondenschein
In eines Teiches Becken;
Er faßte mit der Hand hinein,
Den Schimmer einzustecken;
Da trübte sich des Wassers Rand,
Das glänz'ge Mondesbild verschwand
Und seine Hand war –
VENTIDIUS steht auf. Er hat, währenddessen, unbemerkt eine Locke von Thusneldens Haar geschnitten, wendet sich ab, und drückt sie leidenschaftlich an seine Lippe.
THUSNELDA hält inne.
Was hast du?
VENTIDIUS entzückt.
– Was ich um das Gold der Afern,
Die Seide Persiens, die Perlen von Korinth,
Um alles, was die Römerwaffen
Je in dem Kreis der Welt erbeuteten, nicht lasse.
THUSNELDA.
Ich glaub, du treibst die Dreistigkeit so weit,
Und nahmst mir –
Sie legt die Laute weg.
VENTIDIUS.
Nichts, nichts, als diese Locke!
Doch selbst der Tod nicht trennt mich mehr von ihr.
Er beugt ehrfurchtsvoll ein Knie vor ihr und geht ab.
THUSNELDA steht auf.
Ventidius Carbo, du beleidigst mich! –
Gib sie mir her, sag ich! – Ventidius Carbo!
Achter Auftritt
Hermann mit einer Pergamentrolle. Hinter ihm Eginhardt. – Die Vorigen.
HERMANN.
Was gibt's, mein Thuschen? Was erhitzt dich so?
THUSNELDA erzürnt.
Nein, dies ist unerträglich, Hermann!
HERMANN.
Was hast du? Sprich! Was ist geschehn, mein Kind?
THUSNELDA.
Ich bitte dich, verschone fürder
Mit den Besuchen dieses Römers mich.
Du wirfst dem Walfisch, wie das Sprichwort sagt,
Zum Spielen eine Tonne vor;
Doch wenn du irgend dich auf offnem Meere noch
Erhalten kannst, so bitt ich dich,
Laß es was anders, als Thusnelden, sein.
HERMANN.
Was wollt er dir, mein Herzchen, sag mir an?
THUSNELDA.
Er kam und bat, mit einer Leidenschaft,
Die wirklich alle Schranken niederwarf,
Gestreckt auf Knieen, wie ein Glücklicher,
Um eine Locke mich –
HERMANN.
Du gabst sie ihm –?
THUSNELDA.
Ich –? ihm die Locke geben!
HERMANN.
Was! Nicht? Nicht?
THUSNELDA.
Ich weigerte die Locke ihm. Ich sagte,
Ihn hätte Wahnsinn, Schwärmerei ergriffen,
Erinnert ihn, an welchem Platz er wäre –
HERMANN.
Da kam er her und schnitt die Locke ab –?
THUSNELDA.
Ja, in der Tat! Es scheint, du denkst, ich scherze.
Inzwischen ich auf jenem Sessel mir
Ein Lied zur Zither sang, löst er,
Mit welchem Werkzeug weiß ich nicht, bis jetzt,
Mir eine Locke heimlich von der Scheitel,
Und gleich, als hätt er sie, der Törichte,
Von meiner Gunst davongetragen,
Drückt' er sie, glühend vor Entzücken, an die Lippen,
Und ging, mit Schritten des Triumphes,
Als du erschienst, mit seiner Beut hinweg.
HERMANN mit Humor.
Ei, Thuschen, was! So sind wir glückliche
Geschöpfe ja, so wahr ich lebe,
Daß er die andern dir gelassen hat.
THUSNELDA.
Wie? Was? Wir wären glücklich –?
HERMANN.
Ja, beim Himmel!
Käm er daher, mit seinen Leuten,
Die Scheitel ratzenkahl dir abzuscheren:
Ein Schelm, mein Herzchen, will ich sein,
Wenn ich die Macht besitz, es ihm zu wehren.
THUSNELDA zuckt die Achseln.
– Ich weiß nicht, was ich von dir denken soll.
HERMANN.
Bei Gott, ich auch nicht. Varus rückt
Mit den Kohorten morgen bei mir ein. –
THUSNELDA streng.
Armin, du hörst, ich wiederhol es dir,
Wenn irgend dir dein Weib was wert ist,
So nötigst du mich nicht, das Herz des Jünglings ferner
Mit falschen Zärtlichkeiten, zu entflammen.
Bekämpf ihn, wenn du willst, mit Waffen des Betrugs,
Da, wo er mit Betrug dich angreift;
Doch hier, wo, gänzlich unbesonnen,
Sein junges Herz sich dir entfaltet,
Hier wünsch ich lebhaft, muß ich dir gestehn,
Daß du auf offne Weise ihm begegnest.
Sag ihm, mit einem Wort, bestimmt, doch ungehässig,
Daß seine kaiserliche Sendung
An dich, und nicht an deine Gattin sei gerichtet.
HERMANN sieht sie an.
Entflammen? Wessen Herz? Ventidius Carbos?
Thuschen! Sieh mich mal an! – Bei unsrer Hertha!
Ich glaub, du bildst dir ein, Ventidius liebt dich?
THUSNELDA.
Ob er mich liebt?
HERMANN.
Nein sprich, im Ernst, das glaubst du?
So, was ein Deutscher lieben nennt,
Mit Ehrfurcht und mit Sehnsucht, wie ich dich?
THUSNELDA.
Gewiß, glaub mir, ich fühl's, und fühl's mit Schmerz,
Daß ich den Irrtum leider selbst,
Der dieses Jünglings Herz ergriff, verschuldet.
Er hätte, ohne die betrügerischen Schritte,
Zu welchen du mich aufgemuntert,
Sich nie in diese Leidenschaft verstrickt;
Und wenn du das Geschäft, ihn offen zu enttäuschen,
Nicht übernehmen willst, wohlan:
Bei unsrer nächsten Zwiesprach werd ich's selbst.
HERMANN.
Nun, Thuschen, ich versichre dich,
Ich liebe meinen Hund mehr, als er dich.
Du machst, beim Styx, dir überflüss'ge Sorge.
Ich zweifle nicht, o ja, wenn ihn dein schöner Mund
Um einen Dienst ersucht, er tut ihn dir:
Doch wenn er die Orange ausgesaugt,
Die Schale, Herzchen, wirft er auf den Schutt.
THUSNELDA empfindlich.
Dich macht, ich seh, dein Römerhaß ganz blind.
Weil als dämonenartig dir
Das Ganz' erscheint, so kannst du dir
Als sittlich nicht den einzelnen gedenken.
HERMANN.
Meinst du? Wohlan! Wer recht hat, wird sich zeigen.
Wie er die Lock, auf welche Weise,
Gebrauchen will, das weiß ich nicht;
Doch sie im stillen an den Mund zu drücken,
Das kannst du sicher glauben, ist es nicht.
– Doch, Thuschen, willst du jetzt allein mich lassen?
THUSNELDA.
O ja. Sehr gern.
HERMANN.
Du bist mir doch nicht bös?
THUSNELDA.
Nein, nein! Versprich mir nur, für immer mich
Mit diesem Toren aus dem Spiel zu lassen!
HERMANN.
Topp! Meine Hand drauf! In drei Tagen,
Soll sein Besuch dir nicht zur Last mehr fallen!
Thusnelda und Gertrud ab.
Neunter Auftritt
Hermann und Eginhardt.
HERMANN.
Hast du mir den geheimen Boten
An Marbod, Fürst von Suevien, besorgt?
EGINHARDT.
Er steht im Vorgemach.
HERMANN.
Wer ist es?
EGINHARDT.
Mein Fürst und Herr, es ist mein eigner Sohn!
Ich konnte keinen Schlechteren
Für diese wicht'ge Botschaft dir bestellen.
HERMANN.
Ruf ihn herein!
EGINHARDT.
Luitogar, erscheine!
Zehnter Auftritt
Luitgar tritt auf. – Die Vorigen.
HERMANN.
Du bist entschlossen, hör ich, Luitgar,
An Marbod heimlich eine Botschaft zu besorgen?
LUITGAR.
Ich bin's, mein hoher Herr.
HERMANN.
Kann ich gewiß sein,
Daß das, was ich dir anvertraue,
Vor morgen nacht in seinen Händen ist?
LUITGAR.
Mein Fürst, so sicher, als ich morgen lebe,
So sicher auch ist es ihm überbracht.
HERMANN.
Gut. – Meine beide blonden Jungen wirst du,
Den Rinold und den Adelhart,
Empfangen, einen Dolch, und dieses Schreiben hier,
Dem Marbod, Herrn des Suevenreiches,
Von mir zu überliefern. – Die drei Dinge
Erklären sich, genau erwogen, selbst,
Und einer mündlichen Bestellung braucht es nicht;
Doch, um dich in den Stand zu setzen,
Sogleich jedwedem Irrtum zu begegnen,
Der etwa nicht von mir berechnet wäre,
Will ich umständlich, von dem Schritt,
Zu dem ich mich entschloß, dir Kenntnis geben.
LUITGAR.
Geruhe deinen Knecht zu unterrichten.
HERMANN.
Die Knaben schick ich ihm zuvörderst und den Dolch,
Damit dem Brief er Glauben schenke.
Wenn irgend in dem Brief ein Arges ist enthalten,
Soll er den Dolch sofort ergreifen,
Und in der Knaben weiße Brüste drücken.
LUITGAR.
Wohl, mein erlauchter Herr.
HERMANN.
Augustus hat
Das Angebot der drei Legionen,
Die Varus führt, zum Schutze wider Marbod,
Zum drittenmal mir heute wiederholt.
Gründe von zwingender Gewalt bestimmten mich,
Die Truppen länger nicht mehr abzulehnen.
Sie rücken morgen in Cheruska ein,
Und werden, in drei Tagen schon,
Am Weserstrom, ins Angesicht ihm sehn.
Varus will schon am Idus des Augusts
(Also am Tag nach unserem
Hochheil'gen Nornentag, das merk dir wohl),
Mit seinem Römerheer die Weser überschiffen,
Und Hermann wird, auf einen Marsch,
Mit dem Cheruskerheer, zu gleichem Zweck, ihm folgen.
An dem Alraunentag, Luitgar,
(Also am Tag vor unserm Nornentag)
Brech ich von Teutoburg mit meinen Scharen auf.
Jenseits der Weser wollen wir
Vereint auf Marbods Haufen plötzlich fallen;
Und wenn wir ihn erdrückt (wie kaum zu zweifeln steht),
Soll mir, nach dem Versprechen Augusts,
Die Oberherrschaft in Germanien werden.
LUITGAR.
Ich faß, o Herr, dich und bewundre
Schon im voraus, was noch erfolgen wird.
HERMANN.
Ich weiß inzwischen, daß Augustus sonst
Ihm mit der Herrschaft von Germanien geschmeichelt.
Mir ist von guter Hand bekannt,
Daß Varus heimlich ihn mit Geld,
Und Waffen selbst versehn, mich aus dem Feld zu schlagen.
Das Schicksal Deutschlands lehrt nur allzudeutlich mich,
Daß Augusts letzte Absicht sei,
Uns beide, mich wie ihn, zugrund zu richten,
Und wenn er, Marbod, wird vernichtet sein,
Der Suevenfürst, so fühl ich lebhaft,
Wird an Arminius die Reihe kommen.
LUITGAR.
Du kennst, ich seh, die Zeit, wie wenige.
HERMANN.
Da ich nun – soll ich einen Oberherrn erkennen,
Weit lieber einem Deutschen mich,
Als einem Römer unterwerfen will:
Von allen Fürsten Deutschlands aber ihm,
Marbod, um seiner Macht, und seines Edelmuts,
Der Thron am unzweideutigsten gebührt:
So unterwerf ich mich hiermit demselben,
Als meinem Herrn und hohen König,
Und zahl ihm den Tribut, Luitogar, den er
Durch einen Herold, jüngst mir abgefordert.
LUITGAR betreten.
Wie, mein erlauchter Herr! Hört ich auch recht?
Du unterwirfst –? Ich bitte dich, mein Vater!
Eginhardt winkt ihm, ehrfurchtsvoll zu schweigen.
HERMANN.
Dagegen, hoff ich, übernimmt nun er,
Als Deutschlands Oberherrscher, die Verpflichtung,
Das Vaterland von dem Tyrannenvolk zu säubern.
Er wird den Römeradler länger nicht
Um einen Tag, steht es in seiner Macht,
Auf Hermanns, seines Knechts, Gefilden dulden.
Und da der Augenblick sich eben günstig zeigt,
Dem Varus, eh der Mond noch wechselte,
Das Grab in dem Cheruskerland zu graben,
So wag ich es, sogleich dazu
In Ehrfurcht ihm den Kriegsplan vorzulegen.
EGINHARDT.
Jetzt merk wohl auf, Luitogar,
Und laß kein Wort Arminius' dir entschlüpfen.
LUITGAR.
Mein Vater! Meine Brust ist Erz
Und ein Demantengriffel seine Rede!
HERMANN.
Der Plan ist einfach und begreift sich leicht. –
Varus kommt, in der Nacht der düsteren Alraunen,
Im Teutoburger Walde an,
Der zwischen mir liegt und der Weser Strom.
Er denkt am folgenden, dem Tag der letzten Nornen,
Des Stroms Gestade völlig zu erreichen,
Um, an dem Idus des Augusts,
Mit seinem Heer darüberhin zu gehn.
Nun aber überschifft, am Tag schon der Alraunen,
Marbod der Weser Strom und rückt
Ihm bis zum Wald von Teutoburg entgegen.
Am gleichen Tag brech ich, dem Heer des Varus folgend,
Aus meinem Lager auf, und rücke
Von hinten ihm zu diesem Walde nach.
Wenn nun der Tag der Nornen purpurn
Des Varus Zelt bescheint, so siehst du, Freund Luitgar,
Ist ihm der Lebensfaden schon durchschnitten.
Denn nun fällt Marbod ihn von vorn,
Von hinten ich ihn grimmig an,
Erdrückt wird er von unsrer Doppelmacht:
Und keine andre Sorge bleibt uns,
Als die nur, eine Handvoll Römer zu verschonen;
Die, von dem Fall der übrigen,
Die Todespost an den Augustus bringen.
– Ich denk der Plan ist gut. Was meinst du, Luitgar?
LUITGAR.
O Hermann! Wodan hat ihn selbst dir zugeflüstert!
Sieh, wenn du den Cheruskern ihn wirst nennen,
Sie werden, was sie nimmer tun,
Sieg! vor dem ersten Keulenschlag schon rufen!
HERMANN.
Wohlan! In dem Vertraun itzt, das ich hege,
Er, Marbod, auch, werd diesen Plan,
Nach seiner höhren Weisheit billigen,
Nimmt er für mich die Kraft nun des Gesetzes an.
An dem Alraunentag rück ich nunmehr so fehllos,
Als wär es sein Gebot, aus meinem Lager aus,
Und steh, am Nornentag, vorm Teutoburger Wald.
Ihm aber – überlaß ich es in Ehrfurcht,
Nach dem Entwurf, das Seinige zu tun.
– Hast du verstanden?
LUITGAR.
Wohl, mein erlauchter Herr.
HERMANN.
Sobald wir über Varus' Leiche uns
Begegnet – beug ich ein Knie vor ihm,
Und harre seines weiteren Befehls.
– Weißt du noch sonst was, Eginhardt?
EGINARDT.
Nichts, mein Gebieter.
HERMANN.
Oder du, Luitgar?
LUITGAR zögernd.
Nichts mindestens, das von Bedeutung wäre. –
Laß deiner Weisheit ganz mich unterwerfen.
HERMANN.
– Nun? Sag's nur dreist heraus, du siehst so starr
Auf diese kleine Rolle nieder,
Als hättst du nicht das Herz, sie zu ergreifen.
LUITGAR.
Mein Fürst, die Warheit dir zu sagen,
Die Möglichkeit, daß mich ein Unfall träf, erschreckt mich.
Laß uns, in keinem Stück, der Gunst des Glücks vertraun.
Vergönne mir, ich bitte dich,
Zwei Freund ins Lager Marbods mitzunehmen,
Damit, wenn mir Verhindrung käme,
Ein andrer, und ein dritter noch,
Das Blatt in seine Hände bringen kann.
HERMANN.
Nichts, nichts, Luitgar! Welch ein Wort entfiel dir?
Wer wollte die gewalt'gen Götter
Also versuchen?! Meinst du, es ließe
Das große Werk sich ohne sie vollziehn?
Als ob ihr Blitz drei Boten minder,
Als einen einzelnen, zerschmettern könnte!
Du gehst allein; und triffst du mit der Botschaft
Zu spät bei Marbod, oder gar nicht, ein:
Sei's! mein Geschick ist's, das ich tragen werde.
LUITGAR.
Gib mir die Botschaft! Nur der Tod verhindert,
Daß er sie morgen in den Händen hält.
HERMANN.
Komm.
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