„Ich brauche Kühlung.“
„Gleich, gleich! Paß auf!“ antwortete der Bauer, dann richtete er das Mundstück auf die drei Kosaken und schraubte den Hahn auf. Sofort schoß nun ein starker, kalter Wasserstrahl mit großer Wucht auf sie ein, so daß sie im Verlauf zweier Sekunden fadennaß waren.
„Himmeldonnerwetter!“ kreischte da der Wachtmeister auf und sprang ebenso wie die beiden Kosaken auf. „Hund, was fällt dir ein? Halt ein, halt doch ein, infamer Kerl.“
Aber der Bauer hielt nicht ein, sondern ließ auch fernerhin den Strahl auf die Kosaken treffen, und zwar mit einer solchen Gewalt, daß sie fast nicht zu stehen vermochten.
„Reißt aus!“ rief endlich der von der Balalaika Getroffene und eilte fort, auch die beiden anderen folgten und rannten nach der Haustür zu. Aber der Bauer hielt den Schlauch höher und überschüttete sie auch jetzt, fast noch schlimmer als vorher, mit einer prasselnden Wasserflut.
„Bleibt stehen! So geht es nicht“, gebot der Wachtmeister. Dann schrie er, die Hände vor das Gesicht haltend, dem Bauern zu: „Willst du wohl aufhören? Wir können ja nicht weiter.“
„Kühlung, Kühlung!“ antwortete Peter Dobronitsch herzlich lachend, dem es gar nicht einfiel, innezuhalten. Das steigerte die Wut der drei Kosaken auf das äußerste, zumal da gerade jetzt aus den Fenstern das Gelächter der Frauenzimmer stärker denn je ertönte.
„Er gehorcht nicht!“ brüllte der Wachtmeister. „Der Kerl ist toll geworden. Drauf, auf ihn!“
Nun wandten sich die Kosaken zurück und stürmten auf den Brunnen zu.
Doch nur einen Augenblick lang gönnte der Bauer ihnen Atem. Dann hielt er das Loch des Mundstückes mit dem Finger zu und ließ, gerade nach ihren Köpfen zielend, den Strahl mit verdoppelter Schärfe auf sie los.
Da war jeder Widerstand unmöglich, und es gab nur eins, was die Kosaken tun konnten. Sie warfen sich, mit den Gesichtern der Erde zugekehrt, auf den Boden nieder und ließen die Flut in scheinbarer Geduld über sich ergehen.
Aber diese Ergebung war eben nur eine scheinbare, wie sich bald zeigen sollte. Als der Bauer nämlich glaubte, dieselben sattsam gekühlt zu haben, und soeben den Finger wieder vor die Öffnung hielt, da er es nicht riskieren konnte, ganz zuzuschrauben und den Schlauch wegzulegen, sprang plötzlich der Wachtmeister vom Boden auf, und seine beiden Kameraden folgten ihm mit erhobenen Fäusten, um auf Dobronitsch einzuschlagen.
Da nahm er wieder den Finger von der Öffnung weg, und nun wurden die drei von dem abermals auf sie eindringenden Strahl förmlich zurückgeschleudert. Sie schnappten laut nach Atem und warfen sich zur Erde nieder. Jetzt erst schloß der Bauer das Ventil.
Nun schritt Dobronitsch langsam nach der Stelle zu, wo die Kosaken lagen. Diese standen auf und sahen ihn mit wutblitzenden Augen an. Der Wachtmeister aber sagte:
„Peter Dobronitsch, das werde ich dir gedenken! Meinst du etwa, wir wüßten es nicht, daß du stets ein Beschützer der ‚armen Leute‘ gewesen bist? Wo kommen die Speisen, die Getränke und der Tabak hin, die du dort an der Ecke auf das Fenster setzt, wenn es Nacht geworden ist?“
„Das stelle ich hin, damit es kühl bleibt. Des Morgens nehme ich es wieder weg.“
„So, so! Leere Ausflüchte! Wir wissen gar wohl, daß du den ‚Engel der Verbannten‘ kennst. Nimm dich in acht!“
Da zog der Bauer die Brauen finster zusammen und antwortete drohend:
„Höre, Wachtmeister, in diesem Ton lasse ich nicht mit mir reden! Ich heiße Peter Dobronitsch, und kein Mensch hat bisher vermocht, mir eine Gesetzeswidrigkeit nachzuweisen. Wenn du höflich bist, so will ich dich nicht hindern, bist du aber unhöflich, so hast du bei mir hier nichts zu suchen. Das merke dir! Und jetzt habe ich keine Zeit mehr für euch. Macht, daß ihr fortkommt!“
„Oho! So schnell geht das nicht!“
„Schneller vielleicht, als du denkst!“
„Ich habe dich um Pferde zu bitten.“
„Wozu?“
„Die unsrigen sind fort. Wir müssen sie wieder einfangen, wenigstens zwei von ihnen, denn das dritte hat Boroda jedenfalls gestohlen. Du wirst uns also augenblicklich drei gesattelte Pferde geben.“
Der Wachtmeister sagte das in einem befehlenden, sehr selbstbewußten Ton. Der Bauer aber antwortete ruhig:
„Nein, die werde ich euch nicht geben. Also fort mit euch, und zwar augenblicklich.“
„Fällt uns nicht ein!“
„Wollen sehen! Paßt auf, wie ihr sogleich davonlaufen werdet!“
Dobronitsch sprang schnell um sechs, sieben Schritte zurück nach dem Brunnen, drehte den Hahn des Rohres auf und richtete den Schlauch auf den Wachtmeister. Im nächsten Moment schoß ein gewaltiger Strahl mit mehr als dreifacher Manneskraft auf die Kosaken. Sie taumelten, wollten sich halten, rissen sich aber nieder, sprangen wieder auf, stolperten und stürzten abermals übereinander weg. Sie schrien, brüllten, fluchten und randalierten dabei in einer Weise, daß die Frauen aus der Tür gesprungen kamen.
„Laßt sie nicht ins Haus!“ gebot der Bauer ihnen und hielt den Strahl so lange auf die drei gerichtet, bis dieser sie nicht mehr zu erreichen vermochte. Nun erst blieben sie stehen, und der Wachtmeister erhob drohend die Faust und rief:
„Merke dir das, Hund! Wir werden dich noch weit mehr einweichen als du jetzt uns!“
Der Bauer wich nicht von dem Spritzenschlauch, um die ungebetenen Gäste gleich wieder empfangen zu können, falls es ihnen je einfallen sollte, zurückzukehren. Aber sie gingen jetzt räsonierend und oft nach dem Haus zurückblickend davon, bis sie hinter einem Buschwerk verschwanden.
Nun erst verließ der Bauer den Brunnen und schritt nach dem Haus, wo an der Tür noch immer seine Frau und Tochter standen, nachdem die Mägde bereits wieder nach der Küche gegangen waren.
Die Frau war eine behäbige Gestalt mit freundlichem Gesicht und mildem Blick. Es war ihr leicht anzusehen, daß es ihr, wie man zu sagen pflegt, nicht möglich sei, ein Wässerlein zu trüben.
„Aber, Väterchen, bist du nicht zu streng mit ihnen gewesen?“ fragte sie.
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