Geht Same, der auf Felsen fiel,

Doch nach Jahrzehnten noch mit grünem Ausschlag auf!

TORRIGIANO.

Da kommt er mir entgegen! Ists der alte Traum?

MICHELANGELO.

Die Hand her, Torrigiano! Warum so erstaunt?

Ists unerhört, daß der, den wir zumeist verfolgen,

Am Ende unser Nachbar wird und Hausgenoß?

Als dich dein König aus der Themse ziehen ließ,

Und du ihm halb ertrunken über dein Geschick

Die Auskunft weigern wolltest –

TORRIGIANO.

Künstler suchte er.

Er ließ sie nirgends untergehn. Er war ein Mensch.

MICHELANGELO.

Auch damals noch in England war ichs selbst – genug!

Ich triebs zu weit! Ich seh es ein. Doch dafür reizts

Mich nun, dich deshalb grad zu schützen, weil ich weiß,

Wie Rom dann an dir in die Höhe kläffen wird.

TORRIGIANO stößt Michelangelos Hand zurück.

Ein schlechter Spaß? Denk an Florenz! Ich bin der Mann

Nicht, der sich foppen läßt, und dächt, das wüßtest du!

MICHELANGELO.

Und wenn ichs weiß!

TORRIGIANO.

Du mußt gestehn, ich hab ein Recht,

Dir zu mißtraun!

MICHELANGELO.

Wenn du an dir hinunterschaust:

Die Vogelscheuchen, die verfolgt man nicht!

TORRIGIANO.

Es gibt

Ein ätzend Wort. Das dachte ich dir ins Gesicht

Zu schleudern und zu gehn. Gewissen heißt das Wort!

MICHELANGELO.

Nichts mehr davon!

TORRIGIANO.

Dann nur noch eins, auf Mannestreu:

Da ist ein Hitzkopf, der Cellini heißt, statt Blut

Veltliner in den Adern hat. Manchmal soll er

Dir näher als dein Schatten sein. Hast du bedacht,

Was der zu deinem neuen Schützling sagen wird?

MICHELANGELO.

Ich nenn ihn meinen Schwarmgeist, meinen Jugendbold!

Ich weiß: Er ist das Haupt der Eifrer gegen dich.

Es soll ihm eine Lehre werden. Unbesorgt!

Gerade der wird dann ein Werkzeug für dich sein!

TORRIGIANO.

So nehm ich beide Hände, Michelangelo!

Für jetzt nur das!

 

Händedruck.

 

Denn stottern will ich nicht, und noch

Klemmts mir die Brust zu sehr. Hast du mich vor den Papst

Geführt und ist das Pergament zerrissen, das

Mich in den Bann tat, so wirds anders sein.

MICHELANGELO.

Ich zieh

Mein andres Kleid an und wir gehn.

 

Ab.

 

TORRIGIANO allein.

S'ist lächerlich!

Das war mein Plan: Von hier zum Papst, vom Papst hernach

Zum Advokaten, und von dem ins Wasser, um

Die Leichenfleddrer nicht zu foppen. O ich Tor!

Ich glaubte, die drei letzten Nägel fehlten nur,

Den Sarg in meiner Brust ganz zuzuschließen, der

Mein Lebensgut enthält, und nun geschieht es mir,

Daß ihn ein Seufzer sprengt und in die Sonne wirft!

MICHELANGELO kommt umgekleidet zurück.

Beim Papste hab ich stete Audienz. S' ist nur

Die Formel der Begnadigung, was warten läßt.

Solange bleibst du noch versteckt. Du wirst mir bei

Enthüllung der Sixtina dann zur Seite stehn.

TORRIGIANO.

Ob meines Anzugs sorg ich nur! Er bricht wie Zunder!

 

 

Zweiter Auftritt

MICHELANGELO.

Was ist das für ein Jasten draußen und Gegröhl

Der Gassenjungen? Zwischendrin ein Schwein! Und jetzt

Evivarufe vor der Tür? Vom Fenster weg

Du mit dem Ferkel dort! Gibts keinen Fremden mehr,

Der einen Batzen für euch in die Tiber wirft?

Dann spült euch dort den Schmutz ab, statt euch hier zu räkeln.

Cellini ists. Ich kenn ihn an der Stimme. Wohl

Klingt sie und golden.

CELLINI mit einem Schwarm von Pilgern auftretend.

Hier herein müßt ihr, ihr Herrn!

Doch erst das staubige Lederzeug vorn Fuß gestreift,

Den Stock ins Eck gestellt, und das Barett, wers trägt,

Vom Kopf genommen! Nicht nur in Jerusalem

Gibts Boden, drauf der Fuß mehr brennt, wenn Sohlen drunter!

MICHELANGELO.

Habt aber acht! Am Boden hier klebt Material

Zu einem Regenbogen!

CELLINI winkt seinen Begleitern ab.

Michelangelo,

Es ist ein Schwarm Scholasten, Edler und Studenten.

Der eine kommt von Franzland her, der andre hoch

Vom Pol. Der dritte hat –

MICHELANGELO.

Was führt sie her? Will zu

Carrara man im Steinbruch nützlich sein – Zuviel

Der Ehr, doch schlag ich ein: Um Himmelfahrt fängt dort

Die Arbeit wieder an. Wenn nicht – so schick sie fort!

Denn andres stört mich heut.

ERSTER STUDENT.

Kumpan, der also dort

Mit der Malaienfratze ist Buonarotti?

CELLINI zurücksprechend.

Schwarzgallig ist er immer, wenn das Wetter trüb.

ZWEITER STUDENT.

Sieh dir die Nase an: Wie sie sich erst verwirrt,

Die Richtung auszufinden und dann doch rechts schwenkt!

CELLINI zu Michelangelo.

Die Alpenwand vermochte nicht mehr deinen Ruf

Zu stauen. Schäumend brandete er drüber weg.

Das zog sie her. Und so ertrugen sie zu fünft

Den Kropf der Lombardei, zu zehnen in Florenz

Den Sonnenstich, um endlich drüben vor dem Dom

Nach deiner Werkstatt umzuirrn wie am Plafond

Das Mückenhäuflein irrt, wenn man das Licht wegschob.

MICHELANGELO.

Und nun?

CELLINI.

Frohlockt Cellini, daß er seinerseits

Auch Michelangelo einmal gefesselt hält.

Gemach! Ich hatte eben eine Rauferei

Mit dem Orsini, der mir spöttisch neuerdings

Von Torrigianos Gegenwart im hiesigen Rom

Zu wissen tun versuchte.

 

Michelangelo hält den Torrigiano zurück.

 

Blutige Köpfe gabs.

Da wollte ich mich erst verschnaufen, eh ich kam,

Damit du nichts zu schelten hättst und machte mich

An diese wackren Leute ran. »Ei«, denk ich, »das

Geschwätz hat sicher ihn auch schon erreicht. Du nimmst

Sie mit –

MICHELANGELO.

und?

CELLINI leidenschaftlich.

läßt sie

 

Die andern stimmen ein.

 

huldigen!«

MICHELANGELO abweisend.

Dem Papst, nicht mir!

Er nennt sich Stellvertreter Gottes und beweists.

Vor ihm kniet hin! Dem Papste schwenkt das Weihrauchfaß!

Vor meiner Kunst steht aufrecht, oder ihr seid Lumpe!

CELLINI.

Das mir?

 

Zu den Begleitern.

 

Erwartet mich!

MICHELANGELO.

Du treibst es mir zu toll.

Als du für diesen Madensack, der Angelo

Buonarotti heißt, ausbrachst in heiliger

Verehrung – denn das wars – ich sagte nichts dazu,

Daß du allmählich ganz, im Tonfall deiner Stimme,

In deiner Geste und der Art zu lachen dich

Als meinen unbewußten Doppelgänger zeigtest.

Die Jugend, dacht ich mir, sie braucht stets ein Zuviel,

Wenn sie nicht viel zu wenig haben soll. Ich lachte,

Wenn man dich Henker schmähte weil du jedermanns

Barett vom Kopfe schlugst, der in den Weg uns lief

Und zog es nicht. Erst als sogar der Papst mich schalt,

Ich halte teuflisch dich besessen und verwirrt,

Da machte ich dich allerorten lächerlich,

Und ich erzählte, wie du mir ein schmutzig Hemd

Einmal vom Spinde stahlst, um eine Nacht darin

Geträumt zu haben; wie du eines Feiertags

Mir einen Sessel brachtest, Blumen eingestickt,

Wo sich das Steißbein reibt.

CELLINI zurückspringend.

Du bist mir höchst verhaßt

In diesem Augenblick!

MICHELANGELO.

Wohl! Eine Zeitlang hieltst

Du Maß. Dann aber wurde Götzendienerei

Aus der Verehrung und am Ende Tyrannei.

CELLINI zu Torrigiano.

Ihr hörts! Es war sein Fehler immer, daß es ihm

An Selbstgefühl gebrach. Er geht noch dran zugrund.

Er fühlt sich nicht und so verliert er sich im Dunst!

MICHELANGELO.

Solang du nur den Hof- und Etikettenmeister

Nun an mir spieltest, sah ich dir, belustigt fast,

Aufs neue zu.