Ich bin bereit, das Nähere –
DER PAPST zu Torrigiano.
Der Torrigiano trete vor! Wie heißest du?
Gib auch Gewerbe, Alter und die Herkunft an!
TORRIGIANO.
Pietro Torrigiano heiße ich und bin
Bildhauer von Beruf. Nach meinem Alter muß
Man mich nicht fragen; denn das Rechnen kann ich nicht,
Und das Gedächtnis hat gelitten. Doch das weiß
Ich noch, daß meine Wiege auch die Krone trug
Und nicht zuletzt: Ich bin ein Florentiner.
DER PAPST.
Du
Bist peinlich angeklagt.
TORRIGIANO.
Ich bin bereit, mich zu
Verantworten.
MICHELANGELO.
Wenns not tut, so verteidige
Ich ihn.
DER PAPST.
Von mir aus ists erlaubt. Er ist ja nicht
Mehr vogelfrei. Er steht als römischer Bürger hier.
CELLINI.
Auch mir ists einerlei. Formalitäten weg!
Fürs Erste hat besagter Torrigiano sich
Als Rohling an dem Künstler Michelangelo
Buonarotti, den der Papst aus eigenem
Verkehre kennt, vergangen, und fürs Zweite hat
Er ein Marienbild in Spanien geschändet.
Er wird sich schwerlich unterfangen, seine Schuld
Mir abzuleugnen.
TORRIGIANO.
Um Gehör! Es würde sonst
Durch ein Versäumnis meinerseits das Rechtsverfahrn
Gefährdet. Ich besitze einen Schutzbrief,
Er zieht ihn hervor.
den
Mir Englands König gab, als ich vor Monaten
Hierher mich wandte.
MICHELANGELO greift darnach.
Diesen Brief – –
TORRIGIANO.
Zerreiße ich!
Aufsehen.
DER PAPST.
Das gibt zu denken,
Zu Cellini.
Doch fahr fort! Zu welcher Zeit
Verübte er, weß du ihn schuldig hältst? Sodann:
Was hat ein roh Vergehn an einem Malersmann
Mit Gotteslästerung zu tun? Mir scheint, du bringst
Uns nur verwirrtes Zeug hier vor.
CELLINI.
Was kümmert mich
Die Zeit! Obs sieben oder siebzig Jahre sind,
Seitdem geschah, was hier verurteilt werden muß,
Ist gänzlich einerlei.
DER PAPST.
Gut! Du willst sagen, daß
Das Außerordentliche nicht verjährt. Wie stehts
Nun mit der ersten Lästerung?
CELLINI.
Man überführ
Ihn erst der zweiten! Flieht er doch schon seit dem Tod
Des Cäsar Borgia vorm Gericht! In Spanien
Hat er ein Marmorbild Mariens, an der Wand
Zerschmissen, daß die Stücke sprühten, und verrucht
Die Stücke noch zu Staub zertreten, sage ich.
Die Zeugen –
Zwei Männer in fremder Tracht treten vor.
DER PAPST zu Torrigiano.
Antwort!
TORRIGIANO.
Es bedarf der Zeugen nicht!
Ich habs getan, doch wars mein eigen Werk. Man bot
Mir einen Schandpreis, weil ich Flüchtling war, und ich
Zerschlugs.
MICHELANGELO.
Ich kanns bestätigen. Auch hätt ichs selbst
Getan.
DER PAPST.
Gleichviel! Man nahm ein Ärgernis daran,
Der Mann beweists. Die Frage drängt sich vor, wieweit
Und ob man vom Beklagten sich der Ketzerei
Versehen muß!
Sieht sich nach den Schöffen um, die nicken.
MICHELANGELO halb für sich.
Jetzt, Torrigiano, ists um dich
Geschehn.
DER PAPST fortfahrend.
Da mein ich denn, ist es von Wichtigkeit,
Daß jener Schutzbrief, den er vorhin noch zerriß,
Von einem Ketzerkönig stammte.
MICHELANGELO nur halb unterdrückt.
Heuchelei!
DER PAPST.
Ich komme auf die Muttergottesschändung noch
Zurück! Jetzt zu der andern Freveltat,
Zu Cellini.
Wie machst
Du sie plausibel? Wie und wo ward sie verübt?
CELLINI.
Zuerst das Letztere. Die Tat als solche ist
Mein Haupt- und Kardinalpunkt der Beschuldigung.
Sie ist bekannt von einem Pol zum anderen.
Daß ich es bin, den das Geschick erkoren hat,
Im Angesichte einer ganz verrohten Zeit
Hier vor dem Papst nichts weniger als Blutesbuße
Durchs Rad dafür zu fordern, darauf bin ich stolz;
Wenns mich auch schmerzen muß, so lächerlich verkehrt
Gerade den, um dessentwillen ich hier stehe,
Auf seilen seines Feindes als Verteidiger
Zu sehn. Doch habt Geduld und ich erklär es euch. –
Derselbe Torrigiano, der sich später auch
Am Muttergottesbild vergriff, hat zu Florenz,
Das Werkzeug war die Faust, dem Michelangelo
Buonarotti so das Nasenbein zerschlagen,
Wie man zum Trum entstellt, es heut noch sehen kann.
Man drängt sich neugierig hinzu.
DER PAPST.
Wenns ans Zertrümmern geht, dann scheinst du groß zu sein!
MICHELANGELO.
Verfluchtes Pack!
CELLINI.
Wie das mit Gotteslästerung
Zusammenhängt?
DER PAPST.
Du hast schon Recht, mein Sohn; denn ich
Errate dich!
CELLINI.
Muß ich das Fundament aufgraben,
Das uns zusammenhält? Der Papst ist, denke ich,
Der Stellvertreter Gottes; sein Gesetz die Kirche,
Die Sitte uns und Recht bedeutet, Ordnung und
Vernunft.
DER PAPST tückisch.
Was du da sagst, ist tief gedacht, doch sprich
Nur zu!
CELLINI.
Wer leugnet nun, daß eine Kunst, die längst
Der Papst in seinen Dienst gestellt hat, unfehlbar
Auch dessen würdig war, somit ihr Schöpfer aber
Als eine heilige Person dastand? Ich weiß,
Er wills nicht sein. Drum eben sieht man ihn statt hier
Beim Gegner stehen.
DER PAPST.
Daß man auch in diesem Fall
Nach Gotteslästrung untersuchen muß, steht fest.
Nun kommts auch hier auf die Gesinnung an, in der
Er handelte. Es ist ein Unterschied, ob er
Dabei als Wüstling oder Ketzer sich entpuppt.
MICHELANGELO.
Was jetzt hier vorgeht, ist so unerhört, als wenn
Ein Faun mit der Gerechtigkeit in Beischlaf läg!
DER PAPST zu Torrigiano.
Zunächst: Hast dus getan?
MICHELANGELO.
Ja wohl.
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