Das Wasser hab ich intus; nehme ich
nun auch noch gleich den Kaffee, so gibt das zuviel Flüssigkeit,
nutzlose Magenerweiterung, also so gut wie Schwächung. Und
man braucht seine Kräfte, oder, sagen wir, das Vaterland
braucht sie.«
»Du meinst also...«
»Ich möchte mir zu meinen erlauben: Umkehr der Wissenschaft;
erst Imbiß, dann Kaffee. Denn wenn mein Durst groß
war, mein Hunger kommt gleich danach. In sieben Stunden...«
»Das hast du ja schon gesagt.«
»Ja, Wahrheiten drängen sich immer wieder auf. Nun sagt,
was habt ihr?«
»Eine Ente.«
»Kapital.«
»Aber sie hängt noch oben am Bodenfenster und ist auch
noch alles dran und drin. Also eine Sache von zwei Stunden...«
»Etwas lange.«
»... Doch ich glaube, ich weiß Rat. Wir nehmen die
Leber heraus, und in einer Viertelstunde hast du sie gebraten
auf dem Teller. Willst du sie mit Apfel oder Zwiebel?«
»Mit beidem. Nur nichts ablehnen, wenn es der Anstand nicht
absolut erfordert.«
»Du kennst also doch Fälle«, sagte Therese.
»Natürlich kenn ich Fälle, natürlich. Aber
nun sage mir, liebe Alte, wie geht es dir eigentlich? Immer noch
Schmerzen hierherum?«
»Ja, Leo, jede Nacht.«
»Weiß der Himmel, daß die Doktors auch gar nichts
können. Sieh hier meinen Zeigefinger, neulich umgeknickt,
das heißt, 's ist schon ein Vierteljahr, und immer dieselbe
Schwäche. Vielleicht muß ich den Abschied nehmen.«
»Ach, rede doch nicht so«, unterbrach Therese. »Die
Poggenpuhls nehmen nicht den Abschied.«
»Dann kriegen sie ihn.«
»Sie kriegen ihn auch nicht. Der da« (und sie wies auf
den »Hochkircher«) »ist unvergessen und der Sohrsche
auch und Papa auch. Der Kaiser weiß, was er an uns hat.«
»Ja, Therese, was hat er an uns?«
»Er hat unsre Gesinnung und die Gewißheit der Treue
bis auf den letzten Blutstropfen.«
»Nun ja, ja, das hat er... Aber sage, Mutter, hast du denn
schon böten lassen?«
»Böten?«
»Ja, böten. Böten ist pusten und besprechen oder
so was wie mit Sympathie. Das hilft immer. Wir haben da eine alte
Pohlsche, sowie die lospustet, ist es weg... Apropos, ist denn
noch Weihnachtsmarkt?«
»Ich glaube, er ist noch oder wenigstens ein bißchen.«
»Ein paar Buden werden ja wohl noch stehen, und da müssen wir hin, Kinder.
>Herr Jraf, einen Dreier
»Oh, das ist ein glücklicher Einfall«, sagte Manon.
»Nicht wahr, Sophie? Du bist so still; sprich doch auch...
Für Therese wird es wohl nicht passen, sie wird die Reichshallen
nicht vornehm genug finden. Aber zwei Schwestern ist auch genug,
und ich freue mich herzlich. Nur mußt du's so einrichten,
daß wir etwa um neun bei Bartensteins sind oder doch nicht
viel später. Ja, Leo, bis in die Voßstraße mußt
du uns dann bringen.«
»Gern. Aber wozu? Was ist denn da los?«
»Polterabendprobe. Seraphine Schweriner, eine Cousine von
Flora, verheiratet sich in vierzehn Tagen, und da haben wir seit
Weihnachten immer Proben. Ich spiele mit, sogar zweimal, erst
Quirlmädchen, dann Slowake mit Mausefallen. Ich soll reizend
aussehen.«
»Natürlich.«
»Und Sophie hat ein Transparent gemalt und den Prolog gedichtet.
Aber sie will ihn nicht sprechen.«
»Das mußt du dann am Ende auch noch.«
»Vielleicht; aber jedenfalls nicht gern. Prolog ist immer
zu langweilig. Jeder ist immer froh, wenn es damit vorbei ist.
Aber ob ja oder nein, davon sprechen wir unterwegs, vorausgesetzt,
daß sich unterwegs überhaupt ein Gespräch führen
läßt.
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