»He… he… die machen sich über uns noch lustig! sagt Pinchinat.
– Das scheint mir auch so!« stimmt ihm Yvernes bei.
So verrinnt eine Stunde – eine Stunde, aber alle Rufe nach unten bleiben nutzlos. Die dringlichen Bitten Frascolin’s haben eben so wenig Erfolg, wie das Schmähen und Schelten Sebastian Zorn’s. Die Zeit zum Essen rückt immer näher, der Park wird von Spaziergängern, die Straße von müßigen Flaneuren immer leerer. Es ist zum toll werden!
»Wir gleichen ohne Zweifel, sagt Yvernes, romantischen Erinnerungen nachhängend, jenen profanen Gästen, die ein böser Geist an einen geheiligten Ort verlockt hat, und die nun den Tod erleiden müssen, weil sie etwas gesehen hatten, was ihre Augen nicht sehen durften…
– Und hier läßt man uns den Qualen des Hungers erliegen!
seufzt Pinchinat.
– Nicht ohne daß wir alles mögliche versucht haben werden, um unsre Existenz zu verlängern! erklärt Sebastian Zorn.
– Und wenn wir gezwungen sind, einer den andern aufzuzehren, dann kommt Yvernes zuerst an die Reihe! sagt Pinchinat.
– Wie es Euch beliebt!« stöhnt die erste Geige mit schwacher Stimme und senkt schon den Kopf, um den Todesstreich zu empfangen.
Da dringt vom Thurme unten ein Geräusch heraus. Der Fahrstuhl gleitet nach oben und hält im Niveau der Plattform an. Bei dem Gedanken, Calistus Munbar wieder auftauchen zu sehen, bereiten sich die Gefangnen schon, ihn nach Gebühr zu empfangen…
Der Fahrstuhl ist leer.
Gut, so ist die Sache aufgeschoben; die Gefoppten werden den saubern Herrn schon finden. Jetzt gilts nur, eiligst nach der Erde hinab zu gelangen, und das einzige Mittel dazu ist, im Fahrstuhl Platz zu nehmen.
Das geschieht denn auch sofort. Sobald der Violoncellist nebst Genossen sich in dem Behälter befinden, setzt dieser sich in Bewegung und langt binnen kaum einer Minute unten im Thurme an.
»Und nun, ruft Pinchinat mit dem Fuße stampfend, befinden wir uns nicht einmal auf natürlichem Boden!« (Im Original ein Wortspiel da »sol« ebenso Boden, Erdboden heißt, wie es das
»G« der Tonleiter bezeichnet.)
Für derartige Kalauer war der Zeitpunkt freilich schlecht gewählt. Es erfolgt auch keine Antwort darauf. Die Thür ist offen. Alle vier treten hinaus. Der innere Hof ist menschenleer.
Sie schreiten darüber hin und folgen einer Alleestraße.
Einzelne Personen kommen an den Fremdlingen vorüber, ohne diesen irgendwelche Beachtung zu schenken. Auf eine Bemerkung Frascolin’s, der vor allem Klugheit empfahl, muß Sebastian Zorn auf alles Schimpfen und Wettern verzichten.
Bei den Behörden nur wollen sie Gerechtigkeit sachen. Das läuft ihnen ja nicht davon. Man beschließt also, erst nach dem Excelsior-Hôtel zu gehen und da den nächsten Morgen abzuwarten, um dann in der Eigenschaft als freie Männer seine Rechte geltend zu machen. Das Quartett wandert also die Erste Avenue hinauf.
Haben unsre Pariser denn das Privilegium, die öffentliche Aufmerksamkeit zu erwecken?… Ja und nein. Man sieht sie wohl an, doch nicht in auffallender Weise, höchstens so, als gehörten sie zu den seltenen Touristen, die Milliard-City zuweilen besuchen.
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