– Na, so wollen wir Pinchinat’s Idee einmal hören, sagt Frascolin.
– Ich möchte nämlich vorschlagen, Ihren Majestäten, aber auch ihnen ganz allein, ein Concert in ihrem Salon zu geben und dabei die besten Stücke unsers Repertoires vorzutragen.
– Alle Achtung! ruft Sebastian Zorn, weißt Du, daß das gar kein schlechter Gedanke ist?
– Sapperment, von solchen Gedanken habe ich noch den ganzen Kopf voll, und wenn ich den einmal schüttle…
– Da klingt es wie ein Hagelschauer! fällt Yvernes ein.
– Lieber Pinchinat, nimmt Frascolin wieder das Wort, beschränken wir uns für heute auf Deinen Vorschlag. Ich bin fest überzeugt, daß wir dem guten Könige und der guten Königin ein großes Vergnügen bereiten werden.
– Morgen ersuchen wir schriftlich um eine Audienz, meint Sebastian Zorn.
– Nein, noch besser, sagt Pinchinat. Gleich heute Abend stellen wir uns vor der Königin Wohnung mit unsern Instrumenten ein, wie ein Musikcorps, das ein Morgenständchen bringen will…
– Du willst sagen, eine Serenade, verbessert ihn Yvernes, da es ja spät Abends sein wird…
– Meinetwegen, Du strenge, aber gerechte erste Geige! Doch streiten wir uns nicht um Worte. Ist die Sache abgemacht?
– Abgemacht und besiegelt!«
Ja, sie haben da wirklich eine gute Idee. Gewiß wird der musikliebende König die zarte Aufmerksamkeit der französischen Künstler verstehen und sich glücklich schätzen, sie zu hören.
Mit Eintritt der Dämmerung verläßt also das Quartett, seine Instrumente mitnehmend, das Casino und begiebt sich nach der am Ende der Steuerbordhälfte gelegnen Neununddreißigsten Avenue.
Es ist eine recht einfache Wohnung mit einem kleinen, von grünendem Rasen geschmückten Hofe davor. Das Gebäude besteht nur aus dem Erdgeschoß, zu dem eine Rampe hinausführt, und einem Stockwerk nebst Mansardendach. Links und rechts beschat ten zwei prächtige Nußbäume den zweifachen Fußweg, der zum Garten führt. Unter dem Laubdach dieses nur zweihundert Quadratmeter großen Gartens dehnt sich ein zarter Rasenteppich aus. Mit den Hôtels der Coverley’s, Tankerdon’s und andrer Notabeln läßt sich dieses Häuschen natürlich nicht vergleichen. Es ist die Zufluchtsstätte eines Weisen, der in seiner eignen Welt lebt, eines Gelehrten, eines Philosophen. Abdolonyme hätte sich, als er vom Throne der Könige von Sidon herabstieg, wohl auch damit begnügt.
Der König von Malecarlieu hat als einzigen Castellan seinen Kammerdiener, und die Königin als Ehrendame ihre Kammerfrau. Rechnet man hierzu noch eine amerikanische Köchin, so hat man das ganze Personal der abgesetzten Herrscher, die sich früher mit den Kaisern der Alten Welt
»Herr Bruder« nannten.
Frascolin drückt auf einen elektrischen Knopf. Der Kammerdiener öffnet das Gitterthor.
Frascolin meldet, daß er und seine Kameraden, französische Künstler, den Wunsch hegten, Seiner Majestät ihre Ehrenbezeugung darzubringen, und um die Gunst bäten, empfangen zu werden.
Der Diener ersucht sie, einzutreten, und sie bleiben auf der Rampe stehen.
Fast augenblicklich kommt der Mann zurück mit der Meldung, daß der König sie mit Vergnügen empfangen werde.
Man führt sie nach dem Vestibule, wo sie ihre Instrumente niederlegen, und dann nach einem Salon, in den auch Ihre Majestäten sofort eintreten.
Das war das ganze Ceremoniell des Empfangs.
Voller Respect vor dem Könige und der Königin haben die Künstler sich verneigt. Die sehr einfach in dunkle Stoffe gekleidete Königin trägt als Kopfschmuck nur ihr reiches Haar, dessen graue Locken ihrem etwas bleichen Gesichte und halbverschleierten Blicke einen ganz besondern Reiz verleihen.
Sie nimmt auf einem Fauteuil neben dem Fenster Platz, das nach dem Garten hinausgeht.
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