Viti-Levu hat, ebenso wie die andern Inseln des Archipels, ein recht ungleichmäßiges Klima, und die Vegetation wechselt von einer Küste zur andern. An der dem Südostpassat ausgesetzten Seite ist die Luft sehr feucht und der Boden mit prächtigen Wäldern bedeckt, auf der andern Seite findet man ausgedehnte, zur Cultur geeignete Savannen.
Verschiedne Baumarten scheinen im Aussterben begriffen, darunter der schon fast ganz verschwundne Santelholzbaum und der Dakua, die den Fidschis eigenthümliche Fichte.
Bei seinen Streifereien überzeugt sich das Quartett jedoch, daß die Flora der Insel von tropischer Ueppigkeit ist. Ueberall erheben sich Wälder von Cocos- und von andern Palmen, an deren Stämmen sich farbenprächtige Orchideen hinaufwinden, oder dichte Gehölze – von Casuarineen, Pandanusarten, Baumfarrn, und in mehr sumpfiger Gegend große Mengen von Wurzelträgern, deren Wurzeln sich über den Erdboden ausbreiten und verschlingen. Baumwoll- und Theepflanzungen haben jedoch nicht die Ergebnisse geliefert, die man nach dem Klima hier hätte erwarten dürfen. Der Boden von Viti-Levu, wie überhaupt auf der ganzen Gruppe, besteht aus gelblichem Thon, ursprünglich aus vulcanischer Asche, die sich nur nach und nach zu fruchtbarer Erde umgesetzt hat.
Die Fauna ist ebenso formenarm wie fast überall im Stillen Ocean; sie enthält nur etwa vierzig Arten von Vögeln, Papageien und acclimatisierte Zeisige, Fledermäuse, ferner Ratten zu Legionen, nichtgiftige Reptilien, die von den Eingebornen sehr gern gegessen werden, Eidechsen, daß man sich vor ihnen kaum retten kann, und widerwärtige Schaben von greulicher Gefräßigkeit. Raubthiere dagegen gibt es nicht, was Pinchinat veranlaßt, sich wieder einmal in gewohnten Spottreden zu ergehen.
»Unser Gouverneur, Cyrus Bikerstaff, hätte einige Paare Löwen, Tiger, Panther, Krokodile und ähnliches Gelichter aufheben und sie hier auf Fidschi in Freiheit setzen sollen…
das wäre doch nur eine Wiedererstattung, da sie ja ursprünglich England gehörten.«
Die Eingebornen, eine Mischung von Polynesiern und Melanesiern, zeigen noch einen ziemlich hübschen Typus, wenn sie den Bewohnern von Samoa und der Marquisen auch nachstehen. Die großen, kräftigen Männer, unter denen es übrigens viele Mestizen giebt, haben dunkelkupferfarbenen, fast schwarzen Teint und krauses, dickes Wollhaar. Ihre Bekleidung läßt viel zu wünschen übrig und besteht meist aus einem einfachen Schurz oder einer Decke, die aus einheimischem Stoffe, dem »Masi«, hergestellt ist, den man aus einer Art Maulbeerbaum – welcher auch das Papier liefert
– zu gewinnen versteht. Zuerst ist dieser Stoff blendend weiß; die Leute verstehen ihn aber zu färben und streifig zu machen und versenden viel davon nach allen Inselgruppen des östlichen Großen Oceans. Die Männer tragen jedoch auch gern alte Sachen aus Europa, die von den Trödlermärkten Deutschlands oder des Vereinigten Königreichs herstammen. Es macht dann einen höchst lächerlichen Eindruck, die Eingebornen in unförmiger Hofe, abgeschabtem Ueberzieher oder auch in einem schwarzen Gehrock einherstolzieren zu sehen, der, zerrissen und abgetragen, sich schließlich auf den Rücken eines Stutzers von Viti-Levu verirrt hat.
»Aus einem solchen Rocke könnte man einen ganzen Roman machen, bemerkt Yvernes.
– Ja, einen Roman, der damit endete, daß jener zu einer Weste würde!« antwortet Pinchinat.
Die Frauen kleiden sich – trotz wesleyanischer Predigten –
mehr oder weniger decent mit einem Röckchen und einem Caraco aus Masi. Ziemlich gut gewachsen, können sie, wenigstens so lange sie der Reiz der Jugend schmückt, sogar für hübsch gelten. Nur haben sie die abscheuliche Gewohnheit
– ganz wie die Männer – das reiche schwarze Haar so stark mit Kalk einzupudern, daß dieser eine wirkliche Mütze bildet, die sie ihrer Meinung nach mehr vor den glühenden Sonnenstrahlen schützt. Ferner rauchen sie wie ihre Gatten und Brüder einheimischen Tabak, der wie verbranntes Heu riecht, und wenn sie die Cigarette nicht zwischen den Lippen umher wälzen, wird diese durch das Ohrläppchen ganz in derselben Weise gesteckt, wie man in Europa Perlen- und Diamantengehänge trägt.
Im allgemeinen sind die Frauen nicht besser daran, als Sclavinnen. Sie müssen die schwersten Arbeiten verrichten, und die Zeit liegt noch nicht fern, wo man sie, nachdem sie sich für ihre Eheherrn abgeplagt hatten, auf deren Grabe einfach erwürgte.
Im Laufe der drei Tage, die unsre Touristen zu Ausflügen in die Nachbarschaft von Suva benützten, versuchten sie mehrmals, auch in Hütten der Eingebornen einzudringen. Das war ihnen aber unmöglich, nicht etwa wegen der Ungastlichkeit der Insassen, sondern wegen des widerlichen Gestanks, der darin herrschte. Die Leute salben sich über und über mit Cocosöl ein, leben mit ihren Schweinen, Hunden und Katzen zusammen, hüllen sich in übelriechende Lumpen, beleuchten ihre Wohnungen durch Verbrennung von Dammanagummi, so daß ein Fremder fast erstickt… nein, in einer solchen Hütte war es nicht auszuhalten. Wer übrigens am häuslichen Herde eines Fidschiers Platz nahm, der muß auch, wenn er nicht einen argen Verstoß begehen will, seine Lippen mit dem ekelhaften Kava benetzen, einem Liqueur, den die Eingebornen über alles lieben. Ist dieser Kava, der aus gedörrten Wurzeln des Pfefferbaumes gewonnen wird, europäischen Lippen schon an und für sich zuwider, so wird er es noch mehr durch die Art seiner Zubereitung. Man weicht die pfefferige Masse nicht etwa ein, sondern kaut sie, zerreibt sie zwischen den Zähnen und spuckt sie schließlich in ein Gefäß mit Wasser aus. Dieses ekelhafte Gemisch wird dann jedem Gaste so eindringlich aufgenöthigt, daß man kaum abschlagen kann, es anzunehmen.
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