Zwei Stunden später suchten die von allen Seiten verfolgten Neu-Hebridier ihr Heil nur noch darin, daß sie sich ins Meer stürzten, um nach der Insel Sandwich zu gelangen, wobei noch viele von den Kugeln der Miliz ereilt wurden.

Jetzt hat Standard-Island nichts mehr zu fürchten: es ist gerettet vor der Plünderung, dem Gemetzel und der Vernichtung.

Man hätte doch erwarten sollen, daß der Ausgang dieser entsetzlichen Geschichte Anlaß zu öffentlichen Ausdrücken der Freude, zu wohlthätigen Handlungen geben müßte… Nein, diese Amerikaner sind nur sich selbst ähnlich! Es sah aus, als ob der endliche Ausgang sie gar nicht in Erstaunen setzte… als hätten sie den vorausgesehen. Und doch, es hing eigentlich nur an einem Haar, daß der Ueberfall des Kapitän Sarol zu einer entsetzlichen Katastrophe führte.

Jedenfalls darf man aber glauben, daß die Haupteigenthümer Standard-Islands sich wenigstens heimlich beglückwünschten, einen Werth von zwei Milliarden gerettet zu haben, und das in einem Augenblick, wo die Verehelichung Walter Tankerdon’s und der Miß Dy Coverley die Zukunft dieses Besitzthums noch mehr sichern sollte.

Beim ersten Wiedersehen der beiden Verlobten fielen sie sich ohne Scheu in die Arme. Uebrigens erkannte darin niemand einen Verstoß gegen die gute Sitte Eigentlich hätten sie ja seit vierundzwanzig Stunden schon Mann und Frau sein sollen.

Wo man aber kein Beispiel ultra-amerikanischer Zurückhaltung suchen durfte, das war bei dem Empfang, den die Pariser Künstler den Colonisten von der Insel Sandwich bereiteten. Da gab es einmal Händedrücke! Und welche Glückwünsche wurden dem Quartett von seinen Landsleuten zu Theil. Haben die Kugeln sie auch verschont, so hatten sie doch nicht minder tapfer ihre Pflicht gethan, die beiden Violinen, die Bratsche und das Violoncell! Der vortreffliche Athanase Dorémus war freilich im Saale des Casinos zurückgeblieben, weil er einen Schüler erwartete, der sich nun einmal darauf versteift, niemals zu erscheinen. Doch wer hätte das Männchen deshalb tadeln sollen?

Eine Ausnahme von dem allgemeinen Verhalten macht nur der Oberintendant. Ein so Ultra-Yankee er auch ist, kennt sein Jubel doch keine Grenzen. Was Wunder? In seinen Adern fließt ja das Blut des berühmten Barnum, und man wird es erklärlich finden, daß der Abkömmling eines solchen Vorfahren nicht so sui compos ist, wie seine Mitbürger von Nordamerika.

Nach Beendigung des Kampfes hat sich der König von Malecarlieu in Begleitung der Königin wieder nach seiner Wohnung in der Siebenunddreißigsten Avenue begeben, wo ihm der Rath der Notabeln den Dank darbringen wird, den sein Muth und seine Hingebung für das Allgemeine gewiß verdienen.

Standard-Island ist also heil und gesund. Seine Rettung kam ihm freilich theuer zu stehen… wurde doch Cyrus Bikerstaff zur Zeit des hitzigsten Gefechts getödtet, etwa sechzig Milizen und Seeleute von Kugeln und Pfeilen getroffen, und daneben fast noch ebenso viele von den Beamten, den Arbeitern und den Händlern, die sich alle mit Todesmuth geschlagen haben.

Die ganze Einwohnerschaft nimmt an der Trauer darum Antheil und auf dem Juwel des Stillen Oceans wird die Erinnerung an diese Tage niemals erlöschen.

Mit der ihnen eignen Schnelligkeit gehen die Milliardeser daran, alles wieder in Stand zu setzen. Nach Verlauf weniger Tage, die an der Insel Sandwich zugebracht werden, ist jede Spur von dem blutigen Kampf verschwunden.

Die Frage der militärischen Gewalt, die in der Hand des Commodore Simcoë bleibt, macht keine Schwierigkeit und wird von keiner Seite bestritten. Weder Jem Tankerdon noch Nat Coverley erheben einen diesbezüglichen Anspruch. Später soll eine allgemeine Wahl auch die Angelegenheit wegen eines neuen Gouverneurs für Standard-Island regeln.

Am nächsten Tage ruft eine ergreifende Feierlichkeit die ganze Einwohnerschaft nach dem Quai des Steuerbordhafens.

Die Leichen der Malayen und Eingebornen werden einfach ins Meer geworfen, dasselbe darf aber mit denen, die für die Vertheidigung Standard-Islands gefallen sind, natürlich nicht geschehen. Ihre sorgsam aufgehobnen Körper werden nach dem Tempel oder nach der Kathedrale geschafft, wo ihnen die letzten Ehren erwiesen werden. Für den Gouverneur Bikerstaff wie für die Niedrigsten sprechen Alle gleiche Gebete und geben einem gleichen Schmerze Ausdruck.

Dann wird die traurige Ladung einem der schnellsten Dampfer von Standard-Island anvertraut, und dieser geht nach der Madeleinebay ab, um die kostbaren Ueberreste der Beerdigung in christlicher Erde zuzuführen.

Zwölftes Capitel

Steuerbord gegen Backbord

Standard-Island hat die Gewässer der Insel Sandwich am 3.

März verlassen, nachdem vorher der französischen Colonie und deren Verbündeten der wärmste Dank abgestattet worden war.

Es sind Freunde, die sie wiedersehen werden, Brüder, die Sebastian Zorn und seine Kameraden auf dieser Insel in der Gruppe der Neuen Hebriden zurücklassen, die in Zukunft jedes Mal besucht werden sollen.