Sie bekamen einen Zettel und gingen dann in ihre Baracken, packten ihre Sachen und krochen zur Endstation der Straßenbahn.

Andreas wartete unter den anderen, er beteiligte sich nicht an ihrer geflüsterten Unterhaltung. Er schwieg, wie einer, der sich nicht verraten will und der in der Furcht lebt, eine kleine Äußerung könnte ihn verleiten, sein ganzes großes Geheimnis herzugeben.

Der Mann schob den Vorhang zurück und warf den Namen Andreas Pum in den Saal. Einigemal pochte Andreas Pums Krücke auf den Boden und widerhallte in der eingetretenen Stille.

Plötzlich begann Andreas zu zittern. Er sah den Vorsitzenden der Kommission, einen hohen Offizier mit goldenem Kragen und blondem Bart. Bart, Antlitz und Uniformkragen vermischten sich zu einer Masse aus Gold und Weiß. Jemand sagte: »Noch ein Zitterer.« Die Krücken in Andreas' Hand begannen selbständig über den Boden zu hüpfen. Zwei Schreiber sprangen auf und stützten Andreas.

»Lizenz!« befahl die Stimme des hohen Offiziers. Die Schreiber drückten Andreas auf einen Stuhl und eilten an ihre Arbeit. Schon saßen sie gebeugt über raschelnden Papieren, und ihre Federn tanzten.

Dann hielt Andreas ein Bündel Papiere in der zappelnden Hand und humpelte zur Tür hinaus.

Als er seine Sachen zu packen anfing, verließ ihn das Zittern. Er dachte nur: Ein Wunder ist geschehen! Ein Wunder ist geschehen!

Er wartete im Klosett, bis alle Kameraden verschwunden waren. Dann zählte er sein Geld.

In der Straßenbahn machten ihm die Leute Platz. Er wählte den besten der ihm angebotenen Plätze. Er saß gegenüber dem Eingang, neben ihm lag seine Krücke, quer über die Mitte des Wagens, wie ein Grenzpfahl. Alle sahen Andreas an.

Er fuhr in das Hospiz, das ihm bekannt war.

 

Kap. 3

Der Leierkasten stammt aus der Drehorgelfabrik Dreccoli & Co. Er hat die Form eines Würfels und ruht auf einem hölzernen Gestell, das man zusammenklappen und tragen kann. An zwei Riemen trägt Andreas seinen Kasten auf dem Rücken, wie einen Tornister. An der linken Seitenwand des Instruments befinden sich nicht weniger als acht Schrauben. Mit ihrer Hilfe bestimmt man die Melodien. Acht Walzen enthält der Kasten, darunter die Nationalhymne und die »Lorelei«.

Andreas Pum hat seine Lizenz in einer Brieftasche, die eigentlich einmal der Ledereinband eines Notizbuches war und sich zufällig in einem Misthaufen gefunden hat, an dem Andreas täglich vorbeigeht. Mit der Lizenz in der Tasche wandelt der Mensch sicher durch die Straßen dieser Welt, in denen die Polizisten lauern. Man scheut keine Gefahr, ja, man kennt keine. Die Anzeige des brotneidischen bösen Nachbarn brauchen wir nicht zu beachten. Auf einer Postkarte teilen wir der Behörde mit, worum es sich handelt. Wir schreiben knapp und sachlich. Wir sind sozusagen der Behörde gleichgestellt, dank unserer Lizenz. Wir sind von der Regierung ermächtigt, zu spielen, wo und wann es uns gefällt. Wir dürfen an den belebten Straßenecken unsern Kasten aufstellen. Selbstverständlich kommt nach fünf Minuten die Polizei. Lassen wir sie ruhig herankommen! Mitten in einem Kreis gespannt zusehender Leute ziehen wir unsere Lizenz hervor.