»Und die Queen ist unsere Gefangene!«
»Da bin ich aber ganz anderer Meinung«, widersprach Tontor. »Nach unserem Abkommen über die inneren Angelegenheiten …«
Llewellyn winkte ab. »Ein sehr dehnbarer Begriff, diese inneren Angelegenheiten. Aber wozu sollen wir uns streiten? Bei dem Psychoverhör Eirenes geht es darum herauszufinden, wo sich die Flotte der ausrangierten Treiberschiffe befindet. Was will der Bund der Freien Welten mit diesen Schiffen? Es werden Treiberlogen benötigt, um sie fliegen zu können. Und Misteln des Urbaums Yggdrasil. Über beides verfügt der Bund nicht. Demnach …«
»Schon, schon. Trotzdem bin ich nach wie vor der Ansicht, daß die Verhöre besser auf Tamerlan stattgefunden hätten. Mein Konzern verfügt über modernste psychomechanische Einrichtungen, die letzten Endes den Verstocktesten zum Reden bringen. Ich glaube kaum, daß sich eine Primitivwelt wie Aqua in dieser Hinsicht mit ConTon messen kann.«
Llewellyns Augen verschossen hinter den goldenen Riemen ärgerliche Blitze.
»Primitivwelt!« echote er scharf.
»Sie sprechen nicht gerade sehr freundlich von Ihrem Partnerplaneten, Tontor. Nicht unbedingt Tamerlan ist der Nabel des Bundes. Und der Consolidated-Tontor-Konzern schon gar nicht!«
»In Ordnung«, sagte der General-Manag, »war nicht so gemeint, wie es klang. Ich wollte ja nur darauf hinaus, daß meine psychomechanischen Einrichtungen …«
»Es gibt noch andere Methoden, jemanden zum Sprechen zu veranlassen. Humanere Methoden als eine psychomechanische Behandlung, die normalerweise nur ein menschliches Wrack übrigläßt. Wir Treiber verstehen uns darauf. Mit etwas Zeit und Geduld ist es durchaus möglich, einen Anti-PSI-Block zu sprengen, ohne daß der Geist des … hm … Delinquenten dauerhaften Schaden dabei nimmt. Und genau das werden wir mit Eirene machen.«
»Reine Zeitverschwendung, Llewellyn. Wen kümmert es, ob diese Eirene anschließend ein menschliches Wrack sein wird? Wer ist Eirene denn? Nur eine Queen. Eine Killer-Queen, um im Jargon einiger Ihrer Freunde zu bleiben.«
»Auch Graue, auch Queens verdienen eine menschliche Behandlung, Tontor. Und außerdem …«
»Ja?«
»Wir sagten Ihnen schon, wie großen Wert wir darauf legen, daß David terGorden bei der Befragung Eirenes anwesend ist. Die Terranautenbewegung besitzt zwar keinen nominellen Führer, aber ohne David wäre unsere Organisation im Augenblick gar nicht denkbar.«
Der General-Manag zuckte die Achseln. »Ein Treiber mehr oder weniger – was spielt das für eine Rolle?«
»David terGorden ist nicht einfach ein Treiber mehr oder weniger. Er ist der Erbe der Macht!«
Jetzt grinste Tontor. »Wenn Sie damit darauf anspielen wollen, daß Ihr David der offizielle Erbe des Biotroniks-Konzerns ist … Vergessen Sie das ruhig. Max von Valdec wird niemals zulassen, daß er sein Erbe tatsächlich antritt. Und welchen Zweck sollte das auch erfüllen? Yggdrasil mit ihren Misteln, die Basis des Biotroniks-Konzerns, ist jetzt nicht mehr wert als eine verkrüppelte Eiskiefer auf dem tamerlanischen Nordkontinent.«
»Ich meinte nicht Davids Konzern-Erbe«, erwiderte der Riemenmann ernst.
»Nicht? Nun, welche Macht erbt er sonst?«
»Sie müßten Treiber sein, um das zu verstehen, Tontor. Aber lassen Sie sich eins gesagt sein: David terGorden ist für uns der wichtigste Mensch des Universums!«
Beinahe feierlich klangen Llewellyns Worte. Und sie hatten offenbar ihren Eindruck auf den General-Manag nicht verfehlt. Er sagte nichts mehr, sondern versank tief in Gedanken.
Der Riemenmann hätte einiges dafür gegeben, diese Gedanken jetzt lesen zu können – ob unmoralisch oder nicht.
*
Es waren recht gemischte Gefühle, die Ladina Volstoj beherrschten, als sie auf der Bahre aus der Garnison getragen wurde: Erbitterung, wenn sie sich vor Augen führte, welche Zerstörungen die unheimliche Schwerkraftwaffe des aufständischen Planetenbunds hervorgerufen hatten, aber auch eine tiefe Befriedigung, als sie erfaßte, daß die Anrüsten sie mit einem Schweber wegbringen wollten.
Die Befriedigung gewann schließlich die Oberhand.
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