Zieht die Gardine vor. Trifft mich's so trifft mich's, ich sterb nicht anders als gerne. Löscht ihr Licht aus.

 

Zweiter Akt

 

Erste Szene

In Armentières.

Haudy und Stolzius spazieren an der Lys.

 

HAUDY. Er muß sich dadurch nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen, guter Freund! ich kenne den Desportes, er ist ein Spitzbube, der nichts sucht als sich zu amüsieren, er wird Ihm darum Seine Braut nicht gleich abspenstig machen wollen.

STOLZIUS. Aber das Gerede Herr Major! Stadt und Land ist voll davon. Ich könnte mich den Augenblick ins Wasser stürzen wenn ich dem Ding nachdenke.

HAUDY faßt ihn untern Arm. Er muß sich das nicht so zu Herzen gehen lassen zum Teufel! Man muß viel über sich reden lassen in der Welt. Ich bin Sein bester Freund, das kann Er versichert sein, und ich würd es Ihm gewiß sagen, wenn Gefahr dabei wäre. Aber es ist nichts, Er bildt sich das nur so ein, mach Er nur daß die Hochzeit noch diesen Winter sein kann, solang wir noch hier in Garnison liegen, und macht Ihm der Desportes alsdenn die geringste Unruhe so bin ich Sein Mann, es soll Blut kosten das versichere ich Ihn. Unterdessen kehr Er sich ans Gerede nicht, Er weiß wohl, die Jungfern die am bravsten sind, von denen wird das meiste dumme Zeug räsonniert, das ist ganz natürlich, daß sich die jungen Fats zu rächen suchen, die nicht haben ankommen können.

 

 

Zweite Szene

Das Kaffeehaus.

Eisenhardt und Pirzel im Vordergrunde, auf einem Sofa und trinken Kaffee. Im Hintergrunde eine Gruppe Offiziers schwatzend und lachend.

 

EISENHARDT zu Pirzel. Es ist lächerlich wie die Leute alle um den armen Stolzius herschwärmen, wie Fliegen um einen Honigkuchen. Der zupft ihn da, der stößt ihn hier, der geht mit ihm spazieren, der nimmt ihn ins Cabriolet, der spielt Billard mit ihm, wie Jagdhunde die Witterung haben. Und wie augenscheinlich sein Tuchhandel zugenommen hat, seitdem man weiß daß er die schöne Jungfer heuraten wird, die neulich hier durchgegangen.

PIRZEL faßt ihn an die Hand, mit viel Energie. Woher kommt's Herr Pfarrer? Daß die Leute nicht denken. Steht auf in einer sehr malerischen Stellung, halb nach der Gruppe zugekehrt. Es ist ein vollkommenstes Wesen. Dieses vollkommenste Wesen kann ich entweder beleidigen oder nicht beleidigen.

EINER AUS DER GESELLSCHAFT kehrt sich um. Nun fängt er schon wieder an?

PIRZEL sehr eifrig. Kann ich es beleidigen Kehrt sich ganz gegen die Gesellschaft. so würde es aufhören das Vollkommenste zu sein.

EIN ANDERER AUS DER GESELLSCHAFT. Ja, ja Pirzel, du hast recht, du hast ganz recht.

PIRZEL kehrt sich geschwind zum Feldprediger. Kann ich es nicht beleidigen – Faßt ihn an die Hand und bleibt stockstill in tiefen Gedanken.

ZWEI, DREI AUS DEM HAUFEN. Pirzel zum Teufel! redst du mit uns?

PIRZEL kehrt sich sehr ernsthaft zu ihnen. Meine lieben Kameraden, ihr seid verehrungswürdige Geschöpfe Gottes, also kann ich euch nicht anders als respektieren und hochachten, ich bin auch ein Geschöpf Gottes, also müßt ihr mich gleichfalls in Ehren halten.

EINER. Das wollten wir dir auch raten.

PIRZEL kehrt sich wieder zum Pfarrer. Nun –

EISENHARDT. Herr Hauptmann, ich bin in allen Stücken Ihrer Meinung. Nur war die Frage, wie es den Leuten in den Kopf gebracht werden könnte, vom armen Stolzius abzulassen und nicht Eifersucht und Argwohn in zwei Herzen zu werfen, die vielleicht auf ewig einander glücklich gemacht haben würden.

PIRZEL der sich mittlerweile gesetzt hatte, steht wieder sehr hastig auf. Wie ich Ihnen die Ehre und das Vergnügen hatte zu sagen Herr Pfarrer! das macht weil die Leute nicht denken.