So ist es gekommen, nun laß es gut sein, wie es gekommen ist.

Zebid: O, wie habt ihr mich eingehürdet. (zu Japhet) Wenn du verstehst, mich festzuhalten, so soll es gelten. Versuch es, Japhet, ich habe es auf Ham abgesehen.

Calan: Versuch es, Japhet.

Noah: Versuch es nicht, Japhet, sage nein, Japhet. Solche Gesetze, die Zebid gelten läßt, bringen keinen Frieden, bringen keine Freiheit, keine Freude.

Calan: Sie befolgt Gesetze, die ihr Freude bringen und ihre Art Frieden und Freiheit dazu. Kein Weibergut sonst, keine Erbrechte, nichts als die ganze Zebid mitsamt ihren Gesetzen habe ich euch verschafft. Versuch es, Japhet.

Japhet: Du wirst mir einst danken, Zebid, du verdankst mir schon das Leben. Und dankst du nicht heute, so dankst du morgen. Ich habe dich vor der Flut bewahrt und das Verderben hinter dir angehalten. Du sollst atmen, Zebid, wenn aller Atem auf der weiten Erde still steht, 84 frei, froh und friedlich atmen! Da siehst du, wer ich bin, und du, was du heute nicht weißt, wirst du morgen wissen und freudig darüber weinen. Komm zur Mutter mit mir. (faßt sie und führt sie ab).

Calan: Womit, Noah, meinst du, wird sie ihm danken?

Noah (schüttelt den Kopf): Es ist nun soweit, Calan, die Zeit ist reif – heute noch bedecken wir das Haus und, Calan, du weißt wohl, daß die Zeit reif ist.

Calan: Meinst du darum, weil die Mäuse und Maulwürfe in ihren Löchern versaufen? Wir sind keine Mäuse, Noah, ich nicht.

Noah: Dein Gott, denkst du, wird die Flut verscheuchen, oder hast du auch Balken und Bretter zugerichtet? Vergiß nicht, Calan, daß Awah es war, Awah, ohne Warnung und Belehrung, deren Geist entrückt wurde und die Flut schaute. Die Tiere des Waldes sammeln sich um das Haus, die Vögel des Himmels setzen sich in gemessener Zahl, wie Gott ihnen eingab, in meine Kammern. Die Zeit ist erfüllt und das Land in der Tiefe ist vollgesogen und reif zum Ausgießen seines Schoßes. Gott ist am Werk.

Calan: Und du und deine Söhne und ihre Weiber seid einzig wert zu leben – oder wie steht es damit, geht das an zu glauben?

Noah: Wie wir sind, Calan, so will uns Gott erhalten – wie Gott will, denke ich, so gut sind wir, nicht besser und nicht böser.

Calan: Auch ich, wie ich bin, so bin ich geschaffen und nun sage mir, Noah, wer hat meiner Beschaffenheit 85 befohlen, sich wie Aussatz unheilbar an mich zu setzen, wer, wenn nicht Gott? Wenn nicht deiner, so doch Einer. Einer war es, Noah, und ich bleibe der Sohn dieses Einen.

Noah: Wir wollen nicht rechten, Calan, da du heute mein Gast bist. Deiner oder meiner, wir werden sehen.

Calan: Kein Gast, Noah, ich bin der ich sagte, das ich sein wollte: stärker als Er und ich habe dir gezeigt, daß ich stärker bin.

Noah: Nicht rechten, Calan, wir werden sehen, wer der Starke ist, du oder Er.

Calan: Meine Knechte sind gehorsam; wenn die Flut steigt, sammeln sie sich um dein Haus, wie ich befahl, so gut wie Er den Tieren befohlen. Wenn Er am Werke ist, bin ichs nicht weniger, hat Er Wasser in seiner Hand, so habe ich Feuer in der meinen. Dein Haus wird brennen, Noah, mein Werk wird seines überwinden. Einer wird sein, der waltet, nicht deiner, sterben wir, so sterben wir durch den Einen nicht durch Ihn.

Chus kommt erschöpft und stürzt.

Chus: Töte mich nicht, Herr, ich sterbe ohne Schwert.

Calan: Fürchte dich nicht, Chus, sprich.

Chus (ohne Atem): Da du reistest in der Nacht, verkehrte der Fluß seinen Lauf. Morgens, als wir erwachten, spaltete sich der Grund gegen Norden und zerriß das Tal bis zu den Bergen, eine Wand von Wasser stieg aus der Tiefe, teilte sich wie durch den Streich eines Schwertes, warf sich nieder und zerbrach. Ich sterbe, Herr, nicht vor 86 Mühsal, nicht von verlorener Kraft, ich sterbe vor Grausen, mein Herz ist mit Keulen erschlagen, meine Ohren voll nichts als (er hält sich die Ohren zu) – – sie schreien, sie schreien und das Wasser schwemmt in ihre atmenden Seelen. Töte mich, Herr, daß ichs nicht länger erleide.

Calan (reißt ihm die Hände von den Ohren) Wo sind die Knechte, Chus?

Chus: Sie sind wohl daran, Alle still; hören nicht und sehen nicht, ihre Leiber wiegen in den Wirbeln und tauchen auf und nieder.

Calan: Die Herden, Chus, wo sind die Herden hingeraten?

Chus: Alles treibt wie grasend mit vollen Bäuchen im Wasser, ihre Beine schlottern und die Köpfe mit offenen Mäulern hängen fußwärts. Alle Stimmen sind verstummt, nur aus meinen Ohren wollen sie nicht weichen – töte mich, Herr, töte!

Calan: Wohin haben sich die Nachbarn geflüchtet?

Chus: Alles Fleisch, Mensch und Vieh, alles ist ohne Lust, ohne Laut, einzig meine Ohren tragen den Jammer des Tals in sich – alles Fleisch ist verdorben, Herr, frage nicht mehr, töte mich.

Calan: Du lügst, Chus, nichts ist verloren, Viele sind gerettet und warten auf Hilfe. Auf, Chus, lebe, gehorche.

Chus (stößt mit dem Fuß nach ihm): Ich habe lange genug gehorcht, jetzt ist es an dir zu gehorchen, töte mich, Bettelmann, Habenichts, töte mich, Hungerleider, Almosenbeißer! 87

Calan (mit starker Stimme): Wer sagst du, bin ich, du Knecht, wer – – Chus?

Chus (steht auf): Töte mich nicht Herr, deine Stimme ist stark und schön, deine Stimme wird ihr Geschrei aus meinen Ohren drängen. Du bist Calan, der Herr, und ich bin Chus, dein Knecht. Aber, Herr, ich bin das Letzte, was von all deinem Reichtum geblieben ist. Du bist ein armer Mann, aber ich bin Chus, dein Knecht.

Sem und Ham und Japhet kommen zögernd näher, weiter zurück Ahire, Zebid, Awah.

Noah: Die Zeit ist reif, die Zeit ist reif.

Calan (kehrt sich heftig nach ihm um): Die Zeit ist reif? Die Zeit ist faul, wo sich ein Gott damit quälen muß, seiner Welt Atem in Wasser zu verwandeln. Ein schönes Geschäft für einen Herrn! Awah, du bist zwischen ihnen allen wie ein Samenkorn, vom Wind aus den seligen Bereichen in die verfluchten Bereiche geweht. Keim der Freiheit, Keim der Freude, verflucht sei der Friede Noahs und aller Knechte. (zu Chus): Komm, Chus, mein Kind, zeige mir, was meine Ohren nicht glauben können, sehen muß ich, sehen. (will gehen).

Chus (schaudert, langsam mit dem Finger deutend): Sieh! Bis zum Rand des Himmels, leidlos, lautlos, leblos, träge in schlammiger Flut, die geblähten Leiber ans Licht wölbend, Bauch an Bauch gedrängt treibt die tote Menschheit und das tote Getier, Kamele, Kühe, Schafe, Stiere und Kälber, ein fleischiger Teppich stinkender Fäulnis über der Tiefe.

Calan: Ich will es sehen, komm Kind, komm, Chus. 88

Chus (schüttelt sich): Ich habe das Grausen in Augen und Ohren.

Calan: Es mag schlimm sein, zurückzusehen, laß uns vorwärts schauen. (zu Noah) Was steht ihr faulen Knechte da, geht ans Werk! Gott wird seinem Bau befehlen, sich zu bedachen. Hebt die Hände, schafft und schwitzt und vollendet, daß wir erleben wie ihr schwimmt, wenn die Flut ihren Weg herauffindet!

.