Aber nichts verabscheuen solche Leute mehr als Konstanz, Regelmäßigkeit und System - vielleicht weil diese Eigenschaften gerade für Vorbestrafte in enger Beziehung zum Gefängnisleben und darum in besonders unangenehmem Geruch stehen.

Zwölfhundert Pfund jährlich ergeben in fünf Jahren die respektable Summe von sechstausend Pfund. Aber fünf Jahre sind eine lange Zeit im abenteuerlichen Leben eines Mannes wie Flimmer-Fred. Zwölfhundert Pfund gestatten nur zweimal das Maximum beim Trente-et-quarante und können in weniger als drei Minuten verloren werden.

Dr. Judd war Sammler. Fred hatte erfahren, daß sein Haus in Chelsea eine wahre Schatzkammer von Gemälden und antiken Schmuckgegenständen war. In einer Zeitung hatte Fred gelesen, daß Dr. Judd Besitzer historischer Juwelen war, deren Wert fünfzigtausend Pfund überschritt. Nicht, daß sich Fred für Antiquitäten interessiert hätte, sein Verhältnis zu Steinen war rein arithmetischer Art. Wenn er sich mit Kostbarkeiten im Werte von - er wollte bescheiden sein - zehntausend Pfund aus dem Staube machen könnte, hätte er nicht nur sein Einkommen für acht bis neun Jahre im voraus, er müßte dann auch nicht alle zwölf Monate nach London kommen, um sich sein ›Gehalt‹ auszahlen zu lassen. Was konnte nicht alles in zwölf Monaten passieren!

Es würde natürlich nicht leicht sein, diese Kostbarkeiten in die Hände zu bekommen. Die gewöhnlichen Methoden, sich gewaltsam Zutritt zum Haus des Doktors zu verschaffen, waren mit Freds professionellen Grundsätzen unvereinbar. Ein Brecheisen war ein Instrument, das er verabscheute, nicht zuletzt, weil seine Handhabung Mühe und Arbeit bedeutete. Es gab andere Wege. Ob der Doktor wagen würde, ihn anzuzeigen?

Anderntags schlenderte Fred über den Piccadilly Circus, als ihm ein großer, starker Mann begegnete, der sich nach einem kurzen Blick an ihm vorbeizudrücken versuchte. Aber Fred packte ihn am Arm und hielt ihn fest.

»Ist das nicht die liebe, alte Nummer 278? Wie geht's denn, Strauß?«

Das Gesicht von Mr. Strauß zuckte. »Ich glaube, Sie irren sich, Sir.«

»Laß den Blödsinn!« Fred zog ihn in die Lower Regent Street hinein.

»Entschuldigen Sie, daß ich Sie nicht gleich erkannt habe. Ich dachte, sie wären ein - Spitzel.«

»Noch nicht«, sagte Flimmer-Fred. »Na, wie geht's? Erinnerst du dich an den Stollen G in Portland? Und Block B?«

Strauß war wenig beglückt, an seine Gefängniszeit erinnert zu werden. Wieder zuckte es in seinem Gesicht. »Und wie geht's Ihnen?« fragte er.

Fred war heute ohne seinen Schmuck ausgegangen, kein Brillant blitzte an seiner Krawatte.

»Schlecht«, schwindelte er. Kein richtiger Hochstapler gibt je zu, daß es ihm gutgeht. »Warum aber dachtest du, ich wäre ein Spitzel?«

»Ach, ich dachte bloß so.«

»Immer noch im alten Geschäft?« fragte Fred und bemerkte den unruhigen Blick des andern. Strauß sah sich um, als ob er eine Möglichkeit zum Entwischen suchte.

»Nein, nein, damit ist's aus. Ich arbeite jetzt.«

»Na ja!« Fred mußte an die recht ähnliche Unterhaltung mit Larry Holt vor ein paar Tagen in Paris denken. »Ich wette, du bist auf dem Weg zum nächsten Hehler! Was hast du da in der Tasche? Zeig her!«

»Ach, nichts - nur kleiner Dreckkram. Hab' ich bekommen, wird nicht weiter vermißt.«

»Dann zeig schon!«

Widerwillig griff Strauß in die Tasche, brachte die gefüllte Hand wieder zum Vorschein und hielt sie, wie ein Gefäß gewölbt, vorsichtig in Brusthöhe.

Fred reckte den Hals und nahm sich etwas heraus.

»Da, schau mal, was für niedliche, seltene Dinger - die wirst du mir abtreten, Freund! Im Moment geht's mir dreckig, du kriegst das Geld dafür - gelegentlich.«

Mr. Strauß fluchte.

»Nein, wirklich, das ist nicht anständig von Ihnen, Mr. Grogan, und Sie sehen gar nicht so aus, als ob's Ihnen schlecht ginge!«

»Der Schein trügt. So - und nun stoßen wir darauf an!« schlug Fred vergnügt vor und ging voran in die nächste Bar.