Freund, Ihr müßt mich notwendig anhören.
SKARAMUZ. Wenn ich muß: gut. Hier sitz ich; nun redet einmal wie ein verständiger Mensch, wenn Euch das möglich ist. Er setzt sich auf die Erde.
POET. Wertgeschätzter Herr Skaramuz! Dieselben sind beim hiesigen Theater zu einem gewissen bestimmten Rollenfach engagiert, Sie sind mit einem Worte, um mich kurz auszudrücken, der Skaramuz. Es ist auch nimmermehr zu leugnen daß Sie es in diesem Fache so ziemlich weit gebracht haben, und kein Mensch auf der Welt ist mehr geneigt als ich, Ihren Talenten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; aber, mein Teuerster, deswegen sind Sie noch nimmermehr ein tragischer Schauspieler; Sie sind deswegen noch nicht imstande, einen edlen Charakter darzustellen.
SKARAMUZ. Sapperlot! das wär ich nicht imstande? Mein Seel, so edel, wie Sie ihn nimmermehr sollen schreiben können. Wenn es ausgemacht ist (wie es denn in unsern Tagen ausgemacht ist), daß eine edle Rolle einen ursprünglich edlen Menschen, Mann oder Herrn, zur Darstellung erfordert, so halte ich Ihre Äußerung für eine persönliche Beleidigung, und ich fodre hiemit die ganze Welt auf, groß und klein, mich an Edelmut zu übertreffen.
SCÄVOLA einer von den Zuschauern. Oh, Herr Skaramuz, mit Ihnen nimmt man es noch auf.
SKARAMUZ. Wieso? Ei, wie das? Ich muß gestehn, ich erstaune über diese Unverschämtheit.
SCÄVOLA. Nein, mein Herr, das haben Sie gar nicht Ursach. Ich bin für mein Geld hier, Herr Skaramuz, und da kann ich hier denken, was ich will.
SKARAMUZ. Die Gedankenfreiheit ist Ihnen unbenommen, aber das Sprechen ist Ihnen untersagt.
SCÄVOLA. Wenn Sie sprechen dürfen, wird es mir auch noch immer erlaubt sein.
SKARAMUZ. Und was haben Sie denn Edles getan?
SCÄVOLA. Ich habe vorgestern für meinen liederlichen Neffen Schulden bezahlt.
SKARAMUZ. Und ich habe gestern den Souffleur geschont, indem ich eine ganze Szene ausließ.
SCÄVOLA. Ich war vorige Woche bei Tisch bei guter Laune, und verschenkte einen ganzen Taler an Almosen.
SKARAMUZ. Ich zankte mich vorgestern mit dem Schneider, der mich mahnte, und behielt das letzte Wort.
SCÄVOLA. Vor acht Tagen habe ich einen besoffenen Menschen nach Hause gebracht.
SKARAMUZ. Dieser Besoffene war ich, mein Herr; aber ich hatte mich auf das Wohl unsres Landesherrn betrunken.
SCÄVOLA. Ich bekenne mich für überwunden.
SKARAMUZ. Und dafür sind Sie nun so undankbar, und kommen her, und wollen mir meinen Edelmut schmälern?
SCÄVOLA. Ich bitte um Verzeihung, Herr Skaramuz.
Pierrot stürzt herein.
POET. Was willst du, Pierrot?
PIERROT. Was ich will? Ich will heute nicht spielen, durchaus nicht!
POET. Aber warum nicht?
PIERROT. Warum? Weil ich auch endlich einmal einen Zuschauer abgeben will; ich bin lange genug Komödiant gewesen.
Wagemann, der Direktor, kommt herein.
POET. Gut, daß Sie kommen, Herr Directeur, hier ist alles in der größten Verwirrung.
WAGEMANN. Wieso?
POET.
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