Danke der gütigen Nachfrage, mein Herr; mit meinem Taufnamen heiße ich Thalia, ich habe lange bei den wertgeschätzten Eltern dieser guten Person gedient, und da will ich auch jetzt nicht von ihr lassen, sondern bin ihr sogar bis unter die Musen gefolgt.
SKARAMUZ. Warte den letzten Akt ab, so kann deine Treue unmöglich unbelohnt bleiben. – Wo ist mein Stallmeister?
Der Stallmeister kömmt.
SKARAMUZ. Den Pegasus, ich will spazierenreiten. – Stallmeister ab, und kommt sogleich mit einem aufgezäumten Esel zurück. Hilf mir.
STALLMEISTER. In welchem Silbenmaße wollen sich Ihre Gnaden heut erlustigen?
SKARAMUZ. O Narr, ich will eine schlichte vernünftige Prosa reiten. Denkst du, daß ich mich vom alcäischen Vers will zerstoßen lassen, oder gar in den verfluchten Proceleusmatikern den Hals brechen? Nein, ich liebe Vernunft und Ordnung.
STALLMEISTER. Ihr Vorfahr flog immer in der Luft.
SKARAMUZ. Redet mir von dem Kerl nicht mehr; das muß ja ein rechter Hans Narr, ein rechter exzentrischer Esel gewesen sein. In der Luft zu fliegen! Nein, die Luft hat keine Balken, ich lobe mir die Erde. – Adieu, meine Freunde! ich will nur eine kleine Abhandlung über den Nutzen der Familiengemälde reiten, und bin gleich wieder da. Er reitet langsam fort.
Der Vorhang fällt.
SCÄVOLA. Das war nun nämlich die Einleitung.
PIERROT. So ein erster Akt ist immer zum Verständnis notwendig.
DER ANDERE zu Scävola. In dem Stück liegt viel Moral.
SCÄVOLA. Gewiß, ich fange schon an, besser zu werden.
PIERROT. Die Musik!
Orchester
Adagio. As Moll
Wie alles forteilt! Wie in dieser Sterblichkeit so gar nichts standhält! Womit willst du das Leben des Menschen vergleichen? Mit dem Schatten? Mit der Wolke? Ach! beide sind immer noch zuverlässiger, als dieser Hauch, der uns jetzt beseelt, und im nächsten Augenblicke verschwunden ist.
So erfüllt jetzt der schmeichelnde Ton der Musik die Luft, und jede Luftwelle erzittert vor Freude, und doch darf nur der Finger innehalten, so verstummen alle diese beredten Geister, so fällt das glänzende Gebäude zusammen, und keine Spur aller der Kristalle und funkelnden Regenbogen bleibt zurück, die sich jetzt so majestätisch auf und nieder bewegen. Wenn nicht alles vergänglich wäre, o was fänden wir dann noch zu klagen Ursach?
Das Lachen schweigt, die Begebenheiten des Stücks laufen zu Ende, der Vorhang fällt endlich zum letztenmal, die Zuschauer gehn nach Hause. Einmal kommen sie dann nicht wieder, sie sind fortgegangen, niemand kann sagen, wohin; niemand kann sie erfragen, keiner betritt die schreckliche, grauenvolle Wüste, der jemals wiederkäme. Ach du schwaches, leichtzerbrechliches Menschenleben! Ich will dich immer als ein Kunstwerk betrachten, das mich ergötzt und das einen Schluß haben muß, damit es ein Kunstwerk sein und mich ergötzen könne. Dann bin ich stets zufrieden, dann bin ich von gemeiner Freude und von dem lastenden Trübsinne gleich weit entfernt. O daß nur alle Freunde mit mir bleiben, bis ich selber nicht mehr bin, daß sie kein Seufzer und keine Träne vergebens suchen darf.
Zweiter Akt
Erste Szene
Freies Feld.
APOLLO bei seiner Herde.
Wie freundlich lächelt mir die stille Gegend,
Die gern und liebevoll den Gott empfängt.
Hier hör ich früh der Lerche muntres Lied,
Die sich mit hellen Tönen aufwärts schwingt,
Die Nachtigall aus dichtbelaubten Büschen,
Den stillen Gang der Wasser, die melodisch
Durch Felsen unter Efeuranken irren;
Wie spielende Weste durch meine Locken flattern,
Und mich der holde Geist der Einsamkeit
Mit seinen süßen Flügeln lieblich fächelt;
Das Rohr des Flusses girrt in leisen Tönen,
Die Eiche braust und spricht mit ernster Stimme,
Aufmerksam horcht der junge kleine Wald
Und hält die zarten Blätter unbewegt.
Ob mir ein ländlich Lied gelingen mag
Will ich nach Hirtenweise jetzt versuchen.
Wohl dem Mann, der in der Stille
Seine kleine Herde führt,
Weit von Menschen, in der Hülle
Dunkler Bäume sie regiert.
Wo er wohnet, sind die Götter,
Sitzen bei dem kleinen Mahl,
Ewig sonnt ihn Frühlingswetter,
Fern von ihm die rege Qual,
Die mit ihren schwarzen Flügeln
Um den Unzufriednen schwärmt,
Daß er sich von Tal zu Hügeln
Und von Hügeln talwärts härmt.
Aber hier ist Abendröte
Widerschein von Morgenrot,
Und die kleine Schäferflöte
Klinget bis zu unserm Tod.
Mopsa und Phyllis kommen.
MOPSA.
Wie lieblich klingt dein Lied, holdselger Schäfer,
Es lockte uns vom Wald ins freie Tal.
PHYLLIS.
Ich hörte niemals noch so süße Stimme.
APOLLO.
Sollt ihr den Sänger nicht begeistern? Kühn
Fliegt von der Lippe der Gesang, das Bild
Von euch macht jeden Ton melodisch süß.
PHYLLIS.
Willst du mit uns das Wechselliedchen singen,
Das du uns gestern lehrtest?
APOLLO.
Fang nur an.
PHYLLIS.
Warum in der Brust dies Schmachten?
Will kein Gott denn meiner achten?
MOPSA.
Ach, so süße herbe Tränen,
Ach, ein wunderbares Sehnen –
APOLLO.
Liebe, Liebe überwindet,
Wo sie zarte Herzen findet.
PHYLLIS.
Was ist Liebe? Was ist Sehnen?
MOPSA.
Warum diese ewgen Tränen?
APOLLO.
Liebe glänzt im nassen Blick,
Trän und Glanz spricht nur ihr Glück.
ALLE.
Wundern sollen dich nicht Schmerzen,
Die die Brust mit Wonne füllen,
Und den Blick in Tränen hüllen,
Denn in diesen schönen Schmerzen
Lernen lieben unsre Herzen.
Aulicus und Myrtill kommen.
AULICUS. Singt ihr schon wieder eure abgeschmackten Gesänge? Schäfer, Ihr macht uns alle unsre Mädchen abspenstig, und das soll Euch am Ende übel geraten.
MYRTILL. Lauter Gesang und Klang und Klang und Gesang erfüllt jetzt unsre Felder, das ist nicht auszuhalten. Die Schäferinnen sprechen von nichts als Lied und Liebe, und Liebe und Lied, und Lied und Liebe, und so immer fort; ich für meine Person sage: das ist dumm!
AULICUS. Freilich ist's dumm, das ist gar keine Frage.
PHYLLIS. Aber was habt ihr uns denn zu befehlen?
MYRTILL.
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