Es liegt doch auf der Hand, daß ein solches Gerücht, welches durch mehre Menschenalter in einer Gegend geglaubt wird, fortwährend abergläubische und gewinnsüchtige Personen in Bewegung gesetzt hat, diese vermeinten Schätze aufzuspüren. Wie können Sie annehmen, daß Sie die ersten sind, welche auf den Gedanken kommen, nachzusuchen? Dies ist ein altes festes Haus, aber es würde fester sein, wenn es nicht vom Keller bis unter das Dach Spuren zeigte, daß man in früherer Zeit Löcher hineingeschlagen und die Schäden nachlässig ausgebessert hat. Erst vor wenigen Jahren habe ich Kosten und Mühe gehabt, einen neuen Dachbalken einzuziehen, weil Dach und Decke sich senkte, und die Untersuchung ergab, daß gewissenlose Menschen ein Stück des Balkens ausgesägt hatten, jedenfalls um in einen Winkel des Daches hineinzugreifen. Und ich sage Ihnen geradeheraus, wenn mir etwas das alte Haus verleidet, in dem ich seit zwanzig Jahren Glück und Unglück erfahren habe, so ist es dies widerwärtige Gerücht. Gerade jetzt wird in der Stadt die Untersuchung gegen einen Schatzgräber geführt, der Narren durch das Vorgeben betrogen hat, er könne aus diesem Berge einen Schatz beschwören. Noch wird seinen Mitschuldigen nachgespürt. Ihren Fragen in der Stadt haben Sie zuzuschreiben, daß die Leute dort, welche viel von dem Betruge reden, Sie für Helfer des eingezogenen Gauners gehalten haben. Daher auch mein rauher Gruß. Ich mache Ihnen deshalb meine Entschuldigung.«

»Und Sie wollen sich nicht dazu verstehen,« frug der Professor unzufrieden, »unsere Mittheilung zu weiterer Nachforschung zu benützen?«

»Nein,« versetzte der Landwirth, »ich will mich nicht selbst zum Narren machen. Wenn Ihr Buch nichts weiter meldet, als was Sie mir gesagt haben, so dient diese Nachricht zu gar nichts. Haben die Mönche hierherum irgend etwas versteckt, so ist Hundert gegen Eins zu wetten, sie haben es in ruhiger Zeit selbst wieder herausgeholt. Wäre aber gegen alle Wahrscheinlichkeit das Versteckte damals an seiner Stelle geblieben – es sind seitdem einige hundert Jahre vergangen –, so hätten es längst andere hungrige Leute herausgegraben. Das sind, verzeihen Sie mir, Ammengeschichten, nur gut für Spinnstuben. Ich habe einen Widerwillen gegen solches Gelüst, das an den Mauern wühlt. Der Landwirth soll im Acker schaufeln und nicht in seinem Hause. Unter Gottes Sonne liegen seine Schätze.«

Dem Professor wallte das Blut über die kalte Art des Mannes, er bezwang mit Mühe den ausbrechenden Zorn, indem er an das Fenster trat und einem Haufen Sperlinge zusah, die heftig gegeneinander schrien. Endlich begann er, sich umwendend: »Ihre Weigerung ist ein Recht des Hauseigenthümers. Wenn Sie darauf bestehen, so werden wir Sie allerdings mit dem Bedauern verlassen, daß Sie die mögliche Bedeutung unserer Mittheilung nicht zu würdigen wissen. Ich habe diese Begegnung nicht vermieden, obgleich mir wohlbekannt war, wie zufällig die Eindrücke sind, welche bei einer ersten Unterredung mit Fremden den Entschluß bestimmen. Sie würden vielleicht mehr Rücksicht auf unsre Nachricht genommen haben, wenn sie Ihnen durch Vermittlung Ihrer Regierung zugleich mit der Forderung, genaue Nachsuchung anzustellen, zugegangen wäre.«

»Reut Sie, daß Sie diesen Weg nicht eingeschlagen haben?« frug lächelnd der Landwirth.

»Offen gesagt, nein. Ich habe in solcher Angelegenheit kein Vertrauen zu einem Beamtenprotokoll.«

»Ich auch nicht,« versetzte der Landwirth trocken. »Wir stehen unter einem kleinen Landesherrn, aber er ist fern, wir sind von fremdem Gebiet umschlossen. Bei Hofe habe ich nichts zu thun, es vergehen Jahre, ehe ich nach unsrer Residenz komme; die Regierung plagt uns nicht übermäßig und in meinem Bezirk leite ich die Polizei. Wenn meine Regierung Ihren Wünschen Wichtigkeit beilegte, so würde sie wahrscheinlich von mir einen Bericht einfordern, und das würde mir einen Bogen Papier und eine Stunde Schreiberei kosten. Vielleicht, wenn Sie laut zu trommeln verstehen, sendet sie mir auch eine Commission in das Haus. Die meldet sich bei mir zum Mittagsessen und ich führe sie nach Tisch in die Keller, sie pocht der Form wegen ein wenig an die Wände und ich lasse unterdeß einige Flaschen aufkorken. Zuletzt wird schnell ein Papier beschrieben und die Sache ist wieder abgemacht. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie diesen Weg nicht eingeschlagen haben; im übrigen vertrete ich mein Hausrecht auch gegen den Landesherrn.«

»Es ist, so scheint mir, vergeblich, zu Ihnen von dem Werth zu sprechen, den die Handschrift haben würde,« warf der Professor ihm finster entgegen.

»Es wäre verlorene Mühe,« sagte der Landwirth. »Ob eine solche Seltenheit, auch wenn sie in meinem Eigenthume zu Tage käme, für mich selbst einen wesentlichen Werth hätte, ist fraglich. Und den Werth für Ihre Wissenschaft kenne ich nur aus Ihrer Versicherung.