Aber für mich und für Sie rühre ich keinen Finger, weil ich nicht glaube, daß ein solcher Schatz auf meinem Eigenthum verborgen ist, und weil ich nicht den Willen habe, um etwas Unwahrscheinliches ein Opfer zu bringen. Dies, Herr Professor, ist meine Antwort.«

Der Professor trat wieder schweigend an das Fenster. Fritz, der sich in stiller Empörung zurückgehalten hatte, empfand, daß es Zeit war, dieser Unterredung ein Ende zu machen, er erhob sich zum Aufbruch: »Und Sie haben uns wirklich Ihre letzte Meinung gesagt?«

»Ich bedaure, Ihnen keinen andern Bescheid geben zu können,« versetzte der Landwirth und sah mit einer Art Mitleid auf die beiden Fremden. »Es thut mir in der That leid, daß Sie den Umweg zu mir gemacht haben. Verlangen Sie meine Wirthschaft zu sehen, jede Thür soll Ihnen geöffnet sein. Die Mauern meines Hauses öffne ich Niemandem. Ich bin übrigens bereit, Ihre Mittheilung als Geheimniß zu bewahren, um so lieber, da dies auch in meinem Interesse liegt.«

»Ihre Weigerung, irgendwelche Nachforschungen auf Ihrem Eigenthume anzustellen, macht ein ferneres Geheimhalten dieser Nachricht unnöthig,« entgegnete der Doctor, »meinem Freunde bleibt jetzt nichts übrig, als seine Entdeckung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu berichten, er hat dann seine Pflicht gethan, vielleicht daß Andere Ihnen gegenüber glücklicher sind als wir.«

Der Landwirth fuhr auf. »Donnerwetter, Herr, sind Sie des Teufels? Sie wollen die Geschichte in der Zeitung Ihren Collegen erzählen? Wahrscheinlich werden diese ebenso denken wie Sie.«

»Zuverlässig werden Hunderte die Sache genau so ansehen wie wir, und Ihre Weigerung ebenso verurtheilen wie wir,« rief der Doctor.

»Herr, wie Sie mich beurtheilen, ist mir ganz gleichgültig, ich muß Sie bitten, mich so schwarz zu schildern, als Ihre Wahrheitsliebe irgend zuläßt,« rief der Landwirth unwillig. »Aber ich sehe voraus, daß das alles nichts helfen wird. Verwünscht seien die Mönche und ihr Schatz! Jetzt habe ich jeden Sonntag und jede Stunde Ihrer Ferien einen Besuch wie den Ihren zu erwarten, fremde Gesichter mit Brillen und Regenschirmen, welche den Anspruch erheben, unter das Holzgestell meines Milchkellers zu kriechen und in der Schlafstube meiner Kinder an der Decke herumzuklettern. Zum Teufel mit diesem Tacitus!«

Der Professor ergriff seinen Hut: »Wir empfehlen uns Ihnen,« und ging nach der Thür.

»Halt, meine Herren,« rief der Wirth unruhig, »nicht so schnell. Lieber will ich noch mit Ihnen beiden zu thun haben, als mit einer unablässigen Wallfahrt Ihrer Collegen. Weilen Sie noch einen Augenblick, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie selbst sollen durch mein Haus gehen, Sie mögen den alten Bau vom Boden bis zum Keller untersuchen. Es ist eine harte Zumuthung für mich und meine Hausgenossen, ich will das Opfer bringen. Finden Sie eine Stelle, die Ihnen Verdacht einflößt, so reden wir darüber. Dagegen versprechen Sie mir, daß Sie gegen meine Hausleute von dem Zweck Ihres Hierseins schweigen. Meine Arbeiter sind ohnedies aufgeregt; wenn Sie dem unseligen Gerücht neue Nahrung geben, so kann ich nicht dafür stehen, daß nicht meine eigenen Leute auf den Einfall kommen, mir an einer Ecke des Hauses die Grundmauer durchzustoßen. Mein Haus ist Ihnen den ganzen Tag geöffnet, so lange sind Sie meine Gäste. Dann aber, wenn Sie mündlich oder schriftlich über die Sache reden, fordere ich den Zusatz, es sei von Ihnen das Mögliche geschehen, mein Haus durchsucht, aber nichts gefunden worden. Wollen Sie diesen Vertrag mit mir eingehen?«

Der Doctor sah zweifelnd auf den Professor, ob der Stolz des Freundes sich solcher Bedingung beugen werde. Wider Erwarten flog ein Strahl von Freude über das Antlitz des Gelehrten, und er erwiederte artig: »Sie haben uns in einem Punkt mißverstanden. Nicht wir beanspruchen die verborgene Handschrift aus Ihrem Eigenthum herauszuholen, sondern wir sind nur gekommen, um Sie selbst für den Versuch zu gewinnen. Daß wir in einem fremden Hause, unbekannt mit den Räumen und ungeübt in dieser Art Nachforschung, nichts finden werden, ist uns sehr deutlich. Wenn wir dennoch die lächerliche Lage, in welche Sie uns versetzen, nicht vermeiden und Ihr Anerbieten annehmen, so thun wir dies nur in der Hoffnung, daß uns in den Stunden unseres Hierseins gelingen wird, Ihnen selbst ein größeres Interesse an dem möglichen Funde beizubringen.«

Der Landwirth bewegte abweisend das Haupt auf den hohen Schultern. »Ich habe nur das Interesse, die Sache so schnell als möglich in Vergessenheit zu bringen. Sie mögen thun, was Sie für Pflicht halten. – Meine Geschäfte verhindern mich, Sie zu begleiten, ich übergebe Sie meiner Tochter.«

Er öffnete die Thür des Nebenzimmers und rief: »Ilse!«

»Hier, Vater,« antwortete eine klangvolle Altstimme. Der Landwirth ging in das Nebenzimmer. »Komm hervor, Ilse, ich habe heut einen besondern Auftrag für dich.