Auch irren Sie sich wohl in meiner Person, denn ich bin weder Staatsmann noch Kaufmann.«
Er maß mich mit großen Augen und sagte: »So?« Er schwieg eine Weile und schien im Begriff umzukehren, dann aber fing er an: »Sie haben doch Handelsgeschäfte in Prag getrieben? Ist nicht Ihr Herr Bruder auf dem Punkt, Bankrott zu machen?«
Ich muß feuerrot gewesen sein, denn davon wußte, glaubte ich, außer meinem Bruder keine Seele als ich. Auch lächelte der Versucher wieder sein schadenfrohes Lächeln.
»Mein Herr, Sie irren sich noch einmal!« sagte ich. »Zwar habe ich einen Bruder, und mehr als einen, aber keinen, der Bankrott zu fürchten hätte.«
»So?« murmelte der Versucher, und seine Züge wurden wieder hart und eisern.
»Mein Herr«, – sagte ich etwas empfindlich, denn es war mir gar nicht lieb, daß jemand in Prag lebte, der von meines Bruders Umständen unterrichtet war, und ich fürchtete, der Schlaukopf wolle in mein Spiel sehen wie dem Schachspieler im Kaffeehause, »Sie sind gewiß an den unrechten Mann gewiesen. Ich muß um Verzeihung bitten, daß ich Sie ersuche, sich kurz zu fassen. Ich habe keinen Augenblick zu versäumen.«
»Gedulden Sie sich nur eine Minute«, erwiderte er, »es liegt mir daran, mit Ihnen zu reden. Sie scheinen unruhig und verlegen. Ist Ihnen etwas Unangenehmes widerfahren? Sie sind fremd hier. Ich zwar gehöre auch nicht nach Prag und sehe die Stadt seit zwölf Jahren wieder zum erstenmal. Allein ich weiß zu allen Dingen guten Rat. Vertrauen Sie sich mir. Sie haben das Gesicht eines Biedermanns. Brauchen Sie Geld?«
Da lächelte oder vielmehr grinste er wieder, als wollte er mir meine Seele abkaufen. Sein Tun war mir immer verdächtiger; ich schielte von ungefähr nach seinem Klumpfuß, und wirklich wandelte mich abergläubische Furcht an. In keinem Falle wollte ich mich mit dem verdächtigen Herrn einlassen und sagte, ich hätte kein Geld nötig. »Da Sie es mir aber so großmütig antragen, mein Herr, darf ich Sie um Ihren Namen bitten?«
»An meinem Namen kann Ihnen nicht viel liegen«, erwiderte er, »der tut nichts zur Sache. Ich bin ein Mannteuffel. Gibt mir der Name bei Ihnen mehr Zutrauen?«
»Ein Mannteuffel?« sagte ich und wußte in seltsamer Verlegenheit nicht, was ich sagen wollte, und ob das ganze Ding Ernst oder Spaß sei.
Indem ward an die Türe gepocht. Der Wirt trat herein und brachte mir einen Brief, der von der Post gekommen war. Ich nahm ihn.
»Lesen Sie nur den Brief erst«, fing der Rotrock an, »nachher können wir schon wiedersprechen. Der Brief ist ohne Zweifel von Ihrer liebenswürdigen Fanny.«
Ich ward verlegener als je.
»Wissen Sie nun endlich«, fuhr der Fremde fort und grinste, »wissen Sie nun endlich, wer ich bin, und was ich von Ihnen will?«
Es lag mir auf den Lippen zu sagen: »Mein Herr, Sie sind, glaube ich, der Satan und möchten meine arme Seele zum Frühstück?« doch hielt ich an mir.
»Noch mehr«, setzte er hinzu, »Sie wollen nach Eger. Gut, mein Weg geht durch das Städtchen. Ich reise morgen ab. Wollen Sie einen Platz in meinem Wagen annehmen?«
Ich dankte und sagte: »Ich habe schon Post bestellt.«
Da ward er unruhiger und sagte: »Es ist Ihnen nicht beizukommen. Aber Ihre Fanny, den kleinen Leopold und August muß ich doch im Vorbeigehen kennenlernen. Erraten Sie noch nicht, wer ich bin und was ich will? In des Teufels Namen, Herr, ich möchte Ihnen gern einen Dienst leisten. Reden Sie doch.«
»Gut!« sagte ich endlich: »Wenn Sie ein Hexenmeister sind, mir ist meine Brieftasche fortgekommen. Raten Sie mir, wie ich sie wiederbekomme?«
»Pah, was ist an einer Brieftasche gelegen? Kann ich Ihnen sonst nicht ...«
»In der Brieftasche waren aber wichtige Papiere, über vierzehnhundert Taler an Wert. – Raten Sie mir, was habe ich zu tun, wenn sie verloren ist? Und was, wenn sie gestohlen ist?«
»Wie sah die Brieftasche aus?«
»Seidenüberzug, hellgrün, mit Stickerei, mein Namenszug von Blumen darin. Es war eine Arbeit von meiner Frau.«
»So ist der Überzug mehr wert als die vierzehnhundert Taler.« Er lächelte mich wieder dabei mit seiner fürchterlichen Freundlichkeit an; dann fuhr er fort: »Da muß Rat geschafft werden. Was geben Sie mir, wenn ich Ihnen den Verlust ersetze?«
Bei diesen Worten sah er mich scharf und sonderbar an, als wollte er mir die Antwort: »Ich verschenke Ihnen meine Seele!« auf die Zunge legen.
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