Was fehlt Euch, Faustus?
FAUST. Ach mein lieber Stubenbursch, wär' ich bei dir geblieben, so blieb' ich jetzt noch auf der Welt, aber nun muß ich sterben in Ewigkeit. Seht euch um, ihr Herr'n, kömmt er nicht, kömmt er nicht?
ERSTER STUDENT. O mein theurer Faustus, was bedeutet diese Furcht?
ZWEITER STUDENT. Wie hat sich all eure Freude in Traurigkeit verwandelt!
DRITTER STUDENT. Es taugt ihm nichts, daß er immer mit sich allein ist.
ZWEITER STUDENT. Wenn es weiter nichts ist, dafür haben wir Aerzte und Faustus wird gesund werden.
DRITTER STUDENT. Es ist nichts als eine Magenüberladung. Fürchtet nichts, ihr Herr'n.
FAUST. Ja, eine Ueberladung mit Todsünden, die Leib und Seele verdammt haben.
ZWEITER STUDENT. O dann schaue gen Himmel, Faust, und bedenke, daß die Gnade unendlich ist.
FAUST. Doch Faustus Sünde kann nimmermehr vergeben werden. Die Schlange, welche die Eva verführt hat, kann gerettet werden, aber Faustus nicht. O meine Herr'n, hört mich mit Geduld an und zittert nicht bei meinen Worten, ob auch mein Herz in der Brust bebt und keucht, wenn es der dreißig Jahre gedenkt, die ich auf dieser hohen Schule verlebt habe. O, wollte Gott, ich hätte Wittenberg nie gesehn, nie ein Buch gelesen! Und all' die Wunder, die ich gethan, wovon ganz Deutschland, ja, alle Welt spricht, für sie hat Faustus Deutschland und die Welt verloren, ja den Himmel selbst, den Thron Gottes, die Wohnung des Segens, das Reich der Freude – und nun muß er auf ewig in der Hölle bleiben, Hölle, o Hölle, auf ewig! Ihr lieben Freunde, was wird aus mir werden? Ewig in der Hölle!
ZWEITER STUDENT. Faustus, rufe noch zu Gott.
FAUST. Zu Gott, den ich abgeschworen? Zu Gott, den ich gelästert? O mein Gott, ich möchte weinen, aber der Teufel saugt meine Thränen ein. Oh, so möcht' ich Blut für Thränen vergießen, ja, Leib und Seele! Oh, er hält mir die Zunge fest. Ich will meine Hände aufheben, doch seht, sie halten sie, sie halten sie!
ALLE. Wer denn, Faustus?
FAUST. Wer? Lucifer und Mephostophilis. Oh meine Freunde, ich gab ihnen meine Seele für meinen Witz.
ALLE. Das wolle Gott nicht.
FAUST. Ja, er wollte es nicht, wahrlich, aber Faustus hat es doch gethan. Für die eitlen Freuden von vier und zwanzig Jahren hat Faustus sein ewiges Glück und Heil verloren. Ich schrieb ihnen einen Kontrakt mit meinem eigenen Blut, die Verschreibung ist gefällig, die Zeit ist da, er wird mich holen.
ERSTER STUDENT. Warum sagte uns Faustus das nicht ehr, damit die Geistlichkeit für seine Seele gebetet hätte?
FAUST. Oft hab' ich es thun wollen, aber der Teufel drohte, mich in Stücke zu reißen, wenn ich den Namen Gottes ausspräche, Leib und Seele wollte er holen, wenn ich der Theologie nur einmal Gehör gäbe – und nun ist es zu spät. Meine Freunde, geht, sonst müßt ihr mit mir sterben!
ZWEITER STUDENT. O, was können wir thun, dich zu retten?
FAUST.
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