Zwei Gestalten bewegten sich um das Feuer, andere kauerten vor ihm. Da sie zwischen ihm und dem Lichte standen, befanden sie sich vollkommen im Schatten, aber eine von ihnen bewegte sich zufälliger Weise nach der entgegengesetzten Seite. Dolph stutzte, als er an dem hellen Schein, der auf gemalte Gesichtszüge fiel und auf Silberverzierungen widerglänzte, wahrnahm, daß es ein Indianer war. Er sah nun näher zu und erblickte an einem Baum lehnende Gewehre und einen auf dem Boden liegenden todten Körper. Hier war also der eigentliche Feind, der von dem Thale aus auf ihn geschossen hatte. Er suchte sich ruhig zurückzuziehen, indem er nicht wagte, sich diesen halbwilden Menschen an einem so wilden und einsamen Ort anzuvertrauen. Es war zu spät; der Indianer mit seinem scharfen adlergleichen Auge, das diese Race so auszeichnet, sah etwas unter den Büschen am Felsen sich bewegen; er ergriff eines von den Gewehren, die an dem Baume lehnten; noch einen Augenblick, und Dolph dürfte seine Leidenschaft für Abenteuer durch eine Kugel gebüßt haben. Er rief laut und bot dem Indianer den Friedensgruß; die ganze Gesellschaft sprang auf, der Gruß wurde erwiedert, und der Wanderer wurde eingeladen, sich mit ihnen ans Feuer zu setzen.
Als er sich näherte, fand er zu seinem Troste, daß die Gesellschaft sowohl aus weißen Männern als aus Indianern bestand. Einer, offenbar die Hauptperson oder der Befehlshaber, saß auf einem Baumstamm vor dem Feuer. Er war ein großer starker Mann, etwas in Jahren vorgeschritten, aber frisch und munter. Sein Gesicht war fast so braun wie das eines Indianers; er hatte starke oder vielmehr joviale Züge, eine Adlernase und einen Mund fast wie ein Bullenbeißer. Sein Gesicht stand halb im Schatten durch einen breiten Hut mit einem Bocksschwanz darauf. Sein graues Haar fiel kurz in den Nacken herab. Er trug einen Jagdrock mit indianischen Leggins und Mocassins, und einen Tomahawk in dem breiten Wampum-Gürtel rund um sein Wams. Als Dolph seine Person und seine Züge genau betrachtete, erinnerte ihn etwas an den alten Mann in dem verzauberten Hause. Indeß der Mann vor ihm war verschieden im Anzug und Alter; er war in seinem Aeußeren heiterer, und es war schwer anzugeben, wo die unbestimmte Ähnlichkeit lag; aber die Ähnlichkeit war jedenfalls vorhanden. Dolph fühlte eine Art von Ehrfurcht, als er sich ihm näherte, wurde aber mit einem offenen, herzlichen Willkommen empfangen. Noch mehr stieg sein Muth, als er wahrnahm, daß der todte Körper, der ihm einige Besorgniß verursacht hatte, nur ein todtes Stück Wild war; und vollkommen befriedigt war er, als er den wohlriechenden Dampf aus einem Kessel, der über dem Feuer aufgehängt war, einzog, woraus er schloß, daß hier etwas für die Abendmahlzeit gekocht werde. Er war also mit einer umherstreifenden Jagdgesellschaft zusammengetroffen, wie dieß in jenen Zeiten öfter unter den Ansiedlern längs des Flusses vorkam. Der Jäger ist immer gastfrei; und nichts macht die Menschen geselliger und freier von Ceremoniel als das Zusammentreffen in der Wildniß. Der Befehlshaber der Gesellschaft schenkte einen Schluck guten Liqueurs ein, den er ihm mit heiterer Miene darreichte, um sich zu erwärmen; und befahl einem aus seinem Gefolge, einige Kleider aus einem Häuschen zu holen, das dicht dabei an einer Bucht befindlich war, während die durchnäßten unseres Helden am Feuer getrocknet wurden.
Dolph fand, wie er erwartet hatte, daß der Schuß aus dem Thale, der ihn so nahe berührte, daß er ihm leicht zur ewigen Ruhe verholfen hätte, da er dem Abgrunde so nahe war, von der Gesellschaft vor ihm kam. Er hatte fast einen von ihnen durch die Felsenstücke zerschmettert, die er losgerissen hatte; und der heitere alte Jäger mit dem breiten Hut und Bocksschwanz hatte nach der Stelle geschossen, wo er die Büsche sich bewegen sah, indem er meinte, es sei ein wildes Thier. Er lachte herzlich über den Irrthum; man betrachtete die Sache als einen außerordentlich guten Spaß unter den Jägern; »aber auf mein Wort, lieber Bursche«, sagte er, »wenn ich nur einen Schimmer von Euch zu Gesicht bekommen hätte, so würdet Ihr dem Fels nachgestürzt sein. Anton van der Heyden ist dafür bekannt, daß er selten sein Ziel verfehlt.« Die letzteren Worte waren mit einem Male ein Faden für Dolphs Neugierde, und wenige Fragen ließen ihn vollkommen den Charakter des Mannes und der ganzen Gesellschaft von herumstreichenden Jägern durchschauen. Der Befehlshaber in dem breiten Hut und dem Jagdrock war kein anderer, als Herr Anton van der Heyden von Albany, von dem Dolph schon öfter gehört hatte. Er war in der That der Held mancher Geschichte; seine eigenthümlichen Launen und possierlichen Gewohnheiten waren Gegenstände der Bewunderung bei seinen holländischen Nachbarn. Da er ein vermögender Mann war, der von seinem Vater große Striche unbebauten Landes und ganze Fässer voll Wampum geerbt hatte, so konnte er seine Launen nach Gefallen befriedigen. Anstatt ruhig zu Hause zu bleiben, zur gewöhnlichen Tischzeit zu essen und zu trinken, seine Pfeife auf der Bank vor der Thüre zu schmauchen und sich dann zu Nacht in sein bequemes Bett zu legen, vergnügte er sich damit, sich allen Arten von rauhen und wilden Unternehmungen hinzugeben. Er war nicht glücklicher, als auf einer Jagdpartie in der Wildniß, schlief unter Bäumen oder einem mit Rinde gedeckten Schuppen, oder kreuzte auf dem Flusse oder auf Landseen, fischte oder fing Vögel, und lebte Gott weiß wie.
Er war ein großer Freund der Indianer und ihrer Lebensweise, die er für die eigentlich natürliche, freie, männliche und genußreiche hielt. Wenn er zu Hause war, hatte er immer einige Indianer um sich, die um sein Haus herumschlenderten, oder wie Hunde im Sonnenschein schliefen, oder Jagd-und Fischgeräthe für einen neuen Ausflug zubereiteten; oder nach Scheiben mit Bogen und Pfeilen schossen.
Ueber diese herumschweifenden Wesen hatte Herr Anton eine so vollkommene Herrschaft wie ein Jäger über seine Koppelhunde; obschon sie dem gewöhnlichen Volke der Nachbarschaft zu großem Nachtheil gereichten.
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