In einem Augenblicke schienen sie dicht dabei zu sein, als könnten sie es übersegeln, und es versetzte sie in große Noth und Alarm; bei der nächsten Welle sah man es aber schon weit weg immer gegen den Wind segeln. Bisweilen in hellen Mondnächten sah man es unter hohen Felsen der Hochlande, ganz in tiefem Schatten, ausgenommen die oberen Segel, die im Mondschein glänzten; nach einiger Zeit aber, als die Reisenden den Platz erreichten, war kein Schiff zu sehen; und wenn sie noch ein Stück weiter gesegelt waren und zurückschauten, siehe, da war es wieder mit seinen Hauptsegeln im Mondscheine! Seine Erscheinung fand immer gerade nach, oder vor, oder mitten in schlechtem Wetter statt, und es war allgemein unter den Schiffern und Reisenden nur unter dem Namen des »Sturmschiffs« bekannt.

Diese Berichte beunruhigten den Gouverneur und seinen Rath mehr als je, und wir würden kein Ende finden, wollten wir alle die Vermuthungen und Meinungen wiederholen, die über den Gegenstand ausgesprochen wurden. Einige führten Fälle von Schiffen an, die an der Küste von Neuengland gesehen und von Hexen und Gespenstern gesteuert worden waren. Der alte Hans van Pelt, der mehr als einmal bei der holländischen Kolonie auf dem Kap der guten Hoffnung gewesen war, beharrte darauf, dieß sei der »fliegende Holländer« gewesen, der so lange die Tafelbai beunruhigt habe, aber da er nicht an Port habe kommen können, jetzt einen anderen Hafen gesucht habe. Andere meinten, wenn es wirklich eine übernatürliche Erscheinung sei, wie man allen Grund zu glauben habe, so dürfte es Hendrick Hudson und seine Mannschaft von dem »Halbmond« sein, welche, wie bekannt, vorlängst im oberen Theil des Flusses gescheitert seien, als sie die nordwestliche Durchfahrt nach China gesucht hätten. Diese Meinung hatte zwar für den Gouverneur wenig Gewicht, fand sonst aber großen Beifall. Es ist bereits erwähnt worden, daß Hendrick Hudson und seine Schiffsmannschaft das Catskill-Gebirge unsicher machten, und die Annahme schien deßhalb sehr begründet, daß sein Schiff den Fluß an der Stelle beunruhige, wo sein Unternehmen gescheitert war, oder daß es die Geistermannschaft zu ihren periodischen Schwärmereien im Gebirge führe.

Andere Ereignisse traten ein, die das Nachdenken des klugen Wouters und seines Rathes beschäftigten, und das Sturmschiff hörte auf, von der Schiffsmannschaft besprochen zu werden. Es blieb jedoch eine Sache des Volksglaubens und ein Gegenstand der Unterhaltung während der ganzen Zeit des holländischen Gouvernements, und besonders kurz vor der Einnahme von Neu-Amsterdam und der Unterwerfung der Provinz durch ein englisches Geschwader. Um diese Zeit wurde das Sturmschiff in der Tapan-Zee, bei Weehawk, und sogar hinab bis Hoboken gesehen, und man hielt seine Erscheinung für eine schlimme Vorbedeutung der herannahenden Stürme in den öffentlichen Angelegenheiten und des Unterganges der holländischen Herrschaft.

Seit dieser Zeit haben wir keine authentischen Nachrichten von ihm, obgleich man sich immer erzählt, es belästige die Hochlande und kreuze bei Point-no-point. Leute, die längs des Flusses leben, beharren dabei, daß sie es bisweilen im Sommer bei Mondschein sahen, und daß sie bei tiefer, stiller Mitternacht den Gesang des Schiffsvolkes hörten; aber Ansichten und Töne sind längs gebirgiger Küsten und in der Gegend weiter Buchten und langer Landesstriche an diesem Flusse so täuschend, daß wir bekennen müssen, über diesen Punkt noch große Zweifel zu hegen.

Nichtsdestoweniger ist es gewiß, daß bei Stürmen in den Hochlanden seltsame Dinge gesehen worden sind, die man mit der alten Geschichte von dem Schiff in Zusammenhang zu bringen sucht. Die Schiffskapitäne des Flusses sprechen von einem kleinen, wie eine Zwiebel geschichteten holländischen Gespenst, in Pluderhosen, mit zuckerhutförmigem Hut und ein Sprachrohr in der Hand, von dem sie sagen, daß es sich an dem Dunderberg aufhalte. Sie erzählen, daß sie es bei stürmischem Wetter mitten im Sturm gehört hätten, wie es Befehle in holländischer Sprache ertheilt habe, während ein frischer Windstoß gekreischt oder der Donner gerasselt habe. Ferner, daß es bisweilen, umgeben von einem Haufen kleiner Teufelchen in weiten Hosen und kurzem Kamisol, die sich kopfüber in den Wolken und im Nebel wälzten und tausend Luftsprünge machten, oder gleich einem Schwarme Fliegen um Anthony’s Nase schwärmten, gesehen worden sei; und daß zu solcher Zeit das Wüthen des Sturmes immer am ärgsten gewesen sei. Einmal wurde eine Schaluppe, als sie bei dem Dunderberg vorbeilief, von einem Gewitter überfallen, das um das Gebirg herumzog und gerade über das Fahrzeug herein zu brechen schien. Obgleich tüchtig und gut mit Ballast versehen, hatte sie doch furchtbar zu arbeiten, und das Wasser reichte bis über die Kanonen. Der ganze Haufe war in Bestürzung, da entdeckte man, daß sich ein kleiner weißer, zuckerhutförmiger Hut an dem Mastbaum befand, der einst der Hut des Herrn von Dunderberg gewesen war. Niemand jedoch wagte es, den Mastbaum zu erklimmen und den schrecklichen Hut wegzunehmen. Die Schaluppe fuhr fort zu arbeiten und zu schwanken, als wollte sie ihren Mast über Bord wälzen, und schien in beständiger Gefahr, entweder umzustürzen oder gegen die Küste zu rennen. Auf diese Weise segelten sie durch die Hochlande hindurch, bis sie die Polopols-Insel passirt hatten, wo, wie man sagt, die Gerichtsbarkeit des Herrschers vom Dunderberg aufhört. Kaum hatten sie diese Gränze erreicht, als der kleine Hut in die Luft flatterte wie ein Kreisel, die Wolken alle in einem Wirbel zusammentrieb und sie zurück nach der Spitze des Dunderbergs warf, während die Schaluppe selbst sich in die rechte Stellung brachte und nun so ruhig dahinsegelte wie in einem Mühlgraben. Nur allein der glückliche Umstand rettete sie von gänzlichem Schiffbruch, daß sie ein Hufeisen an den Mast genagelt hatten, eine weise Vorsicht gegen böse Geister, die seitdem von allen holländischen Kapitänen angenommen worden ist, welche diesen verrufenen Fluß beschiffen.

Noch eine andere Geschichte von diesem Wettergeist wird von dem Schiffer Daniel Ouslesticker von Fishhill erzählt, von dem man noch keine Lüge gehört hat. Er berichtete, daß er ihn bei einem heftigen Windstoß mit ausgespreizten Beinen auf seinem Bugspriet sitzen und die Fregatte aufs Land zu, direkt nach Anthony’s Nase hin, steuern gesehen, und daß ihn der Geistliche van Gieson von Esopus, der glücklicher Weise an Bord war, bannte, indem er die Hymne des St. Nicolas sang, worauf sich der Geist wie ein Ball in die Luft schwang und in einem Wirbelwind verschwand, zugleich aber die Nachtmütze von der Frau des Geistlichen mitnahm, die man am nächsten Sonntag Morgen an dem Wetterhahn des Esopus-Kirchthurms, wenigstens vierzig Meilen davon entfernt, hängen sah. Mehr Ereignisse dieser Art kamen vor, und die Schiffer des Flusses wagten es lange Zeit nicht, vor dem Dunderberg vorbei zu passiren, ohne als Zeichen der Huldigung gegen den Herrn des Gebirgs ihre Segel herab zu lassen, und man bemerkte, daß alle die, welche diesen Tribut der Ehrfurcht brachten, unbelästigt ziehen durften.

»Dieß sind«, sagte Anton van der Heyden, »einige von den Geschichten, die Selyne, der Dichter, in Bezug auf das Sturmschiff niedergeschrieben hat. Nach seiner Versicherung hat es eine Menge von boshaften Teufelchen aus einem alten, von Geistern besessenen europäischen Lande nach der Provinz gebracht. Ich könnte Euch noch eine Menge mittheilen, wenn es nöthig wäre; denn alle die Vorfälle, die so oft den Schiffen des Flusses begegnen, sollen Streiche sein, welche die Teufelchen des Dunderbergs spielen. Doch ich sehe, daß Ihr nickt, und so laßt uns zur Ruhe gehen.«

 

Der Mond hatte eben seine Silberhörner über den runden Rücken von Alt-Bull-Hill erhoben und erleuchtete die grauen Felsen und dichten Wälder und glänzte auf den Wellen des Flusses. Der Thau fiel, und die dunkeln Gebirge begannen eine milde und graue luftige Färbung in dem feuchten Lichte anzunehmen. Die Jäger schürten das Feuer an und legten frisches Holz auf, um die Feuchtigkeit der Nachtluft zu mäßigen. Sie richteten darauf ein Bett von Zweigen und trockenen Blättern unter einem Felsenrand für Dolph her; während Anton van der Heyden sich in eine große Decke von Häuten wickelte und sich an das Feuer streckte.