Trunkenheit

116. Suche nach Geld

117. Bremer geht in Urlaub

118. Ungewißheit

119. Du sollst frei sein!

120. Man kehrt heim

Nachspiel: Der Sohn

121. Zwei Landleute auf dem Stettiner

122. Der Sohn Karl Flau

123. Berlin erobert uns

124. Was blieb vom Traum?

 

In diesem Buch ist alles erfunden; es ist ein Roman, also ein Werk der Phantasie.

Das möchte der Verfasser, wie bei manchem seiner früheren Werke, einleitend feststellen. Diese Feststellung gilt nicht nur für die Personen und Ereignisse, sondern auch ganz besonders für die Gründung und das Werden jenes in diesem Roman geschilderten Berliner Unternehmens, das die Gepäckbeförderung zur Aufgabe hat.

Der Verfasser vermied es mit Absicht, über die Geschichte eines tatsächlich bestehenden derartigen Unternehmens auch nur das geringste in Erfahrung zu bringen; er wollte frei erfinden können, und das hat er dann auch getan.

Trotzdem hofft der Verfasser, ein getreues Bild verschiedener Zeitepochen seit 1910 in der Hauptstadt Berlin gegeben zu haben.

H. F.

Erstes Buch

Der Jüngling

 

VORSPIEL • DIE KLEINE STADT

1. Staub zu Staub

»Asche zu Asche! Erde zu Erde! Staub zu Staub!« rief der Pastor, und bei jeder Anrufung menschlicher Vergänglichkeit warf er mit einer kleinen Kinderschippe Erde hinab in die Gruft. Unerträglich hart polterten die gefrorenen Brocken auf das Holz des Sarges.

Den jungen Menschen, der hinter dem Geistlichen stand, schüttelten Grauen und Kälte. Er meinte, der Pastor hätte dem Vater die Erde sanfter ins Grab geben können. Doch als er nun selbst die Erde auf den toten Vater hinabwarf, schien sie ihm noch lauter zu poltern. Ein Schluchzen packte ihn. Aber er wollte nicht weinen, er wollte nicht hier weinen vor all diesen Trauergästen, er wollte sich stark zeigen. Fast hilfeflehend richtete er den Blick auf den Grabstein von rötlichem Syenit, der senkrecht zu Häupten des Grabes stand. »Klara Siebrecht, geboren am 16. Oktober 1867, gestorben am 21. Juli 1893« war darauf zu lesen. Von diesem Stein konnte keine Hilfe kommen. Die goldene Schrift war vom Alter schwärzlich angelaufen, das Sterbedatum der Mutter war zugleich sein Geburtstag; er hatte die Mutter nie gekannt. Und nun würde bald auch der Name des Vaters auf diesem Stein zu lesen sein mit dem Todestag: 11. November 1909.

Asche zu Asche! Erde zu Erde! Staub zu Staub! dachte er. Nun bin ich ganz allein auf der Welt, dachte er, und wieder schüttelte ihn ein Schluchzen.

»Gib mir die Schippe, Karl«, flüsterte der Onkel Ernst Studier und nahm sie ihm schon aus der Hand.

Karl Siebrecht trat verwirrt zurück neben Pastor Wedekind. Der gab ihm fest die Hand, sah ihm ernst ins Auge. »Ein schwerer Verlust für dich, Karl«, sagte er. »Du wirst es nicht leicht haben.