Mit einem Wort, Sie sind ein solider Mensch, ich weiß, daß ich mich auf Ihnen verlassen kann. Jetzt muß ich zum Schützensouper. Setzt den neuen bordierten Hut auf. Morgen früh um 4 Uhr fahr' ich fort –
CHRISTOPH. Sollten wir also nicht mehr die Ehre hab'n, den Prinzipal zu sehn, so wünschen wir jetzt glückliche Reis' –
WEINBERL noch ganz perplex. Associé –!
ZANGLER. Ja! Ja! fassen Sie sich nur, mein lieber Weinberl! Sie sind vom Tage meiner Verheiratung an mein Associé. Adieu also, nochmals während meiner Abwesenheit strenge Ordnung und Pünktlichkeit.
CHRISTOPH indem er ihn an die Türe begleitet. Wir machen unser Kompliment Herr Prinzipal.
Dreizehnter Auftritt
Die Vorigen, ohne Zangler.
WEINBERL wonnetrunken und stolz sich mit einer Hand am Tische stützend. Associé! – Hast du's gehört, Gremium von Europa! ich bin Associé!
CHRISTOPH. Unser Herr heirat, Sie wer'n Kompagnon, nachher haben wir zwei Prinzipal, eine Prinzipalin, und ich allein bin der ganze Personalstand.
WEINBERL. Buchhalter, das war immer der Chimborasso meiner Wünsche, und jetzt blickt der Associé wie aus einem Wolkenthron mitleidig auf den Buchhalterstandpunkt herab.
CHRISTOPH. Ich mach' meine Gratulation.
WEINBERL. Und sonderbar! gerad' jetzt – jetzt –
CHRISTOPH. Jetzt sind Sie's ja noch nicht, erst wann der Prinzipal heirat.
WEINBERL. Gerade jetzt, wo das Berufsglück sein ganzes Füllhorn ausschütt über mich, werden in mir Wünsche roglich wie Kisten, die auf einem Schubkarren schlecht aufpackt sind.
CHRISTOPH. Aha! ich g'spann, was der Associé wünscht –
WEINBERL. Eine Associéin? O nein! Das irritiert mich nicht, so was kommt von selbst, und wenn es nicht kommt, so is es auch noch kein Unglück.
CHRISTOPH. Also das is es nicht? No nachher gib ich 's Raten auf; mein Kopf is von der Lehrzeit her zu sehr angegriffen, als daß ich mir'n jetzt gleich zerbrechen möcht.
WEINBERL. Glauben Sie mir junger Mann! Der Kommis hat auch Stunden, wo er sich auf ein Zuckerfaß lahnt, und in süße Träumereien versinkt; da fallt es ihm dann wie ein Fünfundzwanzig-Pfund- Gewicht aufs Herz, daß er von Jugend auf ans G'wölb gefesselt war, wie ein Blassel an die Hütten. Wenn man nur aus unkompletten Makulaturbüchern etwas vom Weltleben weiß, wenn man den Sonnenaufgang nur vom Bodenfenster, die Abendröte nur aus Erzählungen der Kundschaften kennt, da bleibt eine Leere im Innern, die alle Ölfässer des Südens, alle Heringfässer des Nordens nicht ausfüllen, eine Abgeschmacktheit, die alle Muskatblüt Indiens nicht würzen kann.
CHRISTOPH. Das wird jetzt ein anders G'sicht kriegen als Kompagnon.
WEINBERL. Weiß nicht. Der Diener ist Sklav des Herrn, der Herr Sklav des Geschäfts. Erhaben ist die zweite Sklaverei, aber so biglem mit Genuß begabt als wie die erste. – Wenn ich nur einen wiffen Punkt wüßt, in meinem Leben, wenn ich nur von ein paar Tag sagen könnt', da bin ich ein verfluchter Kerl gewesen – aber nein! ich war nie verfluchter Kerl. Wie schön wär' das, wenn ich einmal als alter Handelsherr mit die andern alten Handelsherren beim jungen Wein sitz', wenn so im traulichen Gespräch das Eis aufg'hackt wird vor dem Magazin der Erinnerung, wann die G'wölbtür der Vorzeit wieder aufg'sperrt, und die Budel der Phantasie voll ang'raumt wird mit Waren von ehmals, wenn ich dann beim lebhaften Ausverkauf alter Geschichten sagen könnt: Oh! ich war auch einmal ein verfluchter Kerl! ein Teuxelsmensch – ein Schwerack – ich muß – ich muß um jeden Preis dieses Verfluchtekerlbewußtsein mir erringen.
CHRISTOPH. Von mir aus hätten Sie dieses Bewußtsein schon lange; sooft Sie sich in meine Frisur verkrampelt haben, hab' ich mir denkt: das is ein verfluchter Kerl, den holt –
WEINBERL. Was Sie denken, geht mich nix an, ich muß es denken, muß es fühlen.
CHRISTOPH. So beuteln S' Ihnen selber den Schopf.
WEINBERL von einer Idee ergriffen.
1 comment