So ein großes Mädl könnt', glaub' ich, schon selbst auf sich schaun. Sie geht mir nicht herauf aus'n Garten, und da soll ich ihre Schmiseln biegeln; ja überall z'gleich kann ich nicht sein. Geht in die Seitentüre rechts ab.

 

 

Zehnter Auftritt

Weinberl allein, tritt während dem Ritornell des folgenden Liedes ein, er ist dunkelgrau gekleidet mit einer grüntuchenen Schürze.

 

Lied.

 

Es sind gewiß in unsrer Zeit

Die meisten Menschen Handelsleut,

Und wer das Ding so observiert,

Muß sag'n, der Handelsstand floriert,

's versetzt ein Vater sein Kaput,

Und führt drei Töchter auf d' Redout,

Damit er s' vorteilhaft bringt an,

No das is doch ein Handelsmann,

»Sie krieg'n mei Tochter, wenn S' vor all'n

Den Vatern seine Schuld'n zahl'n« –

»Das kann ich nicht« – »dann sag' ich nein« –

Das wird doch ferm gehandelt sein.

»Ich hab' dich g'wiß« – sagt eine Braut,

Indem sie so au'm Bräut'gam schaut,

»In zwanzig Jahr'n wie heut so gern« –

Da wird wohl auch was g'handelt wer'n.

 

's Weib sagt zum Mann: »Du gehst jetzt aus,

Und kommst vor neune nicht nach Haus.«

»Ja«, – sagt er – »wennst mir an Zwanz'ger gibst.«

So a Handel is ja allerliebst.

A alte Schachtel hat viel Geld,

's heirat s' ein junger Guck in d' Welt,

Verkauft sei Freiheit und sei Ruah,

Der Handel kummt gar häufig vur.

's sagt eine: »I bin zwanz'g Jahr« – »Oha,

Ich hab ja Ihren Taufschein da.«

»So« – sagt s' und g'steht ein Vierzger ein,

Das wird doch tüchtig g'handelt sein.

Es prahlet eine Schwärm'rin sich,

»Wenn ich nicht liebe, könnten mich

Zehn Millionen nicht betör'n«,

Da wurd wohl auch was g'handelt wer'n.

 

Nach dem Liede.

 

Vor dem Handelsstand kriegt man erst den wahren Respekt, wenn man zwischen Handelsstand und Menschheit überhaupt eine Bilanz zieht. Schaun wir auf'n Handelsstand, wie viel gibt's da Großhandlungen, und schaun wir auf die Menschheit, wie wenig große Handlungen kommen da vor; – schaun wir auf'n Handelsstand vorzüglich in der Stadt, diese Menge wunderschöne Handlungen, schaun wir auf d' Menschheit, wie schütter sind da die wahrhaft schönen Handlungen ang'säet; – schaun wir auf'n Handelsstand, diese vielen Galanteriehandlungen und schaun wir auf d' Menschheit, wie handeln s' da oft ohne alle Galanterie, wie wird namentlich der zarte, gefühlvolle, auf Galanterie Anspruch machende Teil, von dem gebildetseinsollenden, spornbegabten, zigarrozuzelnden, roßstreichelnden, jagdhundkaschulierenden Teil, so ganz ohne Galanterie behandelt! – Jetzt wenn man erst die Handlungen der Menschheit mit Gas beleuchten wollt' – ich frag' wie viele menschliche Handlungen halten denn eine Beleuchtung aus, als wie eine Handlung auf'n Stockameisenplatz? – Kurzum, man mag Vergleiche anstellen, wie man will, der Handelsstand is was Erhabenes, wir haben einen hohen Standpunkt, wir von der Handlung, und ich glaub' bloß wegen dieser schwindelnden Höhe fallen so viel' von der Handlung – der Christopherl tandelt wieder mit'n G'wölbzusperrn.

 

 

Eilfter Auftritt

Christopherl. Der Vorige.

 

CHRISTOPH zur Mitte hereinlaufend. Mussi Weinberl, der G'wölbschlüssel war voll Wachs, grad als wie wann ein Bandit einen Abdruck hätt' mach'n woll'n.

WEINBERL. Dummer Bursch, du hast halt den Schlüssel wieder wohin g'worfen, ohne zu schaun ob's sauber is. Von Rechts wegen unterliegest jetzt einer Straf.

CHRISTOPH. Oh, ein Lehrjung unterliegt nicht so g'schwind, durch G'wohnheit ertragt man viel.

WEINBERL in etwas feierlichem Tone. Die Verhältnisse haben indes eine andere Gestalt gewonnen; der deutsche Handelsstand wird bald um einen Lehrjung weniger haben.

CHRISTOPH. No, sein S' so gut, bringen S' mich um.

WEINBERL. Im Gegenteil, ich werde Sie bei einem freundschaftlichen Glas Wein leben lassen.

CHRISTOPH erstaunt. Wie g'schieht Ihnen denn Mussi Weinberl?

WEINBERL. Nennen Sie mich in Zukunft Herr Weinberl, denn ich habe Hoffnung zum Buchhalter zu avancieren, und Sie selbst werden von heut an per Mussi tituliert.

CHRISTOPH. Warum sagen Sie denn Sie zu mir?

WEINBERL. Ahnen Sie nichts, glücklicher Kommerzzögling? Mit dem heutigen Schopfbeuteler hab' ich auf ewige Zeiten Abschied genommen von Ihrem Kakadu.

CHRISTOPH. Darum war Ihre Hand so heftig bewegt, als wann sie sich gar nicht trennen könnt'.

WEINBERL. Sie sind unter meiner fünfthalbjährigen Leitung gewaltig ausgebildet worden, haben das Kommerz von seinen verschiedenen Seiten kennengelernt, und haben kritische Perioden mitgemacht. Wenn die Geschäfte stocken, 's G'wölb leer is, und der Handel- und Wandelbeflissene bloß dasteht, a paar Stanitzl macht, 's Maul aufreißt, und gedankenlos auf die Gass'n hinausschaut, da is es leicht, aber plötzlich tritt neues Leben ins Merkantilische, in fünf Minuten steh 's ganze G'wölb voll Leut, da will eins anderthalb Lot Kaffee, da eins um zwei Groschen Gabri, der ein frischen Aal, die ein g'faulten Lemonie, da kommt ein zartes Wesen um ein Bernzucker, da ein Kuchelbär um ein Rosenöl, da lispelt ein brustdefekter Jüngling: »ein Zuckerkandl«, da schreit ein kräftiger Alter: »a Flaschel Schlikowitz«, da will ein üppiges Wesen ein Halstüchel, da eine Zaundürre Fischbeiner zu ein ausg'schnitt'nen Leibel haben; da kommt ein gemeiner Dienstbot ein Haring austauschen, den ihr ihre noble Frau ins G'sicht g'worfen hat, weil's kein Milchner war; da geht a Alte auf'n Kas los, und schreit, ich möcht' ein Schweizer – in solchen Momenten muß der Kommis zeigen, was ein Kommis ist, d' Leut z'sammschrein lass'n, wie s' woll'n, und mit einer ruhigen ans Unerträgliche grenzenden Gelassenheit eins nach'n andern bedienen.

CHRISTOPH. Jetzt weiß ich aber noch allweil nit, was is's denn eigentlich mit mir?

WEINBERL. Ruhig, der Prinzipal wird es Ihnen notifizieren.

 

 

Zwölfter Auftritt

Zangler. Die Vorigen.

 

ZANGLER zur Seitentüre links kommend. Ah Sie sind schon da –

WEINBERL. Der Herr Prinzipal haben befohlen –

CHRISTOPH. Befohlen –

WEINBERL. Wir sind daher in corpore erschienen –

CHRISTOPH leise zu Weinberl. In was sind wir erschienen?

WEINBERL zu Christoph. Halten Sie 's Maul, in corpore.

ZANGLER. Ich muß Sie von einer Veränderung mein Haus betreffend in Kenntnis setzen. Sie haben bis jetzt nur einen Herrn gehabt, bald werden Sie auch eine Frau bekommen.

CHRISTOPH.