Ich bringe das Porträt, welches Sie mir befohlen haben,
gnädiger Herr. Und bringe noch eines, welches Sie mir nicht befohlen:
aber weil es gesehen zu werden verdient--Der Prinz. Jenes ist?--Kann
ich mich doch kaum erinnern--Conti. Die Gräfin Orsina.
Der Prinz. Wahr!--Der Auftrag ist nur ein wenig von lange her.
Conti. Unsere schönen Damen sind nicht alle Tage zum Malen. Die
Gräfin hat, seit drei Monaten, gerade einmal sich entschließen können
zu sitzen.
Der Prinz. Wo sind die Stücke?
Conti. In dem Vorzimmer, ich hole sie.
Dritter Auftritt
Der Prinz. Ihr Bild!--mag!--Ihr Bild, ist sie doch nicht selber.--Und
vielleicht find ich in dem Bilde wieder, was ich in der Person nicht
mehr erblicke.--Ich will es aber nicht wiederfinden.--Der
beschwerliche Maler! Ich glaube gar, sie hat ihn bestochen.--Wär' es
auch! Wenn ihr ein anderes Bild, das mit andern Farben, auf einen
andern Grund gemalet ist--in meinem Herzen wieder Platz machen will:
--Wahrlich, ich glaube, ich wär' es zufrieden. Als ich dort liebte,
war ich immer so leicht, so fröhlich, so ausgelassen.--Nun bin ich von
allem das Gegenteil.--Doch nein; nein, nein! Behäglicher oder nicht
behäglicher: ich bin so besser.
Vierter Auftritt
Der Prinz. Conti mit den Gemälden, wovon er das eine verwandt gegen
einen Stuhl lehnet.
Conti (indem er das andere zurechtstellet). Ich bitte, Prinz, daß Sie
die Schranken unserer Kunst erwägen wollen. Vieles von dem
Anzüglichsten der Schönheit liegt ganz außer den Grenzen derselben.
--Treten Sie so!--Der Prinz (nach einer kurzen Betrachtung).
Vortrefflich, Conti--ganz vortrefflich!--Das gilt Ihrer Kunst, Ihrem
Pinsel.--Aber geschmeichelt, Conti; ganz unendlich geschmeichelt!
Conti. Das Original schien dieser Meinung nicht zu sein. Auch ist es
in der Tat nicht mehr geschmeichelt, als die Kunst schmeicheln muß.
Die Kunst muß malen, wie sich die plastische Natur--wenn es eine
gibt--das Bild dachte: ohne den Abfall, welchen der widerstrebende
Stoff unvermeidlich macht; ohne den Verderb, mit welchem die Zeit
dagegen ankämpfet.
Der Prinz. Der denkende Künstler ist noch eins soviel wert.--Aber das
Original, sagen Sie, fand demungeachtet--Conti. Verzeihen Sie, Prinz.
Das Original ist eine Person, die meine Ehrerbietung fodert. Ich habe
nichts Nachteiliges von ihr äußern wollen.
Der Prinz. Soviel als Ihnen beliebt!--Und was sagte das Original?
Conti. Ich bin zufrieden, sagte die Gräfin, wenn ich nicht häßlicher
aussehe.
Der Prinz. Nicht häßlicher?--O das wahre Original!
Conti. Und mit einer Miene sagte sie das--von der freilich dieses ihr
Bild keine Spur, keinen Verdacht zeiget.
Der Prinz. Das meint' ich ja; das ist es eben, worin ich die
unendliche Schmeichelei finde.--Oh! ich kenne sie, jene stolze,
höhnische Miene, die auch das Gesicht einer Grazie entstellen würde!
--Ich leugne nicht, daß ein schöner Mund, der sich ein wenig spöttisch
verziehet, nicht selten um so viel schöner ist. Aber, wohl gemerkt,
ein wenig: die Verziehung muß nicht bis zur Grimasse gehen, wie bei
dieser Gräfin. Und Augen müssen über den wollüstigen Spötter die
Aufsicht führen--Augen, wie sie die gute Gräfin nun gerade gar nicht
hat. Auch nicht einmal hier im Bilde hat.
Conti. Gnädiger Herr, ich bin äußerst betroffen--Der Prinz. Und
worüber? Alles, was die Kunst aus den großen, hervorragenden, stieren,
starren Medusenaugen der Gräfin Gutes machen kann, das haben Sie,
Conti, redlich daraus gemacht.--Redlich, sag ich?--Nicht so redlich,
wäre redlicher. Denn sagen Sie selbst, Conti, läßt sich aus diesem
Bilde wohl der Charakter der Person schließen? Und das sollte doch.
Stolz haben Sie in Würde, Hohn in Lächeln, Ansatz zu trübsinniger
Schwärmerei in sanfte Schwermut verwandelt.
Conti (etwas ärgerlich).
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