Eulenspiegel
Nestroy, Johann
Eulenspiegel
Johann Nestroy
Eulenspiegel
oder
Schabernack über Schabernack
Posse mit Gesang in vier Akten
Personenverzeichnis
Hermann von Nelkenstein, Gutsherr.
Heinrich, sein Jäger.
Specht, Amtsvogt im Marktflecken Nelkenstein.
Dorothea, seine Tochter.
Mehlwurm, ein reicher Müllermeister.
Lenchen, seine Mündel.
Cordula, seine Schwester, Witwe.
Natzi, ihr Sohn.
Eulenspiegel, ein Vagabund.
Peppi, Magd im Hause des Müllers.
Johann,
Friedrich, , Bediente im Schlosse.
Steffel,
Sebastian, , Hausknechte im Schlosse.
Hans,
Jakob, , Müllknechte.
Dienerschaft auf dem Schlosse, Mühlknechte, Pursche und Mädchen aus Nelkenstein.
Erster Aufzug
Die Bühne stellt einen Platz im Markte Nelkenstein vor. Rechts im Vordergrunde das Haus des Müllers, links das des Amtsvogts.
Erster Auftritt
Mädchen und Pursche, festlich geschmückt, füllen die Bühne; es werden Blumenkränze und Körbe unter sie verteilt, währenddem wird folgender Chor gesungen.
CHOR.
Das wird ein Tag der Freude sein,
Heut' ziehet unser Gutsherr ein.
Schwingt in der Luft den Blumenkranz,
Beim Feste winkt uns Spiel und Tanz,
Da wird gescherzt, da wird gelacht,
Der Jubel währt bis in die Nacht;
Heut' ziehet unser Gutsherr ein,
Das wird ein Tag der Freude sein!
Nach dem Chor alle links in den Hintergrund ab.
Zweiter Auftritt
Heinrich, Johann kommen in reicher Livree rechts aus dem Hintergrunde hervor und sehen sich vorsichtig nach allen Seiten um.
HEINRICH. Jetzt, hoffe ich, wird der günstige Augenblick sein.
JOHANN. Alles eilt schon zum Schloß hinauf, der Müller ist früher schon fortgegangen, du kannst also ungestört eine Viertelstunde bei deiner Geliebten zubringen.
HEINRICH. Wenn nur auf dem Schloß alles in Ordnung ist! Der gnädige Herr kann jeden Augenblick hier sein.
JOHANN. Sei unbesorgt! Du bist vor acht Tagen angekommen, um den Empfang unserer Herrschaft vorzubereiten; in der ersten Stunde deines Hierseins hast du dich verliebt, folglich in acht Tagen nichts getan als geseufzt und geschmachtet. Der gnädige Herr müßte also alle Anstalten jetzt selbst treffen, wenn ich nicht alles für dich getan hätte. Ich rechne bei Gelegenheit auf deine Gegendienste, denn dein Beispiel zeigt mir leider, daß der gescheiteste, fidelste, jovialste Mensch sich auch verlieben kann. Traurige Entdeckung!
HEINRICH. Der verdammte Mehlwurm will seine Mündel selbst heiraten. O Lenchen! Geliebtes Lenchen!
JOHANN. Solche wahnsinnige Heiratsideen haben die Vormünder sehr häufig, sind aber in allen Jahrhunderten zu Tausenden geprellt worden. Bei dem wird man auch keine Ausnahme machen.
HEINRICH. Wenn unterdessen auf dem Schloß –
JOHANN. Sei unbesorgt, ich avisiere dich von allem. Und jetzt geh hin, Glücklicher, laß dich immer fester und fester von den Rosenketten der Liebe umschlingen, ich beneide dich nicht. Wohl mir, unter meiner bordierten Weste schlägt noch ein freies Herz. Geht links in den Hintergrund ab.
Dritter Auftritt
Heinrich.
HEINRICH. Auf meinem guten gnädigen Herrn beruht meine einzige Hoffnung. Er ist mir gewogen, er wird gewiß meine Liebe begünstigen, unterstützen und des Müllers Eigensinn zu Paaren treiben. Geht an die Haustüre des Müllers und horcht.
Vierter Auftritt
Mehlwurm kommt eilig aus dem Hintergrunde rechts.
Der Vorige.
MEHLWURM. Das ist zum Totärgern! Vergiß ich, den Geldkasten zuzusperren, und muß den weiten Weg zurücklaufen – Will in sein Haus und erblickt den Jäger; prallt ergrimmt zurück und spricht leise. Du verdammtes Gepack! Schleicht der wieder zu meiner Mündel –!? Wart, Pursche!
HEINRICH ohne Mehlwurm zu bemerken. Alles ist so still im Hause, der Brummbär ist gewiß fort.
MEHLWURM grimmig, aber leise. Brummbär –?!
HEINRICH wie oben, blickt aufs Fenster. Der Blumenstock ist auch nicht am Fenster; das sichere Zeichen, daß der fatale Mehlwurm ausgekrochen ist.
MEHLWURM wie oben. Also das ist das Zeichen? O Bagage!
HEINRICH. Frisch gewagt ist halb gewonnen! Lenchen, ich eile in deine Arme! Geht ins Haus.
Fünfter Auftritt
Mehlwurm allein, dem abgehenden Heinrich nachrufend.
MEHLWURM. Brich dir fünfmal 's G'nack auf jedem Staffel, du Madlverführer! Ich werd' dich lernen, einem ehrenfesten Mann seine Braut abspenstig machen! – Was tu' ich jetzt –? Ich lauf' in die Mühl', hol' alle meine Knecht' zusamm' –! Doch nein – das macht Aufsehen, ich dreh' ihm eigenhändig den Hals einigemal um und um, kratz' ihm die Augen aus, brich ihm Arm und Bein, zervierteil' ihn, und wenn das g'schehn is, so wird er erst hernach massakriert. Will ins Haus ab.
Sechster Auftritt
Specht; Der Vorige.
SPECHT tritt aus der Kulisse neben des Müllers Haus auf und hält ihn zurück.
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