Gevatter, auf ein Wort!

MEHLWURM. Kann nicht, hab' keine Zeit.

SPECHT hält Mehlwurm fest. Mußt Zeit haben, wenn die Obrigkeit mit dir spricht.

MEHLWURM. Ganz recht, aber –

SPECHT. Die Obrigkeit leidet kein Aber.

MEHLWURM in größter Ungeduld. Also ohne Aber! Was willst, G'vatter?

SPECHT ihn immer am Rockschoß festhaltend. Ich bin Vater einer Tochter.

MEHLWURM. Das ist möglich.

SPECHT. Deine Schwester Cordula ist Mutter eines Sohnes.

MEHLWURM. Das is gewiß.

SPECHT. Beide halten mit der Hand einen Blumenstrauß und mit dem Mund eine Anrede, wenn der Gutsherr ankommt.

MEHLWURM immer ungeduldiger. Schön – recht schön – aber –

SPECHT. Ich habe alles selbst gedichtet, und mir kommen immer zweierlei Freudentränen in die Augen, so oft ich meine Verse von meiner Tochter deklamieren höre, einmal aus poetischer und hernach wiederum aus naturgesetzlicher Vaterfreude.

MEHLWURM desperat beiseite. Der bringt mich um mit seinem Geschwätz!

SPECHT ihn immer festhaltend. Beim Einstudieren haben sich die beiden Kinder gesehen. Meine Tochter Dorothea –

MEHLWURM beiseite. Ist eine Gans!

SPECHT fortfahrend. Und dein Schwestersohn Natzi –

MEHLWURM beiseite. Ist ein Esel!

SPECHT fortfahrend. Sind zusammen ein herrliches Paar. Deine Schwester –

MEHLWURM beiseite. Ist eine alte Närrin!

SPECHT fortfahrend. Ist mir immer sehr geneigt gewesen, und ich bin –

MEHLWURM in höchster Unruhe. Du bist eine alte Plaudertaschen, die mich aufhalt't, währenddem in meinem Haus das verliebte Volk – mir brennt bei Kopf bei dem bloßen Gedanken! – Sich losreißend. Laß mich aus, ich zerspring' vor Wut und Eifersucht! Läuft grimmig in sein Haus.

 

Siebenter Auftritt

Specht allein.

 

SPECHT. Dem laßt wieder die Eifersucht keine Ruh'! Armer Gevatter! Ja, so geht's, wenn man sich in ein Mädel verliebt. Ich bin auch verliebt, aber nicht in das schöne Geschlecht, sondern in das Flaschengeschlecht Dabei lebt man ruhig und vergnügt. Ich umarm' eine um die andere, und 's gibt keinen Zank, keine Eifersucht; höchstens die letzte wird manchmal grob und wirft mich um die Erde. Aber was tut das? Die Kellner tragen einen um ein Billiges nach Haus, man schlaft süß und sanft, der Nebel verschwindet, und man tritt dann wieder im Sonnenglanz seiner Solidität hervor und nickt in stattlicher Ruhe dem Volke zu, welches einem einen guten Morgen wünscht. Geht in sein Haus links ab.

 

Achter Auftritt

Till Eulenspiegel allein.

Liedes, währenddem tritt Eulenspiegel auf.

 

EULENSPIEGEL.

 

Lied

 

1.

So recht fidel leb'n und umsunst,

Das, sag' ich, das ist d' größte Kunst.

Ein' tüchtigen Zins zahl'n zweimal alle Jahr'

Und drum ein Quartier hab'n, das kann jeder Narr;

Den Wirt zahl'n fürs Essen, den Schneider fürs G'wand,

Dazu braucht der Mensch noch kein Quintel Verstand –

Aber ganz ohne Geld leb'n wie i,

Dazu g'hört sich schon ein Genie.

 

2.

Verliebten hilf ich, wo ich kann,

Denn das Geschäft nährt seinen Mann.

Wenn's heißt: Na, da nehmt's euch und schließet den Bund,

Da kann man leicht heiraten zu jeder Stund';

Doch wenn es heißt: Nein, aus der Hochzeit wird nix,

Dem Madel drohn Schläg', dem Amanten gar Wichs' –

Aus solcher Verleg'nheit hilf i,

Dazu g'hört sich schon ein Genie.

 

Ich bin ein Künstler, das kann mir kein Mensch abstreiten, ich betreibe die große Kunst, auf Unkosten andrer Leut' zu leben.