Ruhig, Specht, was kann das Mädchen davor? Eine kleine Verwirrung –
SPECHT. Ich bin desparat –
NATZI. Ich kann ja das Gedicht von lauter Zuhören, ich werd's gleich fertig deklamieren.
SPECHT entzückt zu Natzi. O Retter in der Not! Indem Natzi vortritt. Und nur schön, mit Agierung, Mussi Natzi!
NATZI deklamiert monoton und äußerst schnell, mit den Bewegungen einer Marionettenfigur.
Von fernen Ländern kommt Ihr her,
Schon lange stand dies Schloß hier leer,
Wir sahen her, wir sahen hin,
Im Schlosse war kein Gutsherr drin.
Und Euere Abwesenheit
Erfüllte uns mit Herzeleid,
Wir dachten nun in einemfort:
Warum weilt er am fernen Ort?
Wär't Ihr noch lange ausgeblieb'n,
Der Gram hätt' uns bald aufgerieb'n,
Allein das Schicksal
Stockt.
wol – wollte –
Bricht plötzlich ab. Jetzt kann ich nicht weiter. Jetzt soll wieder die Dorothee –
NELKENSTEIN lächelnd. Es ist genug – ich bin überzeugt –
SPECHT. Aber der Natzi hätt' noch singen sollen.
NATZI tritt sogleich vor. Ja, jetzt kommt erst der G'sang.
NELKENSTEIN. Nein, diesen Genuß will ich mir durchaus auf ein andermal versparen.
NATZI. Wie es gefällig ist.
DOROTHEA zu Natzi. Wir haben keine Ehr' aufgehoben.
NATZI. Ah, ich hab' ihm sehr gefallen.
NELKENSTEIN. Mein lieber Specht, Ihr speist heute bei mir.
SPECHT entzückt. Diese Auszeichnung –
NELKENSTEIN zu den übrigen. Und euch gebe ich allen nächsten Sonntag ein Fest. Jetzt geht nach Hause.
SPECHT. Nur einmal Vivat schreien lassen s' Euer Gnaden noch! Winkt mit dem Hut.
ALLE. Vivat! Sie gruppieren sich mit den Blumengirlanden gegen das Tor des Schlosses, in welches Nelkenstein, von der Dienerschaft begleitet, eintritt; währenddem wiederholt sich das Ende des vorigen Chores.
CHOR.
Mit Euch zieht Glück in diese Hallen ein,
Aus vollem Herzen laßt uns Vivat schrein!
Der Vorhang fällt.
Zweiter Aufzug
Zimmer im Schlosse mit Mittel- und Seitentüren.
Erster Auftritt
Nelkenstein, dann Friedrich.
NELKENSTEIN allein. Der Empfang hat mich wirklich unterhalten, das muß ich gestehn. Na, dem alten Specht will ich zutrinken bei der Tafel – aber wo ist denn Heinrich? Heda! Friedrich zeigt sich im Hintergrunde. Ruf' Er meinen Jäger!
FRIEDRICH. Da kommt er soeben, Euer Gnaden. Friedrich entfernt sich. Heinrich tritt ein.
Zweiter Auftritt
Nelkenstein, Heinrich.
NELKENSTEIN. Wie kommt's denn, daß du der letzte bist, der mir in meinem Schlosse entgegenkommt?
HEINRICH. Ach, gnädiger Herr –
NELKENSTEIN. Fehlt dir etwas? Du bist auch nicht mehr der aufgeräumte, heitere Pursche, der du sonst warst – dir ist etwas begegnet?
HEINRICH seufzend. Ach ja!
NELKENSTEIN.
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