Du versprichst mir hoch und teuer, ich solle ein Mann werden. Statt dessen bin ich nun seit einem vollen Jahr nichts anderes als deine Geliebte.

VEIT KUNZ. Hältst du es wirklich für möglich, Franziska, daß irgendein Mann in dieser Welt mehr Freude von seinem Leben hat als du?

FRANZISKA. Jedenfalls gibt es Mädchen genug, die mehr Männer kennen lernen als ich.

VEIT KUNZ. Bitte, mein Kind, die Welt steht dir offen.[73]

FRANZISKA. Vorderhand verzichte ich noch darauf. Aber Sophie muß jetzt endlich von ihrem Jammer erlöst werden. Es ist die allerhöchste Zeit, daß sie zur Ruhe kommt. Ich spiele sonst einfach nicht mehr mit!

VEIT KUNZ. Aber Franziska! So rasch ist deine Spielwut befriedigt! – Oder bildest du dir vielleicht ein, du habest schon alles gelernt, was es aus diesem Spiel für dich zu lernen gibt?

FRANZISKA. Ich sehne mich nach lustigeren Spielen. Ich will und kann sie nicht länger quälen. Sie hat ihr Geschick so tapfer getragen, wie ich das früher bei einem Weibe nie für möglich gehalten hätte.

VEIT KUNZ. Dann laß dich meinetwegen scheiden. – Sie ist einfach stolz auf ihr Unglück. Sie wird einzig und allein von ihrer unerschöpflichen Seelengröße zum Narren gehalten. Irgendein dümmeres Weib läßt sich keine Viertelstunde lang so lächerlich hinters Licht führen.

FRANZISKA. Du beurteilst sie viel zu hoch. Die Augen wären ihr in den ersten drei Wochen schon aufgegangen, wenn ich durch Lydia Höpfl nicht ununterbrochen ihre Eifersucht schürte. Wenn ich ihr auch nichts[74] bin, lieber will sie nichts haben, als daß ein anderes Weib nichts bekommt.

VEIT KUNZ. Mit deinem Witz, mein liebes Kind, erniedrigst du nur dein eigenes Geschlecht.

FRANZISKA. Und sie erhöht unser Geschlecht durch ihre Dummheit!

VEIT KUNZ. Darin feiert die Liebe des Weibes doch gerade ihre herrlichsten Triumphe, daß sie durch jeden Fehler des Mannes nur immer wieder zu größerer Selbstverleugnung aufgestachelt wird.

FRANZISKA. Ich möchte dir nicht raten, dich mir gegenüber auf diese schöne Überzeugung zu verlassen.

VEIT KUNZ. Habe ich bei dir jemals auf Großherzigkeit gerechnet?!

FRANZISKA. Durch jeden Fehler! Das ist das völlig Unbegreifliche an ihrer Liebe. Das ist das Übernatürliche an ihr.

VEIT KUNZ. Aber wieso denn?! Es gibt gar nichts Natürlicheres. Von einem wirklichen Manne ließe sich dieses prachtvolle Geschöpf einfach keine Untreue bieten. Dazu ist[75] sie viel zu stolz.