Da die anderen Gesellschaften das auch bei uns sind, erzielen wir dabei zu guterletzt noch Prämiendividende.
SOPHIE. Dann haben Sie mich also belogen! Dann gibt es einfach keine Versicherung gegen Untreue!
VEIT KUNZ. Die einzige wirksame Versicherung gegen Untreue ließen sich gnädige Frau bereits entgehen. Sie hätten Ihrem Gatten einfach zuvorkommen müssen.
SOPHIE. Das kann ich nicht! Dazu liebe ich ihn zu leidenschaftlich! Ich habe ihn nicht umsonst gegen den Willen meiner ganzen Familie geheiratet. Er ist[70] mein eins und alles. Er ist mein Glück. Soll ich denn meinem eigenen Glück untreu werden?!
VEIT KUNZ. Wenn gnädige Frau so wenig Achtung vor sich selber haben, dann würde ich Ihnen empfehlen ...
FRANZISKA. Deine Ausdrücke, lieber Freund, sind im höchsten Grade unpassend!
VEIT KUNZ. Du hast zu schweigen, wenn dein Maestro spricht!
SOPHIE. Wenig Achtung vor mir selber! Was fällt Ihnen denn ein! Liebe und Treue sind seit Erschaffung der Welt die heiligsten weiblichen Tugenden. Ich achte mich nicht geringer, ich achte mich höher als jede andere Frau!
VEIT KUNZ. Wenn das Ihr Ernst ist, dann rate ich Ihnen, nicht Fräulein Lydia Höpfl, sondern sich selber in eine Lebensversicherung einzukaufen.
SOPHIE. Was kann mir das nützen? Zu wessen Gunsten soll ich mein Leben versichern?
VEIT KUNZ. Meinetwegen zugunsten des Mannes, den Sie so leidenschaftlich lieben![71]
SOPHIE. Sie machen sich über mich lustig.
VEIT KUNZ. Das kann mir nicht einfallen! – Dann versichern Sie Ihr Leben zugunsten eines Wöchnerinnenheims, eines Waisenhauses! Von dem Augenblicke an hat Ihr Leben einige Bedeutung für Sie. Das erfüllt Sie mit Stolz. Das schmeichelt Ihrer Eitelkeit. Sie freuen sich Ihres Edelmutes und ehe Sie sich's versehen, haben Sie hundertmal mehr Genuß von Ihrem Leben, als wenn Sie Ihr Glück in der Liebe suchen.
FRANZISKA. Nun Sophie? Hatte ich recht oder nicht? Eine bewundernswürdige Art von Weltbeherrschung!
SOPHIE. Franz! Wenn du deine Tänzerin gern hast, dann bewahr' sie vor dem Schrecklichsten! Wo mein Glück auf dem Spiele steht, kenne ich kein Erbarmen. Tritt sie mir noch einmal als deine Geliebte in den Weg, dann ist sie verloren! – Vielleicht sagt dir dein Freund und Lehrmeister, wie du dich mit meinem Entschluß am besten abfindest. Viel Vergnügen, meine Herren! – Ab.[72]
Vierte Szene
FRANZISKA. Jetzt ist es aber allerhöchste Zeit, daß ich dir etwas gestehe. Ich bin in anderen Umständen.
VEIT KUNZ. In anderen Umständen? Du Prachtkind! Das legt uns beiden ganz neue Unmöglichkeiten in den Weg, die wir siegreich zu überwinden haben. Nur kein Stillstand! Nur keine Stagnation! Was wird uns das wieder an Geisteselastizität einbringen!
FRANZISKA. Du machst es dir leicht.
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